Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
nur, das solltest du wissen«, erklärte Benedict.
» Ach, ja?«
» Jungen brauchen Väter«, sagte er leise. » Auch wenn sie nicht da sind.«
» Ach.«
» Ich will dich in keiner Weise kritisieren«, fuhr Benedict fort. » Du hast es bewundernswert mit ihm gemacht. Er ist ein toller Junge. Und wenn sein Vater tot wäre, solltet ihr darüber sprechen. Aber er ist nicht tot. Stimmt’s?«
Aishe schob ihre Tasche auf ihrer Schulter zurecht. » Es war wirklich nett, mit dir zu plaudern«, sagte sie. » Aber jetzt muss ich wirklich weiter.«
Sie ging an ihm vorbei, doch dann, als hätte sie etwas vergessen, schlug sie sich mit der Hand gegen die Stirn und drehte sich um.
» Ach, Benedict?«
Benedict sah sie halb verwirrt, halb hoffnungsvoll an.
» Solltest du dieses Thema noch einmal zur Sprache bringen– vor mir, vor Gulliver oder irgendeinem anderen Lebewesen–, dann bist du gefeuert. Klar?«
Damit betrat sie das Haus und schloss die Tür hinter sich.
Obwohl Benedict mit genau dieser Reaktion gerechnet hatte, war er verblüfft, wie sehr sie ihn traf. Eine Reihe schlagfertiger Erwiderungen wirbelten durch seinen Kopf. Na, dann feuer mich doch! Ich bin sicher, es gibt mindestens noch einen Idioten da draußen, der sich mit deinem erbärmlichen Honorar zufriedengibt. Ein Penner vielleicht! Ja, ich such dir einen willigen Penner! Dann kann Gulliver alles über die Pflege und Behandlung nässender Wunden lernen und wie man sein Hirn mit Brennspiritus weich kriegt!
Aber nicht allein der Umstand, dass er gegen eine geschlossene Tür wetterte, verhinderte, dass er schwieg. Er sah ein, dass er nichts davon jemals laut aussprechen würde.
Kein Wort würde ich sagen, dachte er, weil ich mich so nach menschlichen Beziehungen sehne, dass ich sie in jeglicher Form akzeptiere. Ich dulde einen unterbezahlten Lehrerjob, weil ich lieber mit einem Vierzehnjährigen befreundet bin, als gar keine Freunde zu haben. Ich dulde die offene Feindseligkeit seiner Mutter, weil selbst so ein Kontakt zu ihr besser ist als keiner. Und ich dulde eine Frau in meiner Wohnung und meinem Bett, die Picasso für einen Pokemon hält, weil alles– wirklich alles – besser ist als Einsamkeit.
Izzy verteilte Käse in einer Schüssel, die sie vorher mit Nachos und gebratenen Bohnen gefüllt hatte. Der Käse quoll in leuchtendem Gelb aus der Tube und bildete feucht glänzende Häufchen, die Benedict an einen kranken Hund denken ließen.
Käse aus der Tube war eines der vielen Dinge, die Izzy an Amerika liebte, genau wie gefrorenen Keksteig, die Kleidermarke Old Navy und Joan Rivers auf dem Shopping-Kanal. » Mann«, sagte sie, » die Frau hat sich so oft liften lassen, dass sich hinter ihren Ohren schon Wulste bilden!« Zwar hatte Benedict den Witz schon mal gehört, aber er lachte trotzdem.
» Woraus genau ist dieses Zeug?«, fragte er.
Izzy hielt inne und las die Aufschrift der Tube. » Milch.«
» Und?«
» Ist doch egal. Es schmeckt gut.«
Morgens um zwei, wenn man betrunken ist, dachte Benedict, dann vielleicht. Aber er sagte nichts.
» Ich mach den Grill an«, verkündete Izzy. » Ach nein: den Bratrost. Meine Chefin, die Mistkuh, hat mich wie eine Behinderte behandelt, als ich ›Grill‹ dazu sagte. Offenbar ist ein Grill was für draußen. Aber wer zum Teufel will was rösten? ›Ich möchte meine Nachos rösten. ‹« Sie schüttelte sich. » Klingt doch blöd.«
» Dieses Wort haben wir Engländer auch noch bis vor kurzem benutzt«, sagte Benedict. » Es bedeutet einfach, dass man etwas intensiv erhitzt. Es wird in The Jabberwocky von Lewis Carroll als Teil der Definition von brillig erwähnt: der Zeitpunkt, wenn man das Essen fürs Dinner zubereitet.«
Izzy starrte ihn an. » Im Jabber was ?«
» Egal«, sagte Benedict. » Unwichtig.«
Izzy schob die Nacho-Schüssel in den Ofen, blieb an seinem Stuhl stehen, lehnte sich gegen seinen Rücken und schlang ihm die Arme um den Hals. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Wange.
» Du hast wirklich eine Menge unnützes Zeugs im Kopf, oder?«, sagte sie.
» So könnte man es sehen.«
Benedict bemühte sich nicht zusammenzuzucken, als Izzy ihr Bein um ihn schlang und sich rittlings auf seinen Schoß setzte. Sie war ihm nicht zu schwer, aber derartige Manöver führten bei ihr unweigerlich zu Sex. Mit einem Anflug von Ironie dachte er an Gullivers Stichelei. O doch, ich krieg eine ganze Menge davon, dachte er. Ob ich will oder nicht.
Izzy wollte. Sie nahm seine Hand und schob sie
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