Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence

Titel: Das nicht ganz perfekte Leben der Mrs. Lawrence Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Robertson
Vom Netzwerk:
Job gehabt hättest, durch den du es hättest kaufen können. Deshalb bin ich immer davon ausgegangen, dass Frank dir was hinterlassen hat.«
    Also hat er darüber nachgedacht, schlussfolgerte Aishe. Oder– und diese Vorstellung machte sie rasend– er hat mit Benedict darüber geredet.
    » Bist du da von selbst draufgekommen?«
    » Wie meinst du das?«
    Sie konnte ihn einfach nicht direkt fragen. » Hast du mit jemandem darüber gesprochen?«
    Gulliver starrte sie an. » Mit wem denn?« Dann begriff er und sagte: » Nein.«
    Aishe holte eine Banane und begann sie beiläufig zu schälen. » Worüber redet ihr denn dann?«
    » Ach, du weißt schon.« Gulliver starrte zum gegenüberliegenden Ufer des Sees, wo über den Baumwipfeln langsam ein Falke kreiste, in der Hoffnung, ein unvorsichtiges kleines Säugetier würde sich zeigen. » Kram halt.«
    Der Tag war sonnig und klar, aber Aishe fühlte sich, als schwebte wie im Comic eine drohende Sturmwolke über ihrem Kopf. Sie spürte Wut in sich aufsteigen, wusste aber, dass es unfair war, sie an Gulliver auszulassen. Also biss sie so heftig in die Banane, dass jedes zusehende männliche Wesen wohl scharf Luft geholt hätte.
    » Was für Kram?«
    Wegen der Banane war sie schlecht zu verstehen, aber Gulliver hörte die Botschaft wohl. Bei einer Mutter wie Aishe, deren Stimmung so schnell wechseln konnte wie die Popularität eines Politikers, hatte Gulliver gelernt, als stiller Beobachter im Hintergrund zu bleiben. Eine nützliche Fähigkeit, damit man ein brodelndes Fass erkennen und sich verkrümeln konnte, bevor es überlief. Er hatte von Anfang an mitbekommen, wie seine Mutter auf Benedict reagierte, und weil er seinen Lehrer sehr mochte, behielt er die Dynamik zwischen ihnen im Auge, um vorbereitet zu sein, wenn etwas Ernsteres oder gar Endgültiges daraus entstand.
    Im Laufe der Zeit war Gulliver jedoch ein anderer Ton aufgefallen, eine leise Basslinie unter dem oberflächlichen Refrain ihrer Feindseligkeit. Daraufhin hatte er seine Observierung verschärft– irgendwas lud die Atmosphäre zwischen seiner Mutter und Benedict auf, und sein Instinkt riet ihm, dass es klug war dahinterzukommen, was es war. Wenn Aishe also mehr als eine Frage über Benedict stellte, war er augenblicklich in Alarmbereitschaft. Sein Instinkt riet ihm jedoch auch, sich das nicht anmerken zu lassen.
    » Musik und so«, sagte er achselzuckend. » Internetkram. So was.«
    » Spricht er auch von sich?«
    Hallo, hallo, dachte Gulliver. Jetzt wird’s ja wirklich interessant.
    » Nö, eigentlich nicht.« Er holte eine Flasche Wasser aus dem Beutel und trank einen Schluck. » Manchmal erzählt er mir ein bisschen von seiner Schule.«
    » Eton, richtig?«
    Gulliver runzelte die Stirn. » Nein, nicht Eton. Welche gibt’s noch?«
    » Herrgott, ich bin doch keine Expertin für englische Internate! Ich weiß nicht: Harrow?«
    » Nein. Ich glaube, sie fing mit ›W ‹ an.«
    » Na ja, was soll’s.« Aishe stopfte die Bananenschale in den Beutel zurück. » Ist mir ohnehin völlig egal.«
    » Aber es klang echt gut«, sagte Gulliver. » Ganz anders als die Schulen hier.«
    » Weil die Schulen hier keine Brutstätten für Perverse und Päderasten sind!«, bemerkte Aishe bissig.
    » Was ist ein Päderast?«
    » Wieso fragst du nicht Benedict? Offenbar weiß er doch alles!«
    Wieder einmal hörte Gulliver diesen seltsamen Unterton. Was war es nur? Schüchterte Benedict sie vielleicht ein? Gulliver wusste, dass seine Mutter ein Problem mit ihrer mangelnden Schulbildung hatte. Oder war es was anderes? Etwas ganz anderes?
    Gulliver beschloss, ein großes Risiko einzugehen. » Okay, ich frag ihn, wenn er zur Musikschule kommt. Und falls er es nicht weiß, frage ich Izzy. Die hat in England gelebt.«
    Aishe, die gerade den Deckel ihrer eigenen Wasserflasche schraubte, hielt inne. » Izzy?«
    » Auch eine Nanny. Bei einer Freundin von Harrys Mum oder so.« Guter Gott, dachte Aishe, ich bekäme mehr handfeste Informationen, wenn ich mit dem Falken da drüben telepathisch kommunizieren würde! Aber Gulliver sah sie schon leicht misstrauisch von der Seite an, und Aishe merkte, dass sie es mit ihren Fragen übertrieb. Es ist nicht sein Fehler, dass er vierzehn ist und keinen zusammenhängenden Satz rausbringt, ermahnte sie sich.
    Aber Izzy? Wer zum Teufel war Izzy? Und was verdammt noch mal hatte sie mit Benedict zu tun? Und auch noch in der Musikschule ihres eigenen Sohnes. Sie war noch nie von Benedict gebeten

Weitere Kostenlose Bücher