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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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ich es bedauern, dachte Aishe. Bedauern ist so ein saft- und kraftloses Wort. Grau und schlaff und verschrumpft. Bedauern ist ein schwächlicher, alter Krüppel in einem Rollstuhl, der einem Zwanzigtonner den Weg versperrt, ein Rest vertrocknetes Laub in einem Hochofen. Versuch nicht, mir einzureden, ich würde irgendwas bedauern, dachte Aishe. Bedauern trifft es nicht mal annähernd.
    » Auf eure Almosen kann ich verzichten«, sagte sie zu Patrick. » Ich komme für ihn auf.«
    Sie hörte Gulliver scharf Luft holen und wusste, es war Schock und Triumph zugleich.
    Patrick runzelte die Stirn. » Ich dachte, du wärst etwas klamm?«
    Aishe sah ihn an. » Ich werde das Haus verkaufen.«
    » Ach«, sagte Gulliver, » aber ich mag das Haus…«
    Doch er verstummte, als ihm klarwurde, dass dies ein hervorragender Moment war, einfach den Mund zu halten. Als Aishe den Blick von ihnen abwandte und zur hinteren Wand des Restaurants starrte, erhaschte sie einen kurzen Blick auf Mos Gesicht. Ihre Miene deutete darauf hin, dass sie Aishe am liebsten umarmt hätte, es sich aber anders überlegte. Wäre ich jemand anderer, dachte Aishe, hätte sie wahrscheinlich nicht gezögert. Aber vielleicht ist für alle Welt offensichtlich, dass mir nur noch mein kleiner Schutzschild aus widerborstigem Stolz geblieben ist, und wenn ich auch den noch verlöre, würde ich vor ihren Augen wie ein geplatzter Luftballon zusammenschrumpeln.
    » Na dann!« Mo klatschte in die Hände.
    Zum Auflockern der Atmosphäre, dachte Aishe trocken, ist Mo genau die Richtige. Sie geht zwar nicht diplomatisch vor, aber dafür sehr wirkungsvoll.
    » Ich weiß nicht, wie es euch geht«, fuhr Mo fort, » aber mir wäre jetzt wirklich nach Nachtisch!«
    Mo kam erst nach Mitternacht nach Hause. Sie nahm an, dass Chad schon schlief, aber er wartete im Wohnzimmer auf sie. Sie spürte, wie ihr das Herz sank. O Gott, dachte sie. Was kommt jetzt noch?
    Sie warf sich auf einen Sessel und schloss kurz und resigniert die Augen. Dann schlug sie sie wieder auf und sagte: » Okay. Schieß los. Welche schlechte Nachricht hast du mir jetzt zu eröffnen?«
    » Warum hast du es mir nicht gesagt?«, fragte Chad.
    » Bitte kein Rätselraten«, erwiderte Mo. » Dazu fehlt mir die Kraft. Was genau meinst du?«
    » Das mit meinem Vater.«
    Langsam richtete Mo sich auf. » Das soll wohl ein Witz sein, oder?«
    Mit zusammengepressten Lippen und angespanntem Kiefer brachte Chad hervor: » Du hättest es mir sagen müssen.«
    Mo starrte ihn eine ganze Weile nur eindringlich an.
    » O Mann«, sagte sie schließlich. » Wenn ich nicht so fertig wäre, würde ich dich jetzt anschreien. Aber ich tu’s nicht. Ich bleibe ruhig. Ich werde es dir ganz ruhig sagen, jedes Wort einzeln. Los geht’s. Bist du bereit?«
    Sie wartete erst gar nicht auf seine Reaktion. » Okay. Du hast gesagt, ich sollte dich nur im Notfall anrufen. Du hast gesagt, nur, wenn es um Leben und Tod ginge. Ehrlich gesagt, hast du ziemlich viel Nachdruck darauf gelegt. Um Leben und Tod, hast du gesagt. Sonst nicht.
    Dein Vater stirbt aber nicht. Er plant vielleicht seinen Tod, aber so weit ist es noch nicht. Deine Mutter ist vielleicht krank vor Sorge, aber auch sie ist noch ziemlich munter. Das weiß ich, weil sie mich jeden Tag anruft. Tote telefonieren nicht, nicht mal in In meinem Himmel. Mich ruft sie an, weil sie dich nicht erreichen kann. Denn du hast dich standhaft geweigert, ihre Anrufe entgegenzunehmen, seit wir hierhergezogen sind. Ich hab’s dir nicht gesagt, weil du’s mir verboten hast. Weil’s nicht um Leben und Tod ging. Ist dir irgendetwas daran noch unklar?«
    » Ich bin seit Sonntag zurück«, sagte Chad. » Da hattest du genug Zeit, es zu erwähnen.«
    Mo wusste, dass er Recht hatte. Sie hatte es ihm bewusst verschwiegen, um ihm eine Lektion zu erteilen. Sie hatte es aus reiner Rachsucht getan, und saß deshalb nicht ganz so sicher auf ihrem hohen Ross.
    » Du warst auf der Arbeit«, entgegnete sie, weil sie Angriff für die beste Verteidigung hielt. » Außerdem hab ich erst heute Abend von der Sache mit dem Wikingerboot erfahren. Ich hatte gar nicht die Zeit, es dir zu verschweigen.«
    Chad wandte den Kopf zum Fernseher. Der Ton war ausgeschaltet, aber Mo erkannte sofort eine Wiederholung von Inspector Morse. Das ist die Folge, in der herauskommt, dass der moralisch ach so untadelige Vater junge Mädchen belästigt, dachte sie. Ich kenne das Ende. Ich weiß, was mit ihm passiert.
    » Sie bleibt bei

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