Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence
innehielten.
» Ich hab solche Angst«, sagte sie. » Ich habe schreckliche Angst, dich zu verlieren.«
Chad stieß einen unverständlichen Laut aus, kam zu ihr und kniete sich neben sie. Er barg ihr Gesicht in seiner Hand und fuhr ihr mit dem Daumen sanft über die feuchte Wange.
» Mo, ich liebe dich. Ich war in letzter Zeit kein besonders guter Ehemann und hoffe, das wiedergutmachen zu können. Und ich werde auch nicht allzu lange weg sein…«
» Wie lang?« Mo hatte die Frage hinausgezögert und wappnete sich jetzt innerlich.
Chad zuckte die Achseln. » Einen Monat?«
Sie hatte mit Schlimmerem gerechnet. Trotzdem… » Einen ganzen Monat?«
» Das ist doch nicht lange! Der wird ruckzuck rum sein. Stell dir mal vor, ich wäre Soldat! Dann würdest du mich den Großteil des Jahres gar nicht sehen!«
Mo kniff die Augen zusammen. » Du bist aber kein Soldat. Obwohl ich dich jetzt wie Al Qaida im Visier habe und mit einer Massenvernichtungswaffe auf dich ziele.«
Chad lächelte matt und küsste sie kurz auf den Mund. Es fühlte sich seltsam an, fremd, als wären sie bereits seit Jahren getrennt.
» Reicht die Zeit denn?«, fragte sie. » Ich meine, was ist, wenn du zurückkommst und nur halb weißt, wer du bist? Muss ich das alles dann noch mal durchmachen?«
» Nein.« Entschieden schüttelte Chad den Kopf. » Was immer ich in dieser Zeit herausfinde, muss reichen. Ich werde mich damit zufriedengeben. Versprochen.«
» Und wirst du glücklich mit mir sein?«
» Du bist das Beste in meinem Leben«, sagte Chad. » Ich werde immer glücklich mit dir sein.«
Aber das beruhigte Mo keineswegs. Sie kam sich vor, als würde sie eine Geröllhalde hinunterrutschen, und alles, was sie liebte, bliebe oben und geriete immer mehr außer Reichweite.
Was soll ich tun?, fragte sie sich. Soll ich dagegen kämpfen, damit hadern, ihn zum Bleiben zwingen? Oder soll ich das werden, was ich eigentlich nur spielen wollte– eine gute Ehefrau? Eine tolerante, großzüge Frau, die die Bedürfnisse ihres Mannes an erste Stelle setzt?
Wenn ich kämpfe, dachte sie, werde ich ihn mit größter Sicherheit verlieren. Wie bei dem albernen Scheißposter mit dem Vogel: » Wenn du etwas liebst, lass es frei. Ist es dein, kommt es zurück. Kommt es nicht, hat es dir nie gehört.«
Verdammt, dachte Mo. Die Entscheidung für das geringste Risiko ist auch keine Garantie.
Und zum ersten Mal erkannte Mo, was das für sie bedeutete. Chad mochte sich fragen, wer er war, doch vielleicht war er mit seiner Andeutung, ihre Methode sei besser, zu voreilig gewesen. Gut, sie wusste tatsächlich sehr genau, was sie wollte und was nicht: Das stimmte schon. Das Problem war nur, dass sie ihr ganzes Leben um das herumgebaut hatte, was sie wollte– nämlich seine Frau und die Mutter seiner Kinder zu sein. Glücklich und zufrieden bis ans Ende ihrer Tage mit ihm zusammen zu sein.
Es hatte ihr nicht das Geringste bedeutet, ihre Karriere aufzugeben, denn die hatte sie nicht mehr gewollt. Es war ihre Entscheidung gewesen, sie aufzugeben.
Aber Chad zu verlieren– ihn ziehen lassen zu müssen– war nicht ihre Entscheidung. Und ohne ihn wäre ihr Leben nicht mehr klar und eindeutig.
Wenn sie nicht länger Chads Frau sein konnte, hatte Mo keine Ahnung, wer sie dann sein würde.
16
Am nächsten Morgen griff Mo zum Telefon, um ihre Verabredung mit Connie abzusagen. Chad würde ihr keinen Vorwurf machen. Er hatte keine Ahnung, dass ihr eigentliches Motiv, Connie zu treffen, alles andere war, als sich zu entschuldigen. In Anbetracht dessen, was er ihr gerade gestanden hatte, würde er sie wohl kaum schief ansehen, wenn sie sagte, sie hätte es verschoben. Großartig! So blieb ihr eine qualvolle Stunde mit einer säuregepeelten, Mineralwasser nippenden Salatpickerin erspart!
Aber als sie den Hörer in der Hand hielt und die Nummer eingab, überlegte sie es sich anders. Mo konnte Chads Jobbeschreibung auswendig herbeten. Sie wusste, wo seine Arbeitsstelle war, wie viele Leute für die Firma arbeiteten und welchen Ruf sie hatte. Aber sie hatte nicht die geringste Ahnung, wie sein Job für ihn war. Keine Ahnung, wie er mit seinen Kollegen und seinen Vorgesetzten klarkam. Keine Ahnung, was für ihn auf dem Spiel stand, welche Herausforderungen er meistern musste und wie er das fand. Mo wurde bewusst, dass sie nicht im Geringsten wusste, wie genau sein täglicher Arbeitsalltag aussah.
In ihrer Zeit als Firmenanwältin hatte sie einige Male mit leitenden
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