Das Neue und seine Feinde - wie Ideen verhindert werden und wie sie sich trotzdem durchsetzen
Kein Geld, keine Projektlücken, keine Macht, die hinter ihm steht. Überall fragen sie ihn: »Wer sind Sie denn überhaupt? Warum wollen Sie das? Was sagt denn Ihr direkter Chef dazu? Warum finanziert der das nicht? Warum kommen Sie ausgerechnet zu mir?« – Selbst wenn der Manager des Erfinders weiter oben vorschlägt, die Idee einmal anzuhören, wird entgegnet: »Wer ist das? Kennt den jemand? Hat er sich schon irgendwo hervorgetan?« Das Zauberwort in diesem Zusammenhang heißt »Visibility« oder »Sichtbarkeit«.
Ein zukünftiger Innovator tut sich unendlich viel leichter, wenn er vor der Innovation schon »visible« ist, wenn er in Meetings, die seineIdeen später behandeln könnten, schon einen Namen hat und vor allem Vertrauen genießt. Es ist wichtig, das Vertrauen aller zu genießen, bei denen man bekannt ist! Sichtbarkeit ohne Vertrauen blockiert absolut. Ich habe schon so viele Vorhaben in dieser Weise scheitern sehen: »Wer ist denn das? Kennt den einer?« – »Ach, nicht der schon wieder – der hat immer seltsame Vorschläge, macht keinen Spaß.« Oder: »Er hat es sich in den Kopf gesetzt, sich zu profilieren. Wir können uns das meinetwegen anschauen, wahrscheinlich ist es nicht direkt schlecht.«
Um im Bilde dieses Buches zu bleiben:
Wie viele höhere Manager kennen Sie überhaupt?
Wie viele davon sind Ihre Protagonisten? (»Nur Gutes über sie/ihn!«)
Wie viele sind OpenMinds? (»Habe nichts gegen ihn!«)
Wie viele CloseMinds? (»Nein, den empfehle ich nicht wirklich.«)
… und Antagonisten? (»Nur über meine Leiche.«)
Die meisten Mitarbeiter und Manager sind in einem höheren Gremium fast unbekannt. Ich habe lange an der Förderung der Spitzenleute gearbeitet. Vielleicht ein halbes Prozent ist einigermaßen weithin bekannt, meistens positiv. Wenige haben sich Ruhm durch ein schlechtes Projekt erworben. Die meisten sind fast gänzlich unbekannt. Wenn über Sie gefragt wird: »Wer ist denn das, der etwas will?«, und wenn dann nur
ein
Einziger Sie im Meeting kennt, der Ihnen gegenüber CloseMind ist, dann reicht das oft schon, dass Sie ad acta gelegt werden.
Bei Innovationen kommt es deshalb darauf an, dass Sie einen weithin guten Ruf erworben haben und eine gewisse Bekanntheit genießen. Man sagt: »Die Türen müssen für Sie offen stehen.«
In vielen Unternehmen sind die technischen Superexperten unter sich und kennen sich gut. Dort stehen die Türen natürlich untereinander offen. Aber das ist dieser kleine Bereich der Protagonisten! Die reden miteinander, sind sich in ihren Visionen einig und verstehen einander. Sie treffen sich oft auf den Konferenzen, erzählen sich ihre Ideen und tauschen sich im Internet aus. Die Experten sind tatsächlich vernetzt. Aber sobald eine Innovation den Protagonistenbereich verlassen muss, sobald Kunden, Vertriebsbeauftragte, Manager oder Investoren ins Spiel kommen, werden die Netzwerke dünner und dünner.Zur »Pre-Innovation« gehört es auch, dass der spätere Innovator gut vernetzt ist – nicht nur bei »seinen eigenen Spezies«, sondern überall. Es hilft sehr, wenn der Innovator auch bei den CloseMinds und den Antagonisten seiner neuen Idee aus anderen Gründen und aus früherer Zusammenarbeit Vertrauen genießt. Nicht nur die Türen sollen offen stehen – der Innovator muss alle diese anderen Menschen eben auch verstehen, am besten schon verstanden haben und mit ihnen gut klarkommen. CloseMinds und besonders Antagonisten kämpfen nicht einfach nur gegen neue Ideen, sondern vielfach auch gegen den Träger der Idee, den Innovator oder Protagonisten. Sie sehen die neue Idee vielleicht als persönliche Feindschaft gegen ihre eigenen Bemühungen. Sie drängen Protagonisten in die Rolle des »Omega-Tiers« oder des »Unternehmensfeinds«, der die Firma mit waghalsigen Ideen ruinieren will. Ein Innovator, der überall gut vernetzt ist, auch mit seinen potenziellen Gegnern, genießt ja dann als Person auch das Vertrauen von CloseMinds und Antagonisten und hat in der Innovationsschlacht gegen viel weniger Emotionen zu kämpfen!
Insbesondere viele Ingenieure mögen die Vorstellung von »Visibility« nicht, sie sehen darin egoistische Eigenwerbung oder »Marketing«. Wenn ich »Techies« Mangel an Sichtbarkeit oder Bekanntheit vorgeworfen habe, antworteten sie immer, dass reine Sichtbarkeit nicht schon Anerkennung sei. Anerkennung aber sei das, was den Ingenieur, Experten oder Erfinder ziere! Die müsse man erwerben! Das ist natürlich richtig, aber
Weitere Kostenlose Bücher