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Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen

Titel: Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Campus
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auf Messen zeigen und verbreiten (Marketing) und dann mit potenziellen Kunden testen, die sie zum Beispiel mit dem Vertriebsbeauftragten besuchen. Dann kommt langsam das Management ins Spiel, das neugierig fragt, ob da Geld zu verdienen wäre – und es treten die Controller, Finanzfachleute und Vertragsexperten auf den Plan, die plötzlich in großer Zahl helfen sollen – sodass zu viele Köche den Brei verderben könnten. Wenn etwas in dieser Weise nicht gelingt, fragt man externe Berater, und die setzen mit Brainstormings wieder einmal neu an …
    Sie werden sehen: Die effiziente Aufteilung der Arbeit in normalen Unternehmen behindert das Neue – insgesamt wirkt sie eben wie ein großes Immunsystem gegen Feinde der Ordnung, zu denen alles Neue nun einmal gehört.

IM ELFENBEINTURM DER WISSENSCHAFT
Immunsystem Wissenschaftlerkarriere
    Wissenschaftler sollen der Menschheit vor allem neue Erkenntnisse, Methoden und Einsichten schenken, sie sollen erfinden und entdecken. Die wissenschaftliche Methode verlangt vielleicht zu drakonisch – jedenfalls für meinen Geschmack – dass alles Neue vor der Veröffentlichung auch sorgsam hergeleitet und bewiesen wird. Wissenschaftler sollen keine spontanen Meinungen äußern, keinesfalls etwas noch Unausgegorenes nur zur Diskussion stellen, politisch argumentieren oder schon anwenden, was noch nicht rigoros verifiziert ist.
    Die innere Haltung des Wissenschaftlers, die auf »Wahrheit getrimmt« ist, kann sich wohl nur selten mit dem »Verkaufen von Ideen zur Erzeugung von Innovationen« anfreunden. Wahrheitsfindung und Geschäftemachen wird traditionell und auch vom normalen Einzelmenschen als Gegensatz gesehen. Deshalb meidet der Wissenschaftler das Business eher. Diese klassische Wissenschaftlerhaltung beißt sich mit der Forderung der Gesellschaft, nun zusätzlich zum reinen Erfinden noch innovativ zu sein.
    Die Gesellschaft empfindet das nicht so. Sie dringt deshalb seit einigen Jahren immer stärker darauf, dass Wissenschaftler sich aus dem Elfenbeinturm der Wahrheit in den Markt hinausbegeben und ihre zu Innovationen gereiften Erfindungen verkaufen. Gleichzeitig behindert dieselbe Gesellschaft durch ein auf reine Wissenschaft ausgerichtetes Karrieresystem das Entstehen von Innovationen im Forschungsbereich. Sehen wir uns die Pflichten eines Universitätsprofessors an:
Lehre – Vorlesungen in seinem Fach für Studenten,
Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs – Diplomanden, Doktoranden, Assistenten und Dozenten werden als »Schüler« herangebildet,
Forschung,
Innovation durch eigene Entwicklungen oder in Zusammenarbeit mit Unternehmen oder staatlichen Institutionen.
    Wie wird man Professor? Zunächst muss ein angehender Wissenschaftler promovieren und dann mit seinem Doktortitel als Mitarbeiter oder Assistent einige Jahre lang weiterforschen, um sich zu habilitieren oder entsprechend hoch bewertete Forschungsleistungen erbringen. Die Habilitation ist in der Regel die Hauptanforderung bei der Einstellung eines Professors. Zur Habilitation müssen hervorragende Forschungsergebnisse vorgelegt werden, die weit über eine Doktorarbeit hinausgehen. Wenn Sie sich nicht richtig auskennen, erkläre ich das hier einfach über den Daumen und ganz inkorrekt so: »Habilitation ist so etwas wie noch fünfmal Doktor«. Eine Habilitation dauert nun zeitlich nicht so lange wie »fünfmal Doktor«, wie man naiv denken könnte; denn nach der Promotion ist man ja in das Forschungsgebiet gut eingearbeitet und kann nun viel effektiver Ergebnisse erzielen. Wissenschaftler brauchen dennoch lange Jahre bis zur Habilitation. Im Internet findet man Zahlen über das durchschnittliche Lebensalter bei der Habilitation aus den Jahren 1995, 2000 und 2005. Danach hält sich das Prüfungsalter über die Jahre stabil bei etwa 40,5 Jahren, in den Naturwissenschaften/Mathematik geht es mit rund 39 Jahren am schnellsten, in der Veterinärmedizin dauert es mit circa 42 Jahren am längsten; die Unterschiede variieren nach Fach also nicht sehr.
    Für die Habilitation spielt die Befähigung für anderes, etwa für die Lehre, kaum eine Rolle. Ein gut gehütetes (falsches) Vorurteil lautet: »Wer gut in Forschung ist, ist wahrscheinlich auch so intelligent, dass er es einleuchtend erklären kann.« Es kommt also vor allem auf die Forschungsleistung an! Erst wenn jemand dann typischerweise nach dem 40. Lebensjahr endlich Professor geworden ist, verlangt die Gesellschaft von ihm »ganz plötzlich«, dass er

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