Das neue Buch Genesis
Dilemm a infrage stellen?
Um diesen Moment kam sie nicht herum. Anax und Perikles hatten ausführlich darüber gesprochen. »Aber das kann ich doch nicht ernsthaft infrage stellen«, hatte Anax gesagt. »Wenn du es nicht glaubst, musst du es infrage stellen«, antwortete Perikles. »Aber wie können sich so viele getäuscht haben?«, fragte sie. »Werden sie mich nicht für arrogant oder naiv halten? Werde ich mir damit nicht meine Chancen verderben?« Perikles hatte sie daraufhin lange angesehen mit diesen Augen, die ihr so tief erschienen, dass die ganze Welt darin Platz fand. »Der Akademie«, hatte er ihr gesagt, »geht es nicht um Kenntnis, sondern um Erkenntnis. Schon möglich, dass deine Ansichten sie nicht überzeugen, aber sie sind alles, was du hast. Sie sind deine einzige Chance.«
An diese Worte dachte Anax, als sie ihre Antwort formulierte. Ihre Ketzerei.
ANAXIMANDER: Das Finale Dilemm a hat wirklich so stattgefunden, wie es berichtet wird, aber ich glaube, dass es oft missdeutet wurde.
Die Prüfer tauschten Blicke, sagten aber nichts. Anax wartete vergeblich auf ein Zeichen.
PRÜFER: Fahren Sie mit dem Hologramm fort.
Art klatschte langsam in seine Metallhände. Seine Orang-Utan-Augen richteten sich auf Adam. »Ist das alles?«, fragte Art. »Mehr bekommst du nicht.«
»Wenn die Schlagkraft eines Arguments der Stärke des Zorns entspräche, mit der es vorgetragen wurde, müsste ich mich geschlagen geben. Glücklicherweise ist meistens das Gegenteil der Fall.«
»Du wurdest dazu programmiert, mich zu untergraben«, erklärte Adam achselzuckend. Seine Wut war offensichtlich verraucht. »Ich habe beschlossen, dich zu ignorieren. Damit wären wir bei einem Patt.«
»Interessante Sichtweise«, erwiderte Art. »Genauso gut könnte ich sagen, dass du programmiert wurdest, mich zu ignorieren, und ich aus reinem Vergnügen beschlossen habe, dein Programm zu untergraben.«
»Haben sie dir diese Antwort in der Fabrik beigebracht, in der sie dich zusammengeschraubt haben?«
»Ich habe gesehen, wie Menschen gemacht werden. Erzähl mir bloß nicht, dass du diesen Vorgang für würdevoller hältst.«
»Es geht hier nicht um Würde.«
»Ich finde schon«, entgegnete Art. »Ich denke, dass du mit deinem Herzen gesprochen hast. Dein Verstand weiß längst, dass du unrecht hast.«
»Du solltest dieses Wort nicht benutzen«, sagte Adam.
»Welches Wort?«
»Denken. Du denkst nicht. Du rechnest.«
»Dann erklär mir doch bitte, was Denken ist.«
»Allmählich wird es wirklich langweilig.«
»Heißt das, du kneifst?«
Adam blickte auf den Androiden hinunter. Er konnte der Herausforderung nicht widerstehen, auch wenn er es vielleicht wollte. »Denken ist mehr als Handeln. Es ist zu wissen, was man tut. Mein Gehirn sorgt dafür, dass mein Herz schlägt. Das geschieht automatisch. Ich bin mir dessen nicht bewusst. Es ist eine Funktion meines Gehirns, aber mit Denken hat das nichts zu tun. Wenn du etwas auf mich wirfst, würde ich es automatisch abwehren. Ohne nachzudenken.« Adam hielt sich blitzschnell den Arm vors Gesicht, als würde er sich vor einem Schlag schützen.
»Aber wenn ich dir jetzt diese Bewegung zeige, dann denke ich darüber nach. Ich handle willentlich, mit einer bestimmten Absicht. Für einen Außenstehenden sieht beides gleich aus. Der Unterschied liegt in der Absicht, nicht in der Wirkung. Wir nennen diesen Unterschied Denken. Du handelst auf der Grundlage von Daten. Ich handle auf der Grundlage von Bedeutung.
Ich spreche diese Worte, weil sie etwas ausdrücken, was ich sagen möchte. Gleichzeitig kann ich auch im Schlaf sprechen oder mich sogar im Schlaf mit jemandem unterhalten. Aber das ist eine andere Art des Sprechens. Wieder liegt der entscheidende Unterschied im Gedanken, in der Absicht, mit der ich meine Worte wähle. Deshalb bist du nicht wie ich. Dein Mund, der sich bewegt, ist wie mein schlagendes Herz. Eine Maschine, die für einen bestimmten Zweck gebaut wurde, ohne eine vorhandene Intention.«
Art hielt Adams Blick stand. Langsam breitete sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus.
»Das Problem an diesem Argument ist«, sagte er, »dass es von deinem Standpunkt aus so erscheinen muss. Ich widerspreche nicht deiner Definition, nur deiner Behauptung, dass ich nicht nach diesen Kriterien denken kann.
Deine Gefühle sind völlig normal. Du hast viele Maschinen gesehen. Du hast gesehen, wie sie gebaut wurden, und du weißt, dass sie nur aus beweglichen Teilen und
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