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Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
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entgegnete: »Über Leben und Besitz verfügt sie selbst. Wie soll ich einschreiten gegen ihr Tun? Ich habe mir ihre Freundschaft mühsam zurückerworben. Kümmern wir uns nicht darum, was sie mit ihrem Gold und Silber tut.« Hagen sagte: »Ein umsichtiger Mann sollte keiner Frau den Schatz anvertrauen. Mit ihren Geschenken bringt sie es noch so weit, daß es uns leid tun wird.« Gunther antwortete: »Ich habe ihr geschworen, daß ich ihr kein Leid mehr zufügen werde, das will ich in Zukunft halten: Sie ist doch meineSchwester.« Aber Hagen sagte: »Laßt mich den Schuldigen sein.« Sie wahrten ihre Eide schlecht. So stahlen sie der Witwe den riesigen Besitz. Hagen bemächtigte sich aller Schlüssel. Gêrnôt geriet in Zorn, als er davon erfuhr. Gîselher sagte: »Hagen hat meiner Schwester viel Leid angetan, ich müßte hier einschreiten. Wäre er nicht verwandt mit mir, würde ich ihn umbringen.« Sîfrits Frau weinte von neuem. Da sagte Gêrnôt: »Statt daß wir immerzu unsere Mühe mit dem Golde haben, sollten wir lieber alles im Rhein versenken lassen, daß es niemals eines Menschen Eigentum wird.« Kriemhilt suchte ihren Bruder Gîselher mit ihren Klagen auf. »Lieber Bruder, du sollst für mich sorgen. Du sollst mein Leben und mein Gut beschützen.« Er sagte ihr: »Wir wollen es vereinbaren, wenn ich wiederkomme. Wir beabsichtigen auszureiten.«
    Der König und seine nächsten Verwandten verließen Burgund. Niemand als Hagen blieb absichtsvoll zurück mit seinem Haß gegen Kriemhilt. Ehe der König zurückkam, hatte Hagen den Schatz genommen und ihn bei Lochheim in den Rhein versenkt. Er hoffte davon Nutzen zu haben, aber es sollte nicht dazu kommen.
    Die Fürsten kehrten zurück mit ihren Männern. Kriemhilt begann ihnen ihren großen Verlust zu klagen. Es tat ihnen leid. Gîselher hätte ihr gern die Treue gehalten. Sie sagten einmütig, Hagen habe unrecht getan, und er ließ sich so lange nicht bei Hofe sehen, bis er ihre Gnade wiedergewann. Sie ließen ihn ungestraft, und Kriemhilts Haß auf ihn konnte nun nicht mehr wachsen. Ehe Hagen den Schatz beiseite brachte, hatten sie unter schweren Eiden abgemacht, daß er versteckt bleiben solle, solange einer von ihnen lebte. Und dann hatten doch weder sie noch jemand anders Gewinn davon.
    Kriemhilts Herz war schwer von neuem Unglück, erstwar es das Ende ihres Mannes, nun noch der Raub ihres Besitzes. Bis zu ihrem Tode hörte sie nicht mehr auf zu klagen. Wahrlich, nach Sîfrits Tode lebte sie noch dreizehn Jahre im Kummer und konnte ihn nicht vergessen. Sie war ihm treu: das sagt jedermann.

20 . WIE KÖNIG ETZEL IN BURGUND UM KRIEMHILT WARB
    Einst, als Königin Helche gestorben war und König Etzel um eine andere Frau werben wollte, rieten ihm seine Verwandten zu einer stolzen Witwe in Burgund, die hieß Kriemhilt. Da die schöne Helche nun einmal tot war, sagten sie: »Wenn Ihr je eine edle Frau gewinnen wollt, die beste und vornehmste, so nehmt jene: Der starke Sîfrit war ihr Mann.« Da erwiderte der König: »Wie kann das möglich sein? Ich bin ein Heide und nicht getauft, die Frau ist aber eine Christin, und deswegen wird sie nicht einwilligen. Das müßte schon ein Wunder sein.« Sie aber meinten: »Vielleicht tut sie es um Eures großen Namens und Eures Besitzes willen? Man sollte es doch bei ihr versuchen. Ihr werdet Eure Freude an so einer Ehefrau haben.« Da fragte der König, wem denn Land und Leute am Rhein vertraut seien. Rüedegêr von Pöchlarn sagte: »Ich habe die Königin von Kindheit an gekannt, und auch Gunther und Gêrnôt, der dritte heißt Gîselher. Jeder von ihnen tut, was Ehre und Ritterlichkeit verlangen, wie schon ihre Vorfahren stets gehandelt haben.« Da bat Etzel, er möge ihm sagen, ob sie in seinem Land die Krone tragen könne. Wenn sie so schön sei, wie er gehört habe, solle es keinem zum Schaden ausschlagen. »Ihre Schönheit kann man wohl mit Helches vergleichen. Es gibt in der Welt keine schönere Königin. Derkann sich glücklich nennen, dem sie die Ehe verspricht.« Etzel sagte: »So wirb für mich, Rüedegêr, so wahr ich dir lieb bin. Und wenn ich je neben ihr liegen kann, so will ich es dir lohnen nach meinem besten Vermögen, dann bist du mir sehr zu Gefallen gewesen. Man soll dir aus meinen Kammern so viel geben, daß du mit deinen Begleitern reichlich auskommen kannst. Alles, was du an Pferden und Kleidern verlangst, lasse ich dir für die Gesandtschaft vorbereiten.« Aber der reiche Markgraf antwortete, es sei

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