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Das neue Buch Genesis

Das neue Buch Genesis

Titel: Das neue Buch Genesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
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und nicht auf seinen Verstand gehört.
    ANAXIMANDER: Das ist kein Widerspruch. Ich sage nur, dass Adam glaubt, er müsse seinem Verstand folgen. Ich glaube jedoch nicht, dass er dies auch kann Damit wären wir beim zweiten Aspekt. Wir sind Zeuge eines Kampfes, den jede Person austrägt. Adam kann so viele Argumente vorbringen, wie er will, er kann sich trotzdem nicht gegen seine Gefühle wehren.
    Nehmen wir einmal die herrenlosen Katzen die durch unsere Straßen streunen. Haben Sie jemals beobachtet, wie sich ein kleines Kind mit diesen abgemagerten Wesen anfreundet? Es sitzt geduldig auf der Straße und denkt sich die kompliziertesten Spiele aus, in der Hoffnung, das Vertrauen des Tieres zu gewinnen Und wenn die Katze schließlich ihre Angst überwindet und langsam näher kommt, was erscheint dann auf dem Gesicht des Kindes? Ein strahlendes Lächeln. Das Kind spricht mit der Katze und streckt die Hand nach ihr aus, als wäre sie seinesgleichen. Instinktiv sehen wir die anderen als Erweiterung unserer selbst. Wenn die Katze schnurrt, glauben wir, sie ist auf die gleiche Wei-se glücklich, wie wir es sind. Wenn die Katze bei einem plötzlichen Geräusch davonläuft, meinen wir, ihre Angst zu verstehen.
    Adam hat begonnen, mit Art zu sprechen. Das ist sein Fehler. Er kann nicht gleichzeitig mit Art sprechen und weiterhin glauben, Art sei nur eine Maschine.
    Mit jedem Satz wird die Illusion, Art sei lebendig, überzeugender. Wenn du zuhörst wie ich, wenn du mit mir sprichst, dann ist es nur eine Frage der Zeit, bis ich dich wie meinesgleichen behandle, ungeachtet aller Gründe, die mich vom Gegenteil überzeugen sollten. Mit der Zeit werden Handlungen zur Gewohnheit und Gewohnheit kann Vernunft aushöhlen und abtragen, bis keine Spuren mehr bleiben. Adam glaubt an seinen Verstand, ist stolz auf seine Urteilsfähigkeit, aber er folgt seinem Herzen.
    Doch wie gesagt, es gibt noch einen dritten Faktor, der meine Gefühle -
    PRÜFER: Sie meinen Adams Gefühle.
    ANAXIMANDER: Wie bitte?
    PRÜFER: Sie sagten »meine Gefühle«. Dabei meinten Sie Adams Gefühle.
    Anax begriff ihren Ausrutscher und senkte errötend den Kopf.
    ANAXIMANDER: Ich bitte um Entschuldigung. Was ich sagen wollte, ist ... Der dritte Faktor. Adam stellt etwas Merkwürdiges fest, das sowohl gegen seinen Verstand als auch gegen seine Gefühle verstößt. Er stellt fest, dass er Art mag. Die Persönlichkeit des Androiden gefällt ihm. Und das empfindet er als Zeichen der Schwäche.
    PRÜFER: Gut. Das ist alles, was wir zu Ihrem ersten Hologramm wissen wollten. Wir werden jetzt zum nächsten Teil übergehen. Wenn ich mich nicht irre, haben Sie sich für einen Zeitpunkt sechs Monate später entschieden. Berichten Sie uns kurz, was in der Zwischenzeit geschehen ist.
    ANAXIMANDER: Adam und Art haben mittlerweile begonnen, sich unbefangener miteinander zu unterhalten. Adam verhält sich Art gegenüber, möglicherweise aus den soeben erwähnten Gründen, wie gegenüber einem Freund oder zumindest einem Zellengenossen.
    Manche glauben, Adam habe schon damals begonnen, seinen Plan zu schmieden, und halten sein Verhalten für pure Berechnung. Wie dem auch gewesen sein mag, fest steht jedenfalls, dass es keine gewalttätigen Übergriffe mehr gab. Und dass es die Philosophen, die das Projekt betreuten, für sicher hielten, eine Reihe von Verhaltensexperimenten zu beginnen, die dazu beitragen sollten, Arts Entwicklung zu fördern und zu kontrollieren. Laut den Aufzeichnungen beurteilten die Versuchsleiter Adam ihnen gegenüber als freundlich und kooperativ.
    PRÜFER: Erklären Sie uns, warum Sie gerade diese Stelle als zweite Veranschaulichung Ihres Themas ausgesucht haben.
    ANAXIMANDER: Im Laufe der sechs Monate hat sich Adams und Arts Verhältnis ständig verbessert. Im Grunde hätte ich jeden beliebigen Zeitpunkt in dieser Spanne herausgreifen können, um diese Veränderung zu dokumentieren, und das hätte ich auch beinahe getan, schon allein um der Gefahr zu entgehen, dieselbe Auswahl zu treffen wie einer meiner Mitkandidaten. Doch bei diesem Gespräch taucht der alte Konflikt zum ersten Mal wieder auf. Viele Wissenschaftler kritisieren unsere Neigung, Geschichte nur anhand von Konflikten zu beschreiben, aber ich glaube, sie täuschen sich. In Konflikten manifestieren sich unsere Werte. Obwohl sich Adam so freundlich verhält, hat doch die ganze Zeit etwas an ihm genagt und hier dringt nun also sein Unbehagen an die Oberfläche, sodass wir es erkennen können. Und

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