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Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition)

Titel: Das neue Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz , Kai Schreiber
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tatsächlich langsamer ab, wenn man sie auf hohe Berge bringt und damit weiter vom Erdmittelpunkt entfernt. Sie laufen außerdem langsamer ab, wenn man sie in einem Flugzeug herumfliegt, eine echte Zumutung. Der Effekt ist auf der Erde nicht größer als ein paar Nanosekunden, wird aber dramatisch, wenn man zum Beispiel mit Lichtgeschwindigkeit unterwegs ist oder sich in der Nähe eines Schwarzen →Lochs befindet. Einsteins Zeit ist wie ein Gummiband. Das bedeutet auch, dass der Moment «jetzt» für zwei Personen nicht derselbe ist. Es gibt keine Gleichzeitigkeit im Universum.
    Jedenfalls nicht in der Relativitätstheorie. In der Quantenmechanik dagegen gibt es immer noch die absolute Zeit, also Newtons unbestechliche Standuhr, die überall im Universum mit derselben Geschwindigkeit tickt. Weil die Quantenzeit und Einsteins Zeit so unterschiedlich sind, wollen einige Physiker die Zeit lieber ganz abschaffen, um beide Theorien vereinigen zu können – im Ergebnis also ganz im Sinne des oben erwähnten McTaggart. Der englische Physiker Julian Barbour zum Beispiel hat es sich zum Ziel gesetzt, die Zeit aus der Physik zu verbannen. Er argumentiert, die Realität bestehe in Wahrheit aus einer Ansammlung von Schnappschüssen, die durch Naturgesetze zusammengehalten werden. Unsere Sinnesorgane teilten uns mit, dass sich die Welt verändert, und dies erzeuge die Illusion von Zeit. «Zeit entsteht aus Veränderung», so Barbour.
    Andere Physiker trennen sich weniger gern von der Zeit. George Ellis, Kosmologe und Mathematiker aus Südafrika, benutzt ein wesentliches Charakteristikum der Quantenmechanik, um nicht nur die Zeit zu retten, sondern auch die Zukunft offenzuhalten, entsprechend unserer subjektiven Erfahrung. Die quantenmechanische Sicht auf die Welt besteht aus zwei sehr unterschiedlichen Prozessen: Die Entwicklung von Quantenteilchen wird mit Hilfe einer Wellenfunktion beschrieben, deren Verhalten exakt bestimmten Gleichungen gehorcht. Allerdings gilt dies nur, wenn man nicht in die Geschicke des Teilchens eingreift. Möchte man irgendetwas mit dem Teilchen anstellen, zum Beispiel seinen Ort messen, dann «kollabiert» die Wellenfunktion. Das Ergebnis ist nicht vorhersagbar, verschiedene Resultate sind möglich, und wir wissen vorher nur, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie auftreten werden.
    Dies bedeutet, so Ellis, dass wir erst dann wissen können, was geschehen wird, nachdem es geschehen ist. Außerdem lässt sich nicht vorhersagen, wann ein bestimmtes Ereignis eintreten wird. Für Ellis ist das Vergehen der Zeit fest in der Quantenphysik verankert, im Einklang mit unserer alltäglichen Zeitwahrnehmung, nicht aber mit dem statischen Blockuniversum, das die Physik ansonsten propagiert. Ellis stellt sich die Raumzeit deshalb als einen «sich entwickelnden Block» vor, der immer weiter wächst, je mehr Zeit abläuft. Im statischen Blockuniversum existieren alle Momente, egal ob Vergangenheit oder Zukunft. Ellis dagegen beschreibt eine Welt, in der die ungewisse Zukunft in einer Art Quantenwurstmaschine kontinuierlich in statische Vergangenheit verwandelt wird.
    Im Unterschied zu der wachsenden Zeitachse von George Ellis ist die Zukunft in der Standardzeit der Physik starr und unveränderlich. Unser Eindruck, die Zukunft verändern zu können, passt allerdings schlecht zu diesem Modell. Wie sich dieser freie Wille des Menschen mit der feststehenden physikalischen Zeit verträgt, ist schwer zu erklären. Das Problem könnte man zum Beispiel umgehen, wenn man sich dafür entscheidet, dass die Welt in Wahrheit ein Multiversum ist, in dem alle möglichen Versionen der Zukunft (und der Vergangenheit) parallel existieren. Mit Hilfe seines freien Willens entscheidet sich der Mensch, in welchem der vielen Universen er leben will.
    So eine Art Multiversum wird zum Beispiel in der Viele-Welten-Interpretation der Quantenmechanik realisiert, vorgeschlagen in den 1950er Jahren vom amerikanischen Physiker Hugh Everett. Wenn in einem quantenmechanischen Experiment ein Elementarteilchen, sagen wir ein Elektron, entweder links oder rechts aus dem Loch geflogen kommt, jeweils mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent, dann kollabiert die Wellenfunktion laut Everett nicht und entscheidet sich für eine Variante, sondern es gibt zwei Welten, in einer kommt das Elektron rechts raus, in der anderen links. Zu Everetts Zeiten stieß das Multiversum auf wenig Gegenliebe; in den letzten Jahren wird es bei den Experten populärer.
    Ein

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