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Das neue Evangelium

Das neue Evangelium

Titel: Das neue Evangelium Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mattias Gerwald
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Ich möchte noch ein wenig mit Euch plaudern!«
    »Aber die Gefangenen, Exzellenz!«
    »Die können warten! Erzählt mir doch von Paris! Seid Ihr dort geboren?«
    Der Hauptmann schluckte erneut. Er nahm notgedrungen den Platz ein, den der Statthalter ihm zuwies. Er versuchte, ruhig zu bleiben und den Statthalter mit festem Blick anzuschauen. Aber er spürte, wie die Zeit drängte und die Gefahr zunahm.
    »Nein, Exzellenz«, sagte er. »Ich stamme nicht aus Paris. Ich komme aus Troyes. Aber schon als Kind zogen meine Eltern, reiche Tuchhändler, in die Hauptstadt. Ich wuchs dort auf.«
    »In welchem Stadtviertel?«
    »Am linken Seineufer, wir blickten direkt auf den Fluss.«
    »Wir besitzen ein großes Gut außerhalb von Paris. Dort, wo die Seine nach Nordwesten umschwenkt. Meine Familie lebt dort. Und in der Stadt haben wir auch noch einen Hof. Abends, wenn die Sonne untergeht, liegt sie auf dem goldenen Hahn, der unser Haupthaus schmückt.«
    »Es muss sehr schön sein, ich kann es vor mir sehen.«
    »Ich sehne mich nach dieser Stadt zurück! Ihr könnt Euch nicht vorstellen, wie sehr!«
    »Oh doch, das kann ich, Exzellenz! Denn mir geht es genauso! Ich zähle die Stunden, bis ich wieder in der Heimat bin!«
    Der Statthalter sprang auf. »Dann säumt nicht! Ich lasse die Gefangenen holen! Kehrt zurück nach Frankreich, je eher, desto besser! Macht bei Hofe Meldung! Und dann holt mich hier heraus, Hauptmann!«
    »Gewiss, Exzellenz. Aber lasst mich selbst zu den Gefangenen in den Kerker gehen. Ich will mich persönlich vergewissern, dass es die richtigen sind. Gebt mir zwei Wächter mit, die auf die Verbrecher aufpassen.«
    »Wie Ihr wünscht. Ich hoffe, die Gefangenen leben noch. Es wäre mir peinlich, wenn sie…«
    »Wenn ihnen ein Leid zugefügt worden ist, dann gnade uns allen Gott!«, entfuhr es dem Hauptmann.
    Der Statthalter hatte es eilig, er ließ einen Wärter kommen. Er instruierte ihn. Es kam noch ein zweiter, beide waren schwer bewaffnet. Da der Hauptmann auch ein Schwert an der Seite trug, waren sie ausreichend gerüstet, um die Gefangenen sicher nach oben zu führen, sie hatten keine Möglichkeit, Widerstand zu leisten.
    »Wartet hier oben auf uns«, bat der Hauptmann den Statthalter. »Wenn wir im Wachhaus angelangt sind, ketten wir die Gefangenen aneinander. Draußen warten meine Pferde.«
    »Ich warte auf Euch!«, erwiderte Pierre de Libertin.
    »Beeilt Euch! Ich kann es kaum erwarten, dass Ihr nach Frankreich abreist! Oh, du seliges Paris! Oh, ihr Viertel links an der Seine! Oh, ihr süßen Mädchen zu beiden Ufern!«
     
     
    Grimaud hatte mit seiner Garde einen Weihrauchhändler schützen müssen, der in der Nacht von einem Konkurrenten bedroht worden war. Der Weihrauchhandel war im Moment Zyperns größte Einnahmequelle. Grimaud stellte sicher, dass die Kisten mit dem kostbaren Harz unbehelligt zum Hafen transportiert und dort verladen werden konnten, um den Weg nach Frankreich und Italien anzutreten.
    Grimaud ließ sich bei dieser Gelegenheit die kostbaren Levkara-Spitzen, Goldbrokat und die Kamelhaar-Seide zeigen, für die Famagusta berühmt war. Er kaufte einige Ballen und ließ sie von zwei seiner Gardisten auf Packpferde verladen. Grimaud wollte sie seiner Mätresse schenken, die in Montmartre auf ihn wartete. Er wollte sie eigenhändig in die schönen Stoffe kleiden, die ihrem nackten Leib schmeichelten. Und dann würde er…
    Grimaud wurde abgelenkt. Es brodelte unter seinen Füßen. Urplötzlich stieg eine feine Rauchsäule durch den Sand vor ihm auf. Die Erde beginnt, verrückt zu spielen, dachte Grimaud. Es wird Zeit, dass wir aus Famagusta verschwinden.
    Er trieb seine Männer an. In der Innenstadt kamen sie nicht weiter. Eine Prozession hielt sie auf. Bald waren sie völlig eingekeilt. Grimaud fluchte. Diese Stadt setzte ihm zu. In solchem Prunk fühlte er sich nicht wohl, es erinnerte ihn daran, dass er aus einer Kaufmannsfamilie kam. Er liebte schöne Dinge und vor allem schöne Frauen, aber er hasste die Arroganz der Adligen, die auf alle herabsahen, die nicht adlig waren.
    Während sie notgedrungen warten mussten, bis der Umzug vorüber war, erinnerte sich Grimaud an das, was der Statthalter ihm am Morgen in der Burg erzählt hatte. Ein Angeber! Er protzte mit Famagusta, als gehöre die Stadt ihm! Und doch war diese Stadt nur auf Sand gebaut! Die Erde bebte ständig. Und der Statthalter jammerte ihm die Ohren voll, dass er nach Paris zurückwollte.
    Die Fürsten, Noblen und

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