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Das neue Buch Genesis

Das neue Buch Genesis

Titel: Das neue Buch Genesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Beckett
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bei meiner Wahl des Tages der Offenbarung habe ich mich für einen der wichtigsten Tage unserer Geschichte entschieden. Es ist die Pflicht eines Historikers, vor solchen Ereignissen nicht zurückzuschrecken, sondern sie im Gegenteil in einem neuen Licht darzustellen.
    Es war eine gewagte Behauptung, doch Anax fühlte sich ihrer selbst sicher. Jedes Kind kam gleich in der ersten Schulwoche mit der folgenden Szene in Berührung. Als Schulanfängerin hatte Anax große Teile der Unterhaltung auswendig gelernt. Sie waren genauso selbstverständlich Teil von ihr wie die Aussicht vom Fenster ihrer Unterkunft oder die Namen ihrer Freunde. Sie hatte alles getan, was in ihrer Macht stand, um diesen Teil der Präsentation möglichst genau wiederzugeben. Und doch wurde sie wie bei den anderen Passagen das Gefühl nicht los, dass etwas fehlte. Dass dies nicht die ganze Geschichte war.
    Der Hauptprüfer nickte ausdruckslos. Das zweite Hologramm begann.
    Die Veränderung war unverkennbar. Adam war glatt rasiert und trug keine Sträflingskleidung mehr. Er hatte keine Handschellen um und konnte sich frei im Raum bewegen. Im Zimmer standen nun auch ein Bett und ein bequemer Stuhl. Es gab einen Monitor und daneben einen Stapel mit Büchern. Adam sah gut aus: gesund und gelassener. Er saß auf dem Boden, den Rücken an die Wand gelehnt, und hatte die Arme nach oben ausgestreckt. Art hingegen hatte sich kein bisschen verändert. Er stand in der Mitte des Raumes und machte eine Fingerübung.
    Anax beobachtete die Szene.
    »Wenn du echt wärst, würde dich das längst langweilen«, sagte Adam. Nichts deutete auf den bevorstehenden Sturm hin.
    »Wenn diese Behauptung Sinn machte, würde ich darauf antworten«, erwiderte Art im gleichen entspannten Tonfall.
    »Ich meine, wenn du eine echte Person wärst, würde dich das längst langweilen.«
    »Das bezweifle ich nicht. Das ist einer von vielen Vorteilen, über die ich sehr froh bin.«
    »Einer von vielen Vorteilen?«
    »Ja, ich bin über sehr viele Vorteile froh«, sagte Art. »Ich bin zum Beispiel froh, dass ich keine Angst vor der Wahrheit habe.«
    Es klang wie eine beiläufige Bemerkung, doch sie landete mit voller Wucht. Die Anzeichen waren kaum wahrnehmbar, nur der leicht veränderte Klang eines Wortes oder ein flüchtiger Blick verrieten sie. Nach einer langen Zeit des Friedens griffen sie wieder zu ihren Waffen, polierten sie und schätzten die Entfernung zum Gegner ab.
    »Was für eine Wahrheit soll das sein?«, fragte Adam. Er wandte sich seinem Gefährten zu, ohne die Hände herunterzunehmen, und mimte den Gleichgültigen.
    »Die Wahrheit, dass es unter meiner Würde ist, ein Mensch zu sein.« Art wählte seine Worte sorgfältig aus, ohne Adam anzusehen.
    »Und ein mieses Stück Metall mit einer Affenmaske zu sein, ist unter meiner Würde. Dann sind wir j a quitt.«
    »Wenn du recht hättest, wären wir quitt«, erwiderte Art und verbarg seinen Spaß an der Konfrontation nicht länger.
    »Und warum habe ich nicht recht? Willst du das Metall abstreiten oder die Affenmaske?«
    »Warum streckst du dich so?«
    »Weil mir der Rücken wehtut.«
    »Wie alt bist du, Adam?«
    »Ich bin achtzehn.«
    »Und du zeigst schon die ersten Abnutzungserscheinungen?«
    »Ich habe keine Abnutzungserscheinungen.«
    »Hast du doch. Weißt du, wie alt der älteste Mensch jemals geworden ist?«
    »Du bist doch der Experte.«
    »Einhundertzweiunddreißig Jahre. Allerdings konnte sich die Dame in den letzten zwanzig Jahren kaum noch bewegen. Ihren letzten eigenen Gedanken hatte sie mit einhundertfünfzehn, mit einhundertzwanzig hat sie zum letzten Mal etwas geschmeckt und ein Jahr später starb ihr letzter Freund. Ihr erblüht jung, um dann allmählich zu verrotten. Und das ist unter meiner Würde.«
    Adam stand auf und blickte auf Art hinunter.
    »Willst du damit sagen, deine Zahnräder nutzen sich nicht ab?«
    »Ich habe keine Zahnräder. Du verwechselst mich mit einem Müllschlucker.«
    »Das kann einem leicht passieren.«
    Art verdrehte die Augen. »Der Unterschied zwischen mir und dir ist, dass man die Teile von mir, die sich abnutzen, austauschen kann. Du wirst dich noch erinnern, wie du mir damals den Kopf abgerissen hast. Am nächsten Tag war ich wieder hier und hatte nicht einmal Kopfschmerzen. Weißt du, womit sie im Moment experimentieren? Mit einem kompletten Bewusstseinsdownload. Sie überlegen, ob sie meine Daten auf eine andere Maschine kopieren, und wenn ich dann wieder hochfahre, gibt es

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