Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
demnächst an neuen Produkten einsetzen wollen. OpenMinds der Unternehmen wollen klären, was sich schon wirklich bewährt hat. Sehr viele Teilnehmer der Konferenzen sind Mitarbeiter oder Geschäftsführer von kleinen Beratungsunternehmen, die einfach nur die neuesten Trends verfolgen und diese Kenntnisse um dieses Neueste ihren Kunden wiederum als Expertenwissen verkaufen.
Visionäre sind meist von den Konferenzen enttäuscht, »weil es nichts Neues gibt«. Seltsam, denn sie sind oft auf Konferenzen – soschnell ändert sich ja nichts. Die Early Adopter und die Protagonisten belauern sich gegenseitig, wer von ihnen am weitesten vorn ist. »Die anderen kochen auch nur mit Wasser.« Die OpenMinds sind oft verzweifelt, weil das Neue noch nicht konkret ist, sodass sie klare Handlungsanweisungen mitnehmen und kalkulieren können, wie viel alles kostet und was es nützt. »Da ist noch viel heiße Luft drin. Im letzten Jahr war alles noch so unfertig, dass ich es nicht kaufen wollte. Auch in diesem Jahr ist das noch so. Die Teilnahme war an sich überflüssig. Die Hersteller präsentieren immer dasselbe noch nicht Fertige unter einem immer neuen Motto, unter Buzzwords und erlösungsverheißenden Slogans, aber es ist jedes Mal noch nicht ausgegorener Wein in neuen Schläuchen.«
Die Konferenzveranstalter heuern zur Linderung berühmte Keynote-Speaker an, die die Teilnehmer irgendwie doch begeistern. Auf den Abendveranstaltungen und in den Pausen gibt es Köstlichkeiten bis zum Abwinken, eine Zauberin, ein Comedian oder ein Sternekoch sorgen für ein Erlebnis.
Im Grunde sind die Konferenzen ein Schauplatz, auf dem die Protagonisten den OpenMinds das Akzeptieren des Neuen schmackhaft machen wollen. Aus diesem Grund werden die OpenMinds zu den Konferenzen gelockt. »Wer sich hier nicht trifft, ist von der laufenden Entwicklung abgehängt.« Meist tummeln sich aber vorwiegend Protagonisten im Gedränge. Sie profitieren dann in ihrem Unternehmen oder als Berater für ihre Unternehmen davon, immer sehr gut informiert zu sein. Die OpenMinds aber gehen oft mit dem Eindruck heim, hier werde »nur Hype gemacht« und »heiße Luft verkauft«. Genau das ist die typische Stimmung, wenn etwas Neues über das Chasma oder die Hürde springen soll.
Wer als Innovator auf solchen Konferenzen für seine Sache sprechen will, muss sorgsam nachdenken, was er damit bezwecken will. Hat er eine Chance, OpenMinds zu erreichen? Oder verbreitet er so großen Hype, dass sich einige freie Journalisten anstecken lassen und den Hype weiter verbreiten? Was passiert, wenn sein Vortrag oder sein Prototyp den Eindruck der »heißen Luft« hinterlässt? Das kann ihn beerdigen, weil sich »heiße Luft« herumspricht. »Wie war die Konferenz?« – »Na, viel Gedöns, man muss das noch nicht einsetzen. Wenigstensbin ich jetzt sicher, dass wir nichts verpasst haben, wenn wir in dieser neuen Richtung noch gar nichts tun.«
Immer wieder: Ein Innovator sollte versuchen, möglichst viel detaillierte Kritik von OpenMinds für seine Neuerung zu bekommen. Er sollte erfahren, was genau noch stört, was sie hindert, alles gleich einzusetzen, und warum das Neue noch nicht speziell auf sie abgestimmt ist. Dazu muss er aber wirklich gut und inspirierend präsentieren und Resonanz erzeugen.
Faktisch sind die Präsentationen durchweg entweder zu technisch oder wirklich gedanklich zu dünn oder komplett inhaltsleer mit schillernder Hülle. Meistens langweilen sich die Teilnehmer außerhalb der Keynotes oder der Abendveranstaltung. Mich wundert das schon lange – und mein Sohn Johannes fand mich immer zu vernichtend kritisch. Jetzt besucht er selbst Konferenzen und kommt auf ein Urteil, dass ich schon sehr, sehr oft gehört habe: »Wenn du pro Konferenztag
eine
wirkliche Inspiration mitnehmen kannst, ist es eine gute Konferenz. Mehr kann nie erwartet werden.«
Die entscheidende Frage für den Innovator ist, ob er selbst diese eine Inspiration bieten kann. Dann bekommt er Feedback und kann lernen. Sonst aber hat er sich lange für die Konferenz vorbereitet und wieder viel Zeit vertan. Besonders kritisch sind Fälle, bei denen der Innovator nicht wirklich inspiriert, aber doch ziemlich überdurchschnittlich ist. Dann kann die Marketingabteilung aus lauter Verzweiflung über die Durchschnittlichkeit des eigenen Unternehmens auf die glorreiche Idee kommen, diesen einen Überdurchschnittlichen auf alle Konferenzen mitzuschleppen, die das Unternehmen sponsert. Da fühlt sich
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