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Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
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sie dankbar, dass Benedict bei ihrer Rückkehr nicht mehr im Hause sein würde. Er musste heute um Punkt fünf gehen, hatte er ihr gesagt. Wegen irgendeines Termins.
    Aishe hatte sich nichts dabei gedacht. Sie war darauf konzentriert gewesen, so schnell wie möglich aus dem Haus zu kommen, ohne den Eindruck zu erwecken, sie flüchte. Jetzt aber fragte sie sich, was hinter diesem ominösen Termin steckte. Ihr erster Impuls war, dass er eine andere hatte. Erschrocken stellte sie fest, dass ihr bei dieser Vorstellung ganz angst und bange wurde.
    Reiß dich zusammen, befahl sie sich energisch. Das liegt eher daran, dass du ihn als Sexsklave brauchst, als dass es dich wirklich beunruhigt. Und nicht, dass es eine Rolle spielt, aber mal ehrlich: Wie viele Frauen außer dir kennt er schon? Soweit ich weiß doch nur Mo!
    Gottverdammter Mist!
    Mo sah zu, wie Gulliver Harry beibrachte, mit den Gleisen seiner Eisenbahn eine Acht zu legen. Den Kreis schaffte Harry schon seit ein paar Monaten. Jetzt befand er sich in dem frustrierenden Stadium, in dem ihm das langweilig wurde, er aber nicht in der Lage war, etwas Interessanteres zu bauen. Mo hatte sich einige Male mit den besten Absichten zu ihm gesetzt, aber Harrys bedächtige, vorsichtige Herangehensweise und seine Unfähigkeit, rechts und links zu unterscheiden, machte sie fast wahnsinnig, sodass sie ihm irgendwann ungeduldig die Gleisstücke entrissen und die Bahn selbst gebaut hatte. Beim letzten Mal, als das war, hatte Mo gesehen, dass Harry sie ängstlich ansah, als fragte er sich, ob er sie irgendwie enttäuscht hatte. Dann aber hatte sein natürliches Bedürfnis, ihr zu gefallen, gesiegt, und er hatte ihr strahlend gedankt.
    Das hätte ich nicht tun dürfen, dachte Mo. Ich hätte es ihn selbst herausfinden lassen sollen, genau wie Gulliver jetzt. Sie sah, wie Harry konzentriert die Stirn runzelte, während er eine Kurve langsam erst in die eine und dann in die andere Richtung kippte, um zu sehen, wohin sie auf dem Boden führen würde. Als er sie dann hinlegte und sie in die richtige Richtung wies, lag in dem strahlenden Blick, den er Gulliver zuwarf, reinstes Entzücken. Gulliver lächelte aufrichtig erfreut zurück. Mit einem Mal kam sich Mo unzulänglich vor.
    » Wie hast du das geschafft?«, fragte sie Aishe.
    » Was denn?«
    » Einen so großartigen Jungen aufzuziehen. Lag’s an dir, oder hattest du Glück? Nicht bös gemeint.«
    Aishes Mundwinkel zuckten. » Was, wenn ich jetzt sage, dass es nur an mir lag?«
    » Dann müsste ich Harry wohl empfehlen, von zu Hause wegzulaufen«, erwiderte Mo düster. » Rosie wird schon klarkommen– sie ist genauso ein Miststück wie ich. Aber Harry– ich weiß nicht, ob es wirklich gut für ihn ist, wenn ich ihn aufziehe.«
    » Hat sein Vater denn keinen Einfluss?«
    » Nein! Er ist genau wie Harry!«, erklärte Mo. » Die beiden sind vollkommen unter meiner Kontrolle, das ist gefährlich. Ich bin wie eine dieser Schlangen, die kleine, flauschige Säugetiere hypnotisieren– ein Zischen, ein starrer Blick, und sie lassen sich willig zum Frühstück verspeisen! Zumindest«, korrigierte sie sich, » war Chad früher so.«
    Aishe wusste, dass der Umzug quer durchs Land die Ehe der Lawrences belastet hatte. Mo machte daraus kein Geheimnis. Tatsächlich hielt Aishe sie für die aufrichtigste Frau, die sie je kennengelernt hatte. Mo gab Dinge von sich, die selbst Aishe vorher einer kurzen Überprüfung unterzogen hätte. Aishe wusste, dass ihre eigene Unverblümtheit eine bewusste Strategie war, um Kontrolle zu gewinnen. Da ähnelte sie den Hunden im Tierheim, die einen Rivalen mit einem durchdringenden Knurren zur Unterwerfung zwingen konnten. Mo hingegen tat es nicht, um jemanden zu schockieren, dachte Aishe, sondern weil sie wusste, dass das Leben kurz war. Zu kurz für Beschönigungen und Umschweife, geschweige denn, sie sich zu eigen zu machen. Zu kurz, um nachtragend zu sein oder Geheimnisse zu hüten. Warum sein Hirn mit Müll und Staub vollstopfen wie einen alten Staubsaugerbeutel? Weg damit! Dann läuft alles viel besser!
    Nein, bis jetzt war sich Aishe vollkommen sicher gewesen, dass Mo immer unverblümt die Wahrheit sagte und alles aussprach, was ihr durch den Kopf ging. Aber der Gedanke, Benedict und sie könnten was miteinander haben, hatte sich in ihr Hirn geschlängelt wie ein Ohrwurm, den man zwar hasst, den man aber trotzdem immer wieder summen muss (und der sich unweigerlich als Sugar, Sugar von The Archies

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