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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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sich über die Nachricht, und ihr Hofstaat kleidete sich mit dem nötigen Anstand. Es war angesagt worden, wer mit ihm kommen würde, und nun wurde das Gestühl für die Krönung aufgerichtet. Die Männer König Sigemunts ritten den Helden entgegen, und auch Sigelint mit ihrem Gefolge zog Kriemhilt eine Tagesreise weit entgegen bis dahin, wo die Ankömmlinge schon zu sehen waren. Die Reise war beschwerlich für jedermann, aber dann kamen sie zu einer großen Stadt; das war Xanten, wo Sîfrit von nun an die Krone trug. Mit lachendem Munde begrüßten Sigelint und Sigemunt Kriemhilt und Sîfrit und küßten sie immer wieder; das Gefolge wurde herzlich willkommen geheißen. Man führte die Fremden vor den Palast und hob dort die Frauen aus dem Sattel. Viele Männer waren da, die den Frauen ritterliche Aufmerksamkeit erwiesen. Wie großartig der Ruf des Wormser Hochzeitsfestes auch war, hier wurden doch noch bessere Kleider, als sie je getragen hatten, an die Gäste verschenkt. Sie lebten in höchstem Ansehen und verfügten über alles, was sie wollten. Die Gewänder des Gesindes waren in den Ecken verziert mit Perlen und Edelsteinen, die mit Golddraht eingewirkt waren: So sorgte Sigelint für sie.
    Sigemunt rief seine Freunde zusammen und gab ihnen bekannt, daß Sîfrit seine Krone tragen solle. Diese Neuigkeit wurde freudig aufgenommen in den Niederlanden. Er übergab Sîfrit die Krone, die Gerichtsbarkeit und alles Land. So wurde Sîfrit Herrscher über jeden, und er war bei allen gefürchtet, die vor seinem Gericht standen. In hohem Ansehen lebte und herrschte er zehn Jahre, bis Kriemhilt einen Sohn bekam. So war der Wunsch ihrer Verwandten glücklich erfüllt. Man taufte ihn und gab ihm den Namen Gunther, nach seinem Oheim, dessen er sich nicht zu schämen brauchte. Es mußte ihm wohl anstehen, wenn er wie seine Verwandten wurde. Man zog ihn sorgfältig auf, wie es einem Königssohn zukam.
    Damals starb auch die Königin Sigelint, und der Kummer über ihren Tod war groß. Nun hatte Kriemhilt die Herrschaft über alle Länder, so wie es stolzen Frauen wohl ansteht.
    Am Rhein hatte Prünhilt auch einen Sohn zur Welt gebracht, der wurde Sîfrit genannt. Wie aufmerksam er behütet wurde! Gunther verschaffte ihm Erzieher, die einen tapferen Mann aus ihm machen konnten. Und was sollte ihm das Unglück seiner Verwandten am Ende einbringen! Zunächst aber lebten sie lange Zeit ehrenvoll mit Gunther, wie in seinem Reich Sîfrit, dem die Nibelungen und die Schilbungen mit ihrem ganzen Besitz untertan waren. Damit besaß er den reichsten Schatz, den je ein Held erobert hatte. Mit Recht fürchtete man seine Macht.

12 . WIE GUNTHER SÎFRIT ZUM HOFGELAGE LUD
    Unablässig ging Prünhilt im Kopf herum, warum Kriemhilt den Kopf so hoch trage. Sîfrit ist uns doch dienstpflichtig, und er hat uns seit so langer Zeit vernachlässigt. Sie war verdrossen, weil Sîfrit sich nicht blicken ließ und den Burgunden keine Lehensdienste leistete, und sie hätte gern die Gründe herausgefunden. Aber sie verschwieg ihre Gedanken. Sie wandte sich an Gunther und fragte ihn, ob sie wohl Kriemhilt noch einmal zu sehen bekommen werde; sie gestand ihm vertraulich, was sie im Sinn hatte. Das war Gunther sehr unangenehm. »Wie können wir sie nach Burgund holen? Das ist nicht gut möglich. Sie wohnen zu weit entfernt, und ich kann es ihnen nicht befehlen«, sagte er. Vorsichtig antwortete Prünhilt: »Und wenn der Untertan eines Königs noch so mächtig wäre, er müßte doch gehorchen.« Gunther mußte lächeln. Er konnte es nicht als Dienstbarkeit ansehen, sooft er Sîfrit auch um sich gehabt hatte. »Um meinetwillen richte es doch ein, daß Sîfrit und deine Schwester einmal nach Burgund kommen. Ich möchte sie so gerne wiedersehen. Ich freue mich immer, wenn ich an Kriemhilts Anstand und Vornehmheit denke und daran, wie wir bei unserer Hochzeit zusammensaßen. Es ehrt sie, daß sie Sîfrits Frau ist.« Sie lag ihm so lange in den Ohren, bis der König sagte, er könne sich liebere Gäste nicht denken, darum habe sie leicht bitten. Er wolle Boten schicken und sie einladen. »Wann wollt Ihr sie schicken, und zu welcher Zeit sollen unsere Freunde kommen?« fragte Prünhilt. »Und sagt mir auch, wer die Boten sein sollen.« Gunther wählte dreißig von seinen Männern aus und ließ sie vor sich kommen und sagte zu ihnen: »Ihr sollt Sîfrit und meinerSchwester ausrichten – und vergeßt nichts, was ich euch auftrage –, daß ich ihnen so wohlgesinnt

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