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Das neue Philosophenportal

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Titel: Das neue Philosophenportal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Zimmer
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alle.
    Auch wenn er selten genannt wird, richten sich viele Argumente Montesquieus gegen Hobbes. Nach seiner Ansicht gibt es in einem
     vorstaatlichen Zustand keinen Krieg aller gegen alle. Die Menschen sind vielmehr von Furcht beherrscht und neigen dazu, sich
     vor anderen Menschen zurückziehen. Auch einen »Gesellschaftsvertrag« gibt es bei Montesquieu nicht. Er nimmt an, dass der
     Mensch durch »Naturgesetze« dazu veranlasst wird, sich um Frieden, Nahrung und Nähe zu anderen zu bemühen. Konflikte und Verteilungskämpfe
     stellen sich erst dann ein, wenn Menschen zusammenkommen, ohne sich in einer vernunftgeleiteten politischen Gemeinschaft zu
     organisieren.
    Vom Geist der Gesetze
widmet sich, grob gesprochen, drei verschiedenen Themen: den verschiedenen Regierungsformen und den in ihnen verwirklichten
     Beziehungen zwischen Bürger und Staat; den sozialen und natürlichen »Umweltfaktoren«, die die Bildung einer Verfassung beeinflussen;
     und schließlich der Frage, welche Verfassungsmodelle es in der Geschichte gab und welche Lehren man aus ihnen für die Gegenwart
     ziehen kann.
    Montesquieu unterscheidet zwischen drei Regierungsformen. Diese Dreiteilung geht auf die politische Philosophie der Antike
     zurück. So hatte Aristoteles in seiner
Politik
zwischen der Herrschaft der Mehrheit der Polisbürger, der Politie, der Herrschaft weniger, der Aristokratie, und der Herrschaft
     eines Einzelnen, der Monarchie, unterschieden. Jeder dieser Spielarten hatte er auch eine Verfallsform zugeordnet: Die Politie
     konnte zur »Demokratie«, einer Art Volksdiktatur, die Aristokratie zur Oligarchie, zur Herrschaft einerClique, und die Monarchie zur Tyrannis, zur diktatorischen Herrschaft eines Einzelnen, werden.
    Bei Montesquieu erscheinen diese drei Formen, angelehnt an die politischen Gegebenheiten seiner Zeit, in etwas veränderter
     Form. Nicht mehr die antike Polis ist sein Bezugspunkt, sondern die Staatenwelt des 18.   Jahrhunderts. Politie und Aristokratie fasst er zur »Republik« zusammen. Weil sie sich nur auf einem kleinen Staatsgebiet
     entfalten kann, ist sie für ihn eine vor allem der Antike und damit der Vergangenheit angehörige Regierungsform. Dennoch behält
     sie für ihn eine Vorbildfunktion, denn in ihr richten sich die Bürger nicht an Sonderinteressen, sondern am Gemeinwohl aus.
     Die für die Republik charakteristische Einstellung des Bürgers ist die politische Tugend der Vaterlandsliebe.
    Die »mittlere« Regierungsform und gleichzeitig die für seine Zeit typische ist die Monarchie. Sie findet sich in den mittelgroßen
     Flächenstaaten Europas. Hier richten die Bürger ihr Verhalten am Ehrgefühl aus. Die Despotie als dritte Regierungsform war
     vor allem aus den riesigen Flächenstaaten des Orients vertraut. Die charakteristische Haltung des Bürgers ist hier die Furcht.
    Zwischen natürlicher und sozialer Umwelt sieht Montesquieu enge Querverbindungen. Deshalb hat die Beantwortung der Frage,
     welche Regierungsform sich an welchem Ort herausbildet, auch sehr viel mit natürlichen Umweltbedingungen zu tun. Unter diesen
     Bedingungen, zu denen u.   a. die geografische Lage, Bodenbeschaffenheit, Fauna und Flora gehören, spielt für Montesquieu das Klima eine besondere Rolle.
    In Montesquieus berühmter Klimatheorie gibt es einen grundsätzlichen Unterschied zwischen Orient und Okzident: Die heißen
     Klimate des Orients befördern sinnliche Eindrucksfähigkeit, aber gleichzeitig »Faulheit des Geistes«. Wie einst der griechische
     Historiker Herodot sieht Montesquieu in den Klimaten des Südens eine wichtige Ursache für die Herausbildung von Despotien.
     Es sind demgegenüber die gemäßigten nördlichen Klimate, in denen seiner Meinung nach die Freiheit am besten gedeiht. Besonders
     das Seeklima in England scheint hierfür in besonderer Weise förderlich zu sein.
    Jeder Staat ruht also auf einem Geflecht natürlicher und sozialer Voraussetzungen, die zusammen den »Geist der Gesetze« ausmachen.
     Montesquieu nennt ihn auch »esprit général«, den »Gemeingeist« oder, wie es in manchen Übersetzungen heißt, die »Geisteshaltung«
     eines Gemeinwesens. »Verschiedene Dinge beherrschen den Menschen«, schreibt Montesquieu im 19.   Buch, »Klima, Religion, Gesetze, Sitten und Gebräuche; und aus alledem entspringt und formt sich die Geisteshaltung eines
     Volkes.« »Esprit général« ist der Begriff, den Montesquieu für die gewachsene, unverwechselbare politische Kultur eines

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