Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
Angestellten von Chads Unternehmen aus der Zweigstelle von Charlotte zu tun gehabt. Sie waren intelligent, ehrgeizig und rücksichtslos gewesen. Ihr einziger Antrieb war Profit. Menschen waren austauschbar. Obwohl die Zweigstelle in San Francisco viel kleiner war, ging Mo davon aus, dass die Unternehmenskultur sich nicht geändert hatte. Vielleicht ging es noch härter zu– trotz der Geldströme, die um Silicon Valley flossen, war die Stadt keines der großen Finanzzentren und wurde von den hohen Tieren fast als Außenposten in der Provinz betrachtet. Jetzt kam es Mo in den Sinn, dass Chads Team vielleicht besonders hart arbeiten musste, um sich zu bewähren. Auch wenn alle wussten, dass nicht Bemühungen zählten, sondern nur Ergebnisse.
Aber ich hab ihn nie danach gefragt, dachte Mo. Ich habe ihn überhaupt nie nach seiner Arbeit gefragt; nur über seine ständige Abwesenheit gemeckert. Wenn ich Interesse gezeigt hätte, wäre ich dann jetzt in derselben Lage? Doch wahrscheinlich ist es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen. Ich hatte meine Chance und habe sie nicht gesehen, geschweige denn genutzt. Und daran bin bin ich ganz allein schuld, ich mit meinem Egoismus.
Der Gedanke, dass Connie ihr vielleicht einige Einblicke in Chads Leben geben könnte, brachte Mo dazu, das Treffen doch nicht abzusagen. Wahrscheinlich hat sie auch keine Ahnung, dachte sie dann. Frauen wie sie möchten nicht wirklich wissen, woher das ganze Geld kommt. Sie interessiert nur, ob ihre Kreditkarte gedeckt ist. Sollte Phil tatsächlich mit ihr über seine Arbeit sprechen, wäre doch alles durch den Filter seines Egos verzerrt. Selbst wenn alle bis hinunter zur Kantinenangestellten auf ihm herumtrampelten, würde Phil es nicht erzählen. Connie wird nur zu hören bekommen, dass ihr fetter Phil die ganz große Nummer ist.
Doch Mos Verlangen, mehr darüber zu erfahren, wie Chad bei der Arbeit war, um zumindest ein paar Zentimeter der klaffenden Schlucht zu verringern, die sich zwischen ihnen aufgetan hatte, ließ sie das Risiko eingehen. Wenn Connie nichts wusste, würde ihr Lunch wegen mangelnder gemeinsamer Interessen eben einfach nur ein sehr kurzer.
Gerade als Mo das Telefon wieder auf die Station legen wollte, klingelte es. Mo verdrehte die Augen und nahm ab.
» Virginia?«
» Nein, ich bin’s.«
Sofort war Mo alarmiert. Darrell hatte eindeutig geweint, und Mo konnte sich gut vorstellen, warum. Ein leises Schuldgefühl meldete sich, das sie jedoch schnell verdrängte. Schließlich hatte sie Anselo nichts verraten! Im Gegenteil, sie hatte ihn auf eine ganz andere Fährte gesetzt. Wenn er am Ende doch zufällig über die Wahrheit gestolpert sein sollte, war das nicht ihre Schuld.
» Hi.« Mo bemühte sich, nicht durchklingen zu lassen, dass sie auf der Hut war. » Was gibt’s?«
» Er weiß Bescheid«, sagte Darrell. » Er weiß, dass ich schwanger bin.«
Überrascht merkte Mo, dass ihre erste Reaktion Ungeduld war. Menschenskind, schalt sie sich. Darrell ist deine beste Freundin. Die letzten Monate hat sie sich geduldig all deinen Scheiß angehört, und jetzt, wo sie selbst in der Scheiße sitzt, bringst du nicht mal ein Minimum an Toleranz auf! Du findest, eine Schwangerschaft sei doch nichts Besonderes? Für sie schon, also halt die Klappe und sei nett!
» Aha. Ich gehe mal davon aus, dass du es ihm nicht gesagt hast. Hat er’s erraten?«
» Ja! Und ich weiß nicht, wie er dahintergekommen ist! Man sieht noch gar nichts! Und mir wird morgens auch nicht übel!«
» Warum hast du es dann nicht einfach abgestritten?«
Mit tränenerstickter Stimme sagte Darrell: » Ich hab’s einfach nicht fertiggebracht! Er hat mich kalt erwischt, und weil ich so eine miserable Lügnerin bin, hab ich’s gar nicht erst versucht! Es war schrecklich«, fuhr sie fort, » wirklich einfach schrecklich.«
» War er wütend?«
» Nein«, erwiderte Darrell. » Verletzt. Zutiefst verletzt.«
Aus gutem Grund, dachte Mo unbarmherzig. Was hast du dir auch dabei gedacht, es vor ihm geheim zu halten?
» Und, jetzt?«, fragte sie. » Was willst du tun?«
Darrell zögerte kurz, bevor sie bekannte: » Ich hab ihm gesagt, ich wäre mir immer noch nicht sicher.«
» Was?«, fragte Mo entsetzt. » Hast du ihm ernsthaft erzählt, du würdest sein Kind vielleicht doch noch abtreiben? Hast du den Verstand verloren?«
» Das ist meine Entscheidung«, sagte Darrell mit erhobener Stimme.
» Ist es nicht, verdammt noch mal! Es gehörten zwei dazu,
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