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Das neue Philosophenportal

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Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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möglicherweise ein
     Anlass, an Wunder zu glauben. Dies ist jedoch nach Hume bisher nie der Fall gewesen. Alle Erzählungen über Wunder haben sich
     bei näherem Hinsehen als problematisch erwiesen. »Alles in allem zeigt sich«, so Hume, »dass niemals ein Zeugnis für irgendeine
     Art von Wunder sich bis zur Wahrscheinlichkeit erhoben hat, geschweige denn zu einem Beweis.« Wer an Wunder glaubt, hat den
     Boden der Vernunft verlassen und sollte sich deshalb auch nicht auf sie berufen.
    Auch die These von Gott als dem weisen Baumeister der Welt steht auf unsicherem Boden. Denn wir ziehen hier eine fragwürdige
     Analogie zwischen den gestaltenden Tätigkeiten des Menschen und Gott. Der Mensch setzt sich an die Stelle Gottes und macht
     ihn zu einem rational planenden Wesen. Vor allem aber: In der Welt ist keineswegsalles zweckmäßig eingerichtet. Wir erfahren so viel Böses und beobachten so viele Fehlentwicklungen, dass wir all dies nicht
     auf einen göttlichen Urheber zurückführen können, der alles zum Besten eingerichtet hat. Hume spricht hier das sogenannte
     »Theodizee«-Problem an, nämlich die Unvereinbarkeit des Bösen und des Übels in der Welt mit der Idee eines allgütigen und
     zugleich allmächtigen Gottes.
    Humes gemäßigter Skeptizismus entlässt den Leser nicht in Verzweiflung über die Unerkennbarkeit der Welt, sondern fordert
     ihn am Ende der
Untersuchung
zur kritischen Prüfung auf. Von Theorien, die weder logisch widerspruchsfrei noch erfahrungsbezogen sind, sollten wir uns
     abkehren: »Greifen wir irgendeinen Band heraus, etwa über Gotteslehre oder Schulmetaphysik, so sollten wir fragen: Enthält
     er irgendeinen abstrakten Gedankengang über Größe oder Zahl? Nein. Enthält er irgendeinen auf Erfahrung gestützten Gedankengang
     über Tatsachen und Dasein? Nein. So werft ihn ins Feuer, denn er kann nichts als Blendwerk und Täuschung enthalten.«
     
    Auch die im April 1748 in London erschienenen
Philosophischen Essays
, denen Hume erst 1758 den uns geläufigen Titel
Untersuchung über den menschlichen Verstand
gab, führten noch nicht zu dem großen öffentlichen Durchbruch des Autors. Ruhm unter seinen Zeitgenossen erwarb er sich erst
     mit seiner
Geschichte Englands
, deren erster Band   1754 herauskam. Doch die Wirkung der
Untersuchung
in der Philosophiegeschichte war nachhaltig und dauert bis heute an. Kant las Hume in der ersten deutschen Übersetzung von
     1755 und wurde durch ihn zu seiner Kritik an der »reinen Vernunft« der Rationalisten inspiriert.
    In der vom Empirismus dominierten angelsächsischen Philosophie erwarb sich Hume schnell den Status des wichtigsten Klassikers.
     Seine Schriften wurden auch zum Ausgangs- und Bezugspunkt für alle Bemühungen um eine Erneuerung des Empirismus im späten
     19. und frühen 20.   Jahrhundert. Ernst Mach stützte sich auf Humes Kausalitätskritik und begriff die Wirklichkeit als einen Zusammenhangvon Empfindungskomplexen. Auf Hume bezogen sich auch die Begründer des logischen Positivismus, die den Empirismus mithilfe
     der logischen Sprachanalyse neu begründen wollten. Dies gilt für die Cambridger Philosophen um Bertrand Russell und Ludwig
     Wittgenstein ebenso wie für den Wiener Kreis um Moritz Schlick und Rudolf Carnap. Für Russell war Hume die große Herausforderung
     der Erkenntnistheorie. Sein 1940 erschienenes Spätwerk
An Inquiry into Meaning and Truth
knüpft bereits in seinem Titel an Humes Hauptwerk an.
    Höchst einflussreich war auch Humes Kritik an der Gültigkeit des induktiven Schlusses. Sie wurde von Karl R.   Popper in seinem frühen Hauptwerk
Logik der Forschung
von 1934 aufgegriffen und einer der wichtigsten Bausteine zur Begründung der modernen Wissenschaftstheorie. Popper übernahm
     auch ein weiteres, umfassenderes Erbe der Philosophie Humes: die Idee von der Philosophie als aufgeklärtem Alltagsverstand,
     als Verbindung von Bescheidenheit, intellektueller Bodenhaftung und kritischer Prüfung.
    Mit Hume hat die Philosophie demonstriert, dass sie tief schürfen kann, ohne vom Schwindel der Spekulation erfasst zu werden.
     
    Ausgabe:
    David Hume: Eine Untersuchung über den menschlichen Verstand. Übersetzt von Raoul Richter. Mit einer Einleitung herausgegeben
     von Jens Kulenkampff. 12.   Auflage. Hamburg: Meiner 1993.

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