Das Nibelungenlied
Gut?
Ich weiß gar wohl, was Kriemhild · noch mit diesem Schatze tut.
»Brächte sie ihn von hinnen · ich glaube sicherlich,
Sie würd' ihn nur verteilen · zu werben wider mich.
Sie hat auch nicht die Rosse · um ihn hinwegzutragen:
Behalten will ihn Hagen · das soll man Kriemhilden sagen.«
Als sie vernahm die Märe · das schuf ihr grimme Pein.
Es ward auch den Königen · gemeldet allen drein:
Sie gedachten es zu wenden · Als das nicht geschah,
Rüdiger der edle · sprach mit frohem Mute da:
»Reiche Königstochter · was klagt ihr um das Gold?
Euch ist König Etzel · so zugetan und hold,
Ersehn euch seine Augen · er gibt euch solchen Hort,
Daß ihr ihn nie verschwendet · das verbürgt euch, Frau, mein Wort.«
Da sprach zu ihm die Königin · »Vieledler Rüdiger,
Nie gewann der Schätze · eine Königstochter mehr
Als die, deren Hagen · mich ohne hat getan.«
Da kam ihr Bruder Gernot · zu ihrer Kammer heran.
Mit Macht des Königs Schlüssel · stieß er in die Tür.
Kriemhildens Schätze · reichte man herfür,
An dreißigtausend Marken · oder wohl noch mehr,
Daß es die Gäste nahmen · des freute Gunther sich sehr.
Da sprach von Bechelaren · der Gotelinde Mann:
»Und gehörten all die Schätze · noch Kriemhilden an,
Die man jemals brachte · von Nibelungenland,
Nicht berühren sollt' es · mein noch der Königin Hand.
»Heißt es aufbewahren · da ich's nicht haben will.
Ich bracht' aus unserm Lande · des meinen her so viel,
Wir mögen's unterweges · entraten wohl mit Fug:
Wir haben zu der Reise · genug und übergenug.«
Zwölf Schreine hatten · noch ihre Mägdelein
Des allerbesten Goldes · das irgend mochte sein,
Bewahrt aus alten Zeiten · das nun verladen ward
Und viel der Frauenzierde · die sie brauchten auf der Fahrt.
Die Macht des grimmen Hagen · bedauchte sie zu stark.
Des Opfergoldes hatte · sie wohl noch tausend Mark:
Das gab sie für die Seele · von ihrem lieben Mann.
Das dauchte Rüdigeren · mit großen Treuen getan.
Da sprach die arme Königin · »Wo sind die Freunde mein,
Die da mir zuliebe · im Elend wollen sein
Und mit mir reiten sollen · in König Etzels Land?
Die nehmen meines Goldes · und kaufen Ross' und Gewand.«
Der Königin gab Antwort · der Markgraf Eckewart:
»Seit ich als Ingesinde · euch zugewiesen ward,
Hab' ich euch stets getreulich · gedient,« sprach der Degen,
»Und will bis an mein Ende · desgleichen immer bei euch pflegen.«
»Ich führ' auch mit der meinen · fünfhundert Mann,
Die biet' ich euch zu Dienste · mit rechten Treuen an.
Wir bleiben ungeschieden · es tu' es denn der Tod.«
Der Rede dankt' ihm Kriemhild · das tat in Wahrheit ihr not.
Da brachte man die Rosse · sie wollten aus dem Land.
Wohl huben an zu weinen · die Freunde all zur Hand.
Ute die reiche · und manche schöne Maid
Bezeigten, wie sie trugen · um Kriemhilden Herzeleid.
Hundert schöner Mägdelein · führte sie aus dem Land;
Die wurden wohl gekleidet · jede nach ihrem Stand.
Aus lichten Augen fielen · die Tränen ihnen nieder;
Manche Freud' erlebten · sie auch bei König Etzel wieder.
Da kam der junge Geiselher · und König Gernot.
Mit ihrem Heergesinde · wie es die Zucht gebot:
Die liebe Schwester wollten sie · begleiten durch das Land;
Sie hatten im Gefolge · wohl tausend Degen auserkannt.
Da kam der schnelle Gere · und auch Ortewein;
Rumold der Küchenmeister · der ließ sie nicht allein.
Sie schufen Nachtlager · bis hin zum Donauland.
Nicht weit vor Worms schon hatte · sich König Gunther gewandt.
Eh' sie vom Rheine führen · hatten sie vorgesandt
Ihre schnellen Boten · in der Heunen Land,
Dem Könige zu melden · daß ihm Rüdiger
Zum Gemahl geworben · die edle Königin hehr.
Einundzwanzigstes Abenteuer
Wie Kriemhild zu den Heunen fuhr
Die Boten laßt reiten · so tun wir euch bekannt,
Wie die Königstochter · fuhr durch das Land,
Und wo von ihr Geiselher · schied mit Gernot;
Sie hatten ihr gedienet · wie ihre Treue gebot.
Sie kamen an die Donau · gen Vergen nun geritten.
Da begannen sie um Urlaub · die Königin zu bitten,
Weil sie wieder wollten · reiten an den Rhein.
Da mocht' es ohne Weinen · von guten Freunden nicht sein.
Geiselher der schnelle · sprach zu der Schwester sein:
»Schwester, wenn du jemals · bedürfen solltest mein,
Was immer dich gefährde · so mach' es mir bekannt,
Dann reit' ich dir zu dienen · hin in König Etzels Land.«
Die Verwandten alle · küßte sie auf den Mund.
Minniglich sich scheiden ·
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