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Das neue Philosophenportal

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Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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Genauigkeit erfordert. Kartografen sehen
     die Welt nicht mit der schwärmerischen Haltung des Romantikers, sondern mit dem scharf beobachtenden Auge des Forschers. Sie
     erweitern nicht nur unser Faktenwissen, sondern unser gesamtes Weltbild. Sie zeigen uns, wo wir uns befinden und was es außerhalb
     unseres gewohnten Horizonts gibt.
    Einer der berühmtesten Kartografen der Philosophiegeschichte ist Charles Louis de Secondat, Baron de Montesquieu, ein Adliger
     aus dem Südwesten Frankreichs, der etliche Jahre seines Lebens damit verbrachte, die politischen Systeme seiner Zeit und der
     Vergangenheit zu studieren. Was er nach vielen Jahren Arbeit vorlegte, war eine bahnbrechende Leistung der Aufklärung. Sein
     Hauptwerk
Vom Geist der Gesetze
atmet nicht den Geist des Theoretikers, sondern den Geist des Empirikers: Nicht Ideale, sondern die Anschauung führten den
     Autor zu seinen Thesen.
    Montesquieu war ein großer Sammler von Fakten: Davon zeugen nicht nur die beinahe eintausend Seiten Umfang, denen sich der
     Leser seines Werks gegenübersieht. Detailliert zeichnete er auch auf, wie unterschiedliche geschichtliche und geografische
     Faktoren die Bildung unterschiedlicher Verfassungen und politischer Institutionen begünstigen. Montesquieu begnügte sich aber
     nicht mit einer Aufzählung von Unterschieden und Faktoren, die für eine politische Kultur bestimmend sind. Er fügte seiner
     Landkarte auch einen Wegweiser bei, der zu einer Verfassung führen sollte, die vor den Ansprüchen der Vernunft Bestand hat.
     So entstand eine in der Philosophiegeschichteeinmalige Mischung aus historischer Darstellung und politischer Theorie, ein Werk, das ebenso über die Vergangenheit belehrte
     wie auch in die Zukunft wies.
    Mit
Vom Geist der Gesetze
zeichnete Montesquieu eine Landkarte der politischen Kulturen, die die Augen dafür öffnete, dass das auf die Zentralgewalt
     des Königs zugeschnittene System des Absolutismus, das in seinem Heimatland Frankreich herrschte, weder die einzige noch die
     beste Möglichkeit war, ein politisches System zu organisieren. Das Buch wurde zum Wegbereiter für eine neue Auffassung vom
     Staat und seinem Verhältnis zu den Bürgern, die schließlich zum demokratischen Rechtsstaat führte.
    Als Angehöriger des Provinzadels wurde der junge Montesquieu schon sehr früh mit der Erwartung konfrontiert, politische Funktionen
     zu übernehmen. 1689 im Wasserschloss La Brède nahe bei Bordeaux geboren, blieb er sein ganzes Leben Angehöriger der herrschenden
     Klasse seiner Heimatregion und füllte dort neben seinen vielfältigen anderen Aktivitäten die sozialen Rollen des Gutsbesitzers,
     Standesvertreters und Richters aus.
    Seine Erziehung fand, wie damals üblich, zunächst unter dem Dach der katholischen Kirche statt. Einige kirchliche Schulen
     gehörten zu den besten und fortschrittlichsten des Landes. So auch das Elite-Kolleg zu Juilly, das Montesquieu von 1700 bis
     1705 besuchte und das von dem Orden der Oratorianer betrieben wurde. In Juilly erwarb Montesquieu seine vorzügliche Kenntnis
     der Antike, entwickelte aber auch schon eine eher kritisch-distanzierte Haltung zum Christentum.
    Nach seinem Schulabschluss begab er sich in eine achtjährige juristische Ausbildung: zunächst an der juristischen Fakultät
     in Bordeaux und – nach bestandenem Examen – bei einer Pariser Anwaltskanzlei, wo er ein Praktikum machte. Lange bevor er über
     Gesetze schrieb, wusste Montesquieu über die Praxis des Rechtssystems Bescheid.
    1713 kehrte er aus Anlass des Todes seines Vaters nach Bordeaux zurück und regelte seine äußeren Lebensumstände. Er ging eine
     Vernunftehe mit einer wohlhabenden Calvinistin ein und übernahm das väterliche Weingut. Auch die Übernahme öffentlicher Ämter,
     die in der damaligen Zeit gekauft werden mussten, aber auch verpachtetoder vererbt werden konnten, gehörte zur aristokratischen Repräsentation. So erwarb er einen Ratsherrensitz im Parlament seiner
     heimatlichen Provinz Guyenne, ein Amt, das hauptsächlich in richterlicher Tätigkeit bestand. 1716 schließlich erhielt er,
     in Nachfolge eines verstorbenen Onkels, den lukrativen Titel eines Kammerpräsidenten und fand Aufnahme in die Akademie von
     Bordeaux: eine erste Eintrittskarte für die Existenz als geachteter Autor.
    Bereits sehr früh hatte Montesquieu versucht, sich neben seinen Verpflichtungen den Rücken für schriftstellerische Arbeit
     freizuhalten. Nun begann er, Teile des Jahres in

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