Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
die Achseln. » Schließlich kenne ich sie nicht. Naja, im Zweifel für den Angeklagten.« Sie presste die Lippen zusammen. » Schlimmer als die Dominas, die meine hörigen älteren Brüder geheiratet haben, kann sie nicht sein. Dumme, fette Kühe, die sich für respektabel halten. Die Sorte Frau, die dicke, beschränkte Kinder kriegen und sie als Wunderkinder hinstellen.«
Mo schnaubte. » Aber die wären mir noch lieber als die Frauen, von denen ich gerade umgeben bin. Anwesende ausgenommen.«
Aishe hob eine Augenbraue. » Wie sind die denn?«
Mo beschrieb ihr die Mütter aus ihrer Krabbelgruppe und, nach kurzem verlegenem Zögern, auch die Frauen von Chads Kollegen.
» MBM s«, beschied Aishe. » Magere, blonde Mütter. Marin County ist voll davon.«
» Ich glaube nicht, dass eine dieser Zombiebräute in Marin wohnt«, entgegnete Mo. » Ich hatte den Eindruck, Marin sei unter ihrer Würde.«
» Den Typ kenne ich«, sagte Aishe. » Wir haben in Marin ein paar wirklich reiche Leute, aber das sind Neureiche, und manche Menschen wollen auf keinen Fall als Parvenüs betrachtet werden. Die wohnen lieber in Seacliff, Pacific Heights und Nob Hill– wo die alteingesessenen Familien hocken, wenn du weißt, was ich meine. Amerikas Antwort auf den Adel.«
» Ich weiß genau, was du meinst«, sagte Mo impulsiv. » Genau die Art Familie, in die ich eingeheiratet habe.«
Aishes interessierter Blick versetzte sie in Alarmbereitschaft. Das Letzte, worüber Mo jetzt reden wollte, war ihre Ehe. Oder ihre Schwiegereltern. Oder irgendetwas, das auch nur entfernt damit zu tun hatte. Die Erinnerung an den restlichen Verlauf des Geschäftsessens, den nächsten Tag und die eineinhalb Wochen, die seitdem vergangen waren, war immer noch frisch, demütigend und schmerzlich. Wann immer Mo auch nur ansatzweise daran zurückdachte, stockt ihr der Atem. Die Erinnerung war wie ein schreckliches Monster mit vielen Tentakeln, das in einer Kiste gefangen war, und wenn sie nicht jedes Mal, sobald es auszubrechen drohte, den Deckel ganz fest zudrückte, würde es herauspringen und sie erwürgen.
Sie sah, dass Aishe eine Frage auf den Lippen lag, und fahndete verzweifelt nach etwas, womit sie sie ablenken konnte. Da flog die Eingangstür von Aishes winzigem Haus auf. Kindergeplapper und Fußgetrappel ließen Mo erleichtert aufatmen.
Gulliver kam, mit Harry an der Hand, an die Küchentür. Beim Anblick seiner Mutter verlor Harry seine Schüchternheit, fing an zu strahlen und rannte um den Tisch herum zu ihr hin. Mo half ihm, auf ihren Schoß zu klettern.
» Mommy-Mommy-weißt-du-was-ich-war-auf-der- Schaukel«, erklärte Harry außer sich vor Begeisterung.
Mo ließ ihn auf ihren Knien hüpfen. » Wirklich?« Sie schaute auf, um Gulliver in die nächste Frage mit einzubinden.
» Wie ist das denn gekommen?«
Gulliver zuckte die Achseln. » Ich hab ihm beigebracht, selbst zu schaukeln. So kann er so hoch schaukeln, wie er will.«
Mo war verblüfft. » Wow«, sagte sie mit aufrichtiger Bewunderung. » Schlaues Kerlchen!«
Sofort senkte Gulliver den Blick. Mo sah, dass ihm eine schwache Röte den Hals hinaufkroch.
» Tut mir leid«, sagte Mo. » Ich hätte dich nicht ›Kerlchen‹ nennen sollen.«
» Nenn ihn Kumpel!«, schlug Harry lauthals vor und krümmte sich vor Lachen.
» Hmhm«, sagte seine Mutter und setzte ihn auf den Boden. » Ich glaube, du hattest zu viele Süßigkeiten.«
Nun erschien noch jemand an der Küchentür: ein großer, sehr dünner und sehr blonder junger Mann, der zu Mos größter Überraschung und Beunruhigung Rosie auf dem Arm hatte.
» Scheiße!«, rief sie aus. » Ich dachte, sie würde im Kinderwagen schlafen. Wer sind Sie?«
» Benedict Hardy«, antwortete der junge Mann lächelnd. » Keine Panik. Ein Bekannter der Familie. Kein Serienmörder.«
Seine Stimme überraschte Mo ebenfalls. Englische Privatschule, schätzte sie. Was in aller Welt macht so jemand hier? Innerlich verdrehte sie die Augen. Was, dachte sie, macht irgendwer von uns hier?
» Ich habe diese wilde Bande auf dem Spielplatz gesehen und mich ihr angeschlossen«, erklärte der junge Mann. Er schüttelte Rosie leicht, woraufhin sie ein fröhliches Glucksen ausstieß. » Sie ist nicht besonders scharf auf ihren Kinderwagen, wie?«
Mo ging um den Tisch, um sie ihm abzunehmen. Doch als sie die Arme ausstreckte, verzog Rosie das Gesicht und stieß einen schrillen Protestschrei aus.
» Meine Güte«, sagte Aishe. » Die hat ja Lungen.«
Mo
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