Das neue Buch Genesis
Darstellung sprach er voller Hass. Es war weniger eine Hymne an das Dasein als die wütende Verleugnung all dessen, was er nicht verstehen konnte.
»Du fragst mich, wen der Gedanke vorziehen würde!«, stieß Adam hervor. »Diese Frage kann nur eine Maschine stellen. Und nur ein Mensch kann sie beantworten. Denn ich bin der Gedanke, während du nur Lärm bist!«
Art ließ sich nicht einschüchtern. Er musterte Adam mit schief gelegtem Kopf und ruhigem, unergründlichem Blick. Neugierig? Amüsiert? Ängstlich? Nichts von alledem, wenn man Adam glaubte.
»Wenn ich mit dir spreche, senden meine Neuronen vielleicht unzählige Signale, mein Kehlkopf vibriert und es finden noch Tausende anderer elektrochemischer Prozesse statt. Aber wenn du denkst, dass dies alles ist, was ich bin, dann hast du nichts von dieser Welt begriffen. Dein Programm enthält dir die tiefere Wahrheit vor. Ich bin keine Maschine. Denn was weiß eine Maschine schon von dem Geruch von nassem Gras oder dem Klang eines weinenden Babys? Ich bin das Gefühl der warmen Sonnenstrahlen auf meiner Haut. Ich bin das Gefühl einer kühlen Welle, die sich über mir bricht. Ich bin die Orte, die ich niemals gesehen habe, aber mir vorstelle, wenn ich die Augen schließe. Ich bin der Geschmack des Atems einer Frau, die Farbe ihres Haares.
Spotte nur über meine kurze Lebensspanne, denn erst die Furcht vor dem Tod haucht mir Leben ein. Ich hin der Denker, der über das Denken nachdenkt. Ich hin die Neugierde. Ich bin die Vernunft. Ich bin die Liebe und ich bin der Hass. Ich bin die Gleichgültigkeit. Ich bin der Sohn eines Vaters, der wiederum der Sohn eines Vaters war. Ich bin der Grund, warum meine Mutter lachte und warum sie weinte. Ich bin das Wunder und ich wundere mich. Mag sein, dass die Welt deine Schalter drückt, wenn sie deine Schaltkreise durchläuft. Mich hingegen durchläuft die Welt nicht. Sie verweilt in mir. Ich bin in ihr und sie ist in mir. Durch mich hat sich das Universum selbst kennengelernt. Ich bin das Ding, das keine Maschine jemals machen kann. Ich bin die Bedeutung.«
Adam verstummte. Er zitterte. Es war schwer zu sagen, ob ihm die Luft oder die Worte ausgegangen waren.
Anax hatte Adams Rede schon bei zahlreichen Gelegenheiten gelesen, doch nun hatte sie das Gefühl, als hörte sie sie zum ersten Mal. Plötzlich begriff sie ihren Sinn. Vielleicht noch nicht den endgültigen, aber etwas, das an den Rändern ihres Verstandes zerrte und ihre Aufmerksamkeit verlangte. Das Hologramm erstarrte. Sie sah ihre Prüfer an.
PRÜFER: Sie haben Adam großen Zorn verliehen.
ANAXIMANDER: Ja, das habe ich.
PRÜFER: Es ist ungewöhnlich, ihn auf diese Weise dargestellt zu sehen. Normalerweise sprechen wir an diesem Punkt noch einmal über Adams Kampf zwischen Herz und Verstand, aber ich denke, mit diesem Porträt möchten Sie uns etwas anderes zeigen.
ANAXIMANDER: So ist es.
PRÜFER: Und das wäre?
ANAXIMANDER: Ich versuche zu zeigen, dass man nicht unbedingt glauben muss, dass diese Worte Adams tiefste Überzeugungen widerspiegeln. Aus Wut oder Aufregung sagen wir viele Dinge, die wir nicht wirklich glauben. Ich glaube, es war ein Fehler, diese Rede als Adams Gesinnung zu deuten.
PRÜFER: Wenn dies so ein großer Fehler ist, warum haben ihn dann so viele begangen?
ANAXIMANDER: Über die Gedanken von anderen kann ich nichts sagen. Ich kann allerdings behaupten, dass es in unserem Sinne ist, in Adam den edelmütigen Narren zu sehen. Das ist immer das Problem bei der Verehrung von Helden. Damit sie makellos bleiben, machen wir sie zu Dummen. Die Welt beruht auf Kompromissen und Ungewissheit. Ein solcher Ort ist zu komplex für Helden.
Im Intellekt lauert der Tod des Edelmuts. Und was immer er sonst gewesen sein mag, Adam war kein Narr. Was er hier sagte, mag sich in dem Moment, als er es sagte, zwar wie die Wahrheit angefühlt haben, doch die Forscher täuschen sich, wenn sie dies als Endpunkt ansehen und uns weismachen wollen, Adam wäre in dieser Überzeugung gestorben. Auf dieser Annahme beruht ihre Interpretation des Finalen Dilemmas. Ich bin jedoch auf Aufzeichnungen gestoßen, die zeigen, dass die Unterhaltung nicht an diesem Punkt endete. Art und Adam einigten sich tatsächlich auf einen Waffenstillstand, so wie es uns immer erzählt wird, aber nicht sofort. Wenn Sie mich fragen, fällen wir ein vorschnelles Urteil über Adam, obwohl die Geschichte noch längst nicht zu Ende ist.
PRÜFER: Verstehe ich Sie richtig, dass Sie das Finale
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