Das neue Philosophenportal
Stuttgart-Zuffenhausen
übernehmen, der acht Jahre jüngere Adornowuchs als Sohn eines Frankfurter Weinhändlers und einer bekannten, ehemals kaiserlichen Hof-Opernsängerin auf.
Beide erhielten ihre philosophische Ausbildung an der Frankfurter Universität. »Teddy« Adorno, wie ihn seine Freunde nannten,
war allerdings eine Doppelbegabung. Lange Zeit hatte er seine Zukunft in der Musik gesehen. Er trat als ein glänzender Pianist
und sehr begabter Komponist hervor. Mitte der 20er Jahre, nach seiner Promotion in Philosophie, studierte er in Wien noch
Klavier und Komposition. Vor allem machte er sich sehr früh als Musikkritiker einen Namen. Seine Vorliebe galt der avantgardistischen
Musik Arnold Schönbergs und Alban Bergs.
Adornos Denken und Schreiben wurde zeitlebens von den Erfahrungen und Anschauungen beeinflusst, die er in der Auseinandersetzung
mit der modernen Musik erworben hatte. Seine Vorliebe für die »fortschrittliche« neue Musik, die sich von alten Formen gelöst
hatte, führte ihn auch zum Marxismus als der, wie viele Intellektuelle es sahen, »fortschrittlichen« Philosophie der Moderne.
Hin- und hergerissen zwischen Philosophie und Musik, entschied er sich Ende der 20er Jahre endgültig für die Philosophie als
Hauptberuf. Nach seiner Habilitation 1931 lehrte er an der Frankfurter Universität, bis ihm die Nazis zwei Jahre später die
Lehrbefugnis entzogen.
Zu dieser Zeit war Horkheimer bereits Leiter des berühmten Frankfurter Instituts für Sozialforschung, ein 1924 gegründetes
und von einer privaten Stiftung finanziertes Forschungsinstitut, das aber an die Frankfurter Universität angebunden war. Die
Mitarbeiter des Instituts waren weltanschaulich vom Marxismus geprägt. Sie strebten eine Theorie der bürgerlich-kapitalistischen
Gesellschaft an, die wissenschaftlich auf dem neuesten Stand war und aktuelle Ergebnisse verschiedener Teilwissenschaften
wie Soziologie, Philosophie, Ökonomie oder Psychologie einbezog. Durch die interdisziplinäre Ausrichtung des Instituts sollte
die Trennung der Teilwissenschaften, aber auch die einseitige Ausrichtung des Marxismus auf ökonomische Zusammenhänge überwunden
werden. So spielte etwa die Psychoanalyse Sigmund Freuds, von orthodoxen Marxisten immer mit scheelem Blick betrachtet, in
den Arbeiten des Instituts einegroße Rolle. Ziel war die Ausarbeitung einer »Kritischen Theorie«, die sowohl Analyse als auch Kritik der Gesellschaft, sowohl
theoretische Erklärung als auch Teil des politischen Kampfes gegen kapitalistische Ausbeutung sein sollte. Mit der
Zeitschrift für Sozialforschung
schuf sie sich ihr eigenes Forum und Publikationsorgan
.
Das Frankfurter Institut für Sozialforschung wurde zur Wiege der neomarxistischen Frankfurter Schule.
Horkheimer wurde bereits 1930, kurz nach seiner Berufung auf den Frankfurter Lehrstuhl für Sozialphilosophie, zum Direktor
des Instituts gewählt. Während Adorno ein eher praxisferner Schöngeist war, blieb Horkheimer zeitlebens der dominante »Macher«
des Instituts, ein einflussreicher Organisator, bei dem alle Fäden – auch die zwischen den Mitarbeitern – zusammenliefen.
Walter Benjamin, Ernst Bloch und Herbert Marcuse – später allesamt illustre Namen – gehörten dem Institut an.
Das Institut für Sozialforschung wurde bereits 1933 von den neuen Machthabern geschlossen. Klugerweise hatte man schon vorher
das Stiftungskapital im Ausland angelegt und konnte somit die Arbeit außerhalb Deutschlands fortsetzen. Das einzige Land,
das dem Institut großzügige Arbeitsmöglichkeiten bot und ihm zugleich auch Räumlichkeiten zur Verfügung stellte, waren die
Vereinigten Staaten, die Hochburg des von Horkheimer und Adorno so kritisierten Kapitalismus. 1934 bezog das Institut auf
dem Gelände der Columbia University in New York City sein neues Domizil. Adorno siedelte erst 1938, nach einem Zwischenaufenthalt
an der Universität Oxford, in die USA über und wurde noch im selben Jahr offiziell von Horkheimer in das Institut aufgenommen.
Fortan arbeiteten beide eng zusammen.
Horkheimer und Adorno, zwei klassische europäische Bildungsbürger mit professoralem Auftreten und Selbstverständnis, taten
sich mit ihrem Gastland schwer. Sie erhielten zwar Forschungsaufträge, doch in den Vereinigten Staaten waren diese sehr viel
enger mit kommerziellen Interessen verbunden als in Europa. Und die Amerikaner verstanden unter soziologischer Forschung vor
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