Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Letztlich scheitere ich jetzt an dieser Lähmschicht im Unternehmen! Ich bin total sauer!«
Bitte verstehen Sie, dass die Hüter der Regeln bei Innovationen meist zu den CloseMinds gehören, wenn nicht gar zu den Antagonisten: »Das geht so nicht. Das stellen sich alle hier zu einfach vor. Es ist
nicht
einfach!« Innovatoren, die ein Gespür für das, »was gehen kann«, mitbringen und den CloseMinds dadurch Respekt abgewinnen, tun sich viel leichter.
Als ich 1987 bei der IBM im Wissenschaftlichen Zentrum Heidelberg die Arbeit aufnahm, wurde ich gleich mit den Regeln zur Mitarbeiterbeurteilung vertraut gemacht. Es gab fünf Hauptkriterien, nach denen ich beurteilt werden würde. Natürlich wurden Leistung und Exzellenz im Fach thematisiert, aber ein Punkt hieß so ähnlich wie »kennt die Firma gut«. Da lachte ich laut auf. Was hatte das mitguter Arbeit zu tun? Werde ich daran gemessen, dass ich alle Regeln kenne, obwohl ich doch nur in der Forschung arbeite? Wozu muss ich alle Leute im Management kennen? Alle diese Forderungen an mich standen in einer längeren Liste unter »kennt die Firma gut«.
Aus heutiger Sicht: Ach, ich Narr … Bitte verfallen Sie nicht in denselben Irrtum und sehen Sie alles rund um »kennt das Umfeld gut und alle wichtigen Leute, Produkte, Befindlichkeiten und Regeln« als Teil von »Pre-Innovation«. Bitte überlegen Sie auch, wie lange es dauern kann, bis Sie das notwendige Rüstzeug gesammelt haben. Daraus leite ich wiederum die Warnung ab: Im Augenblick der Erfindung ist es zu spät, das Umfeld kennenzulernen. Man muss sich von Anfang an – an jedem lieben langen Arbeitstag – um passive und auch aktive Prozesskompetenz bemühen.
Sinn für Infrastrukturen und Integrationsprobleme
Und noch einmal aus meiner Anfangszeit: »Ich Narr …« Ich erinnere mich noch heute, wie ich nach einem sehr langen Workshoptag bei Gifford Pinchot laut über »verschwendete Zeit« fluchte. Pinchot widmete einen vollen Tag einem einzigen Thema, das ich damals für öde und grottenuninteressant hielt:
Corporate Fit
. Passt die Innovation zum Unternehmen? Stößt sie auf Zustimmung aller relevanter Gruppen? Sind die Manager, Verkäufer und Juristen für das Neue wirklich euphorisch gestimmt? Einen ganzen Tag lang wurde das Wort »fit« so oft verwendet wie niemals wieder in meinem Leben.
»The fittest will survive.«
Das gilt natürlich besonders im Bereich der Innovation. Es geht dabei nicht nur um »Corporate Fit«, sondern ganz allgemein darum, ob sich Innovationen gut in das Gesamte einfügen lassen. Innovationen müssen passen, zum
Kunden,
Unternehmen,
Innovator,
Investor,
Management,
Vertrieb et cetera.
Das habe ich ja immer wieder dargestellt. Der Innovator muss aber auch die nötigen Infrastrukturen im Auge behalten. Welche Veränderungen brauchen isolierte Innovationen dann in der ganzen Welt, um dort akzeptiert zu werden? Was fordern die OpenMinds? Die Close-Minds? Wogegen wettern die Antagonisten?
Waschmaschinen brauchen Wäschenormen und Waschmittelstandards.
Schiffe brauchen Häfen, eCars Tanksteckdosen.
Tablet-Computer brauchen Apps und Musik-Downloads.
Internetbanking und im weiteren Sinne Cloud Computing setzen absolute Datensicherheit voraus.
Digitalkameras erfordern Automaten für Papierabzüge für Leute, die Bilder nicht nur auf dem Bildschirm anschauen wollen.
Computernutzung in der Schule ist erst gut, wenn die Schulbücher auch online sind.
Die Nutzung von Unternehmensanwendungen durch Mitarbeiter auf Smartphones erfordert eine Integration der Unternehmensanwendungen.
Smartphones wollen bezahlbare Internettarife weltweit.
Viele Internetanwendungen erfordern weitverbreitete Mikrobezahlmöglichkeiten, die es derzeit immer noch nicht gibt.
Medizinische Überwachung per Funk/Internet erfordert eine lückenlose Abdeckung – Internet muss überall und immer verfügbar sein, nicht nur in Metropolregionen.
Tablets/Pads brauchen helle Bildschirme, sonst kann man »draußen« gar nichts darauf sehen! Solche Bildschirme gibt es noch nicht lange! (Und es gibt viele Schlaue, die hochnäsig mit der »Nicht wirklich neu«-Miene sagen, dass Tablets schon vor Jahrzehnten erfunden wurden. Ja, aber nicht die hellen Bildschirme und die langhaltenden Batterien!)
Diese Beispiele leuchten ein. Bedenken Sie aber, dass das Unternehmen Apple als halb verrückt deklariert wurde, als es begann, Musik zu verkaufen.Erst hinterher rühmten wir das Genie Steve Jobs, dass er zu den Nobelgeräten auch eine
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