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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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und beklagte die Reise nach Burgund. »Wer hat mich meines Sohnes und Euch Eures Mannes so heimtückisch beraubt, im Schutz so guter Freunde?« – »Ja, wenn ich den finde«, sagte Kriemhilt, »will ich ihm so Bitteres antun, daß alle seine Freunde meinetwegen weinen müssen.« Sigemunt umarmte den Toten. Da stieg der Jammer seiner Freunde so sehr, daß die Wehklage durch den Palast und die ganze Stadt Worms schallte. Niemand vermochte Sîfrits Frau zu beruhigen. Man entkleidete den Leichnam und wusch ihn und bahrte ihn auf. Die Nibelungensagten: »Wir wollen ihn mit Freuden rächen. Der es getan hat, muß in dieser Burg sein.« Sie eilten zu ihren Waffen. Elfhundert erlesene Kämpfer kamen mit ihren Schilden daher unter der Führung von Sigemunt, der den Tod seines Sohnes gern gerächt hätte. Sie wußten niemand, den sie angreifen sollten, außer Gunther und seinen Gefolgsleuten, die mit auf die Jagd geritten waren. Kriemhilt sah sie gewaffnet, das machte sie unruhig. So entsetzlich ihr Unglück und ihre Not war, war sie doch sehr besorgt, die Nibelungen könnten getötet werden, wenn sie den Kampf mit den Burgunden aufnahmen, so daß sie sie zurückzuhalten versuchte. Sie sagte zu Sigemunt: »Ihr wißt hier nicht genug Bescheid: Gunthers Übermacht ist so groß, daß ihr alle untergeht.« Aber sie hatten die Helme festgebunden, und es drängte sie zum Kampf. Die Königin bat und befahl, sie sollten den Streit vermeiden. Daß sie nicht davon abstehen wollten, schuf ihr neues Ungemach »Herr Sigemunt«, sagte sie, »laßt es sein, bis sich eine bessere Gelegenheit bietet. Dann will ich meinen Mann jederzeit mit Euch rächen. Wenn ich Beweise dafür habe, wer ihn mir genommen hat, will ich ihm Verderben bereiten. Es ist viel Hoffart am Rhein, deswegen rate ich Euch vom Kampf ab. Sie haben gegen einen von Euch wohl dreißig Männer. Gott belohne sie so, wie sie es um uns verdient haben. Ihr sollt hier bleiben und mir das Leid tragen helfen. Wenn es zu tagen beginnt, wollen wir ihn einsargen.« Die Ritter erklärten sich einverstanden.
    Es ist unmöglich, das unglaubliche Klagen der Ritter und Frauen genügend zu beschreiben. Die Wehklage wurde in der Stadt vernommen, und ihre Bewohner fanden sich ein. Sie waren tief betroffen. Niemand konnte ihnen sagen, was Sîfrit verschuldet hatte, daß er ums Leben gekommen war. Die Frauen aus der Stadt weinten mit den Damen.
    Schmiede bekamen den Auftrag, aus Gold und Silber einen Sarg anzufertigen, der sollte fest mit gutem Stahl beschlagen werden. Allen Leuten war traurig zumute. Die Nacht war vorüber, der Tag brach an. Kriemhilt ließ Sîfrit zum Münster tragen. Seine Freunde folgten ihm weinend. Die Glocken läuteten vom Turm, und allenthalben war der Gesang der Geistlichen zu hören.
    Da kamen Hagen und Gunther mit ihren Männern zu den Trauernden. »Liebste Schwester«, sagte Gunther. »Weh über dein Unglück, daß wir davon nicht verschont bleiben konnten. Wir müssen immer um ihn trauern.« – »Dazu habt Ihr keine Ursache«, antwortete Kriemhilt. »Wenn es Euch betrübte, wäre es nie geschehen. Ihr habt an mich nicht gedacht, das kann ich wohl sagen, seit ich von meinem Mann getrennt wurde. Wollte Gott, es wäre mir selbst zugestoßen.«
    Sie leugneten hartnäckig. Kriemhilt sagte: »Wer unschuldig ist, soll es erweisen und vor allen Leuten an die Bahre treten. Da werden wir bald die Wahrheit sehen.« Das ist ein großes Wunder, das auch heute noch vorkommt: wenn der Mörder vor den Toten tritt, so fangen dessen Wunden an zu bluten. So war es auch hier, und Hagens Schuld wurde offenbar. Das Blut floß wieder so stark wie vorher. Das Wehklagen ringsum nahm zu. Da sagte König Gunther: »Ich will es Euch sagen. Räuber haben ihn erschlagen. Hagen hat es nicht getan.« – »Die Räuber sind mir wohlbekannt«, entgegnete Kriemhilt. »Gott möge seine Freunde noch Rache dafür nehmen lassen. Ja, Gunther und Hagen, Ihr habt es getan.« Die Männer Sîfrits ergriff wieder Kampflust, aber Kriemhilt hielt sie zurück. Ihre Brüder Gêrnôt und Gîselher kamen zu dem Toten und beklagten ihn aufrichtig mit den anderen. Sie sagten: »Schwester, finde dich doch mit dem Verlust ab, da es nun einmal sein muß. Wirwollen dich dafür entschädigen, solange wir leben.« Aber niemand in der Welt konnte sie trösten. Das Volk strömte zur Messe in die Kirche. Sogar die ihn leicht entbehren konnten, weinten später seinetwegen.
    Um die Mittagszeit war der Sarg fertig. Die Leiche

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