Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
dieses Baby zu zeugen…«
» Es ist noch kein Baby«, widersprach Darrell störrisch.
» Ist es doch, zum Teufel!«, brüllte Mo. » Wenn es lebt, ist es ein Baby! Wie kannst du das Gegenteil behaupten?«
» Das Gesetz behauptet das Gegenteil! Bist du jetzt unter die Abtreibungsfaschisten gegangen, oder was?«
Das brachte Mo zum Schweigen. » Nein.« Sie zwang sich, ruhig zu werden. » Nein, bin ich nicht. Aber Darrell, bitte– tu nichts, was du später bereuen wirst. Und damit meine ich nicht nur das Baby. Hier steht doch viel mehr auf dem Spiel!«
» Du meinst meine Beziehung?«, fragte Darrell dumpf. » Anselo?«
» Nein! Ich meine dich! Deine seelische Gesundheit, verdammt noch mal! Deine Lebensqualität!«
» Du glaubst, ohne Kinder kann ich kein erfülltes Leben haben?«
Mo schnaubte entnervt. » Nein! Du willst mich nicht verstehen.«
» Ich glaube, du verstehst mich nicht«, sagte Darrell. » Du siehst alles immer nur von deinem Standpunkt aus. Wenn etwas nicht in deine Vorstellung von einem perfekten Leben passt, muss es gleich falsch sein. Ich will nicht das Gleiche vom Leben wie du. Früher vielleicht, als Tom noch lebte, war das anders, aber jetzt nicht mehr. Also ist es vielleicht das Beste, dich nicht mehr zu belästigen.«
Damit legte sie auf.
Mo lauschte auf das Freizeichen. Das monotone Tuten war seltsam tröstlich. Erinnerungsfetzen aus ihrer Freundschaft mit Darrell schossen ihr in den Sinn, flackernd und verwackelt wie ein alter Super-8-Film.
In der Highschool, ein wenig mollig und vollkommen uncool in ihren unvorteilhaften Schuluniformen. Jeder, der blaugrün für eine gute Blazerfarbe hielt, war entweder blind oder ein Sadist. Man sah darin aus wie unter Wasser. Oder auf dem Wasser– seekrank.
Die Highschool. Da waren Darrell und ich zum letzten Mal wirklich zusammen, dachte Mo. Danach habe ich in einer anderen Stadt studiert und bin später in ein anderes Land gezogen. Obwohl wir mehr Zeit getrennt als zusammen verbracht haben, ist es uns doch gelungen, befreundet zu bleiben.
Gut, in der sechsten Klasse hatten wir Krach, als Danny McArdle mit mir und nicht mit ihr zum Schulball gehen wollte. Ich wusste nicht mal, dass sie ihn mochte, aber Darrell hat auch immer sehr in ihrer eigenen Welt gelebt. Kein Wunder, dass sie Schriftstellerin geworden ist. Innerhalb einer Woche aber war alles vergeben und vergessen. Hauptsächlich deshalb, weil Danny sich als Riesenschwachkopf herausstellte, der meinte, die Sixtinische Kapelle wäre von einer Schildkröte gemalt worden, die ständig ›Kumpel‹ sagte.
Und letztes Jahr, dachte Mo, gab’s einen Streit ganz ähnlich wie eben grade. Zugegeben, ich war damals ziemlich eklig zu ihr und hab mich über sie lustig gemacht, weil sie sich von diesem arroganten Typen hinhalten ließ. Bevor der sich gebunden hätte, wäre Amerika eher Monarchie geworden! Sie hat mir zu Recht eins auf den Deckel gegeben, woraufhin ich sauer wurde und einfach auflegte. Aber dann hat sie zurückgerufen, um sich zu entschuldigen, und alles war wieder gut.
Also, was mach ich jetzt?, fragte sich Mo. Vielleicht erstmal diesen dämlichen Hörer auflegen.
» Ist alles in Ordnung?«
Benedict stand mit Rosie im Arm in der Küchentür. Mo fand, dass ihre Tochter außergewöhnlich selbstzufrieden aussah. Weil sie den Mann voll unter Kontrolle hatte. Während sie selbst offenbar überhaupt nichts mehr unter Kontrolle hatte.
» Ja«, sagte Mo. » Alles vollkommen in Ordnung.«
Connie hatte vorgeschlagen, sich am Union Square im Restaurant Rotunda in der obersten Etage des Neiman-Marcus-Kaufhauses zu treffen. Mo traf als Erste ein und betrachtete, während sie darauf wartete, ihren Tisch zugewiesen zu bekommen, die spektakuläre Kuppel aus blauem und goldenem Glas. Als würde man in einer Kirche essen, dachte sie. Ist das vielleicht ein Zeichen? Dass ich Buße tun soll?
» Es tut mir ja so leid, dass ich zu spät komme«, sagte hinter ihr jemand ganz außer Atem. » Warten Sie schon lange?«
Connie war eingetroffen, mit einer Birkin-Tasche und in einem beigefarbenen Etuikleid, das zwar ziemlich modisch wirkte, aber nichts von ihrer Figur preisgab. Ihre wahnsinnig dünnen Beine waren zwar zu sehen, steckten aber in einer hautfarbenen, blickdichten Strumpfhose, die auch Mos Mutter so gerne trug. Mrs. Horton wäre nämlich lieber an einem Hitzestau gestorben, als ohne Strumpfhose aus dem Haus zu gehen. Offenbar war Mrs. Phil aus ähnlichem, wenn auch beträchtlich dünnerem
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