Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Niebelungenlied

Das Niebelungenlied

Titel: Das Niebelungenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bierwisch
Vom Netzwerk:
tausendundsechzig Ritter und neuntausend Knechte. Die sie daheim zurückließen, beweinten es später. Der alte Bischof von Speyer sagte zu Uote: »Unsere Freunde wollen zu dem Fest aufbrechen, Gott möge ihre Ehre dort bewahren.« Da sagte Uote zu ihren Söhnen: »Ihr solltet hierbleiben, edle Ritter. Ich habe heute nacht mit einer großen Angst geträumt, daß alle Vögel im Land tot wären.«
    »Wer sich an Träume kehrt«, sagte Hagen, »der weiß nicht, wie er sich ehrenhaft verhalten soll. Mir liegt daran, daß meine Herren von den Frauen Abschied nehmen. Wir wollen gern in Etzels Land reiten, gute Ritter sollen den Königen dienen, wenn wir Kriemhilts Fest erleben.« Hagen drängte jetzt zu der Fahrt, doch es tat ihm später leid. Er hätte abgeraten, wenn nicht Gêrnôt ihn mit kränkendem Spott an Sîfrit erinnert und gesagt hätte: »Deswegen will Hagen das Abenteuer nicht unternehmen.« Da hatte Hagen geantwortet: »Nicht weil ich Furcht habe. Wenn Ihr es befehlt, so laßt anfangen. Ich reite gern mit Euch in Etzels Land.« Dort sollte er manchen Schild und Helm zerschlagen.
    Die Schiffe waren vorbereitet. Die Kleider wurdenhinaufgetragen, viele Männer waren geschäftig bis zum Abend. Dann brachen sie fröhlich auf. Am anderen Rheinufer wurden Zelte ausgespannt über dem Gras, und als sie fertig waren, bat der König seine schöne Frau, sie möge noch bei ihm bleiben; sie liebten sich noch einmal in der Nacht. Am anderen Morgen bliesen Posaunen und Flöten zur Abreise. Die Liebenden umarmten sich, Etzels Frau sollte sie grausam trennen.
    Die Burgundenkönige hatten einen Mann, der war treu und kühn. Als sie fortwollten, sagte er Gunther heimlich seine Meinung: »Ich bin unglücklich, daß Ihr Euch in dies Abenteuer begebt.« Er hieß Rûmolt und war ein tapferer Held. Er fuhr fort: »Wem wollt Ihr das Volk und das Reich anvertrauen? Daß niemand Euch doch umstimmen kann! Kriemhilts Botschaft habe ich nie getraut.« – »Das Reich und mein Sohn seien dir anbefohlen. Kümmere dich ritterlich um die Frauen, daran liegt mir. Tröste, wen du weinen siehst. Etzels Frau wird uns gewiß nichts Böses antun.« Die Pferde waren gesattelt für jedermann. Sie schieden mit vielen Küssen und waren zuversichtlicher Stimmung. Als die Ritter zu ihren Pferden gingen, sah man die Frauen traurig stehen. Ihr Herz sagte ihnen wohl die Endgültigkeit der Trennung und den großen Schmerz voraus. Die Burgunden brachen auf. Im Land erhob sich ein unruhiges Treiben. Zu beiden Seiten der Berge waren die Leute bekümmert, aber wie auch ihrem Volk zumute war, die Könige ritten heiter davon. Mit ihnen zogen die Nibelungen in tausend Kettenpanzern. Sie hatten viele schöne Frauen daheim gelassen, die sie nie wiedersehen sollten. Kriemhilt betrauerte Sîfrit noch immer.
    Sie ritten auf den Main zu und stromauf durch Ostfranken. Hagen führte sie, denn er kannte sich aus, Dancwart war der Marschall. Am zwölften Tag kamen sie an die Donau.Da ritt Hagen voraus, die Nibelungen vertrauten auf ihn. Er stieg ab und band sein Pferd an einen Baum. Das Wasser war über die Ufer getreten, die Schiffe waren ans Ufer gezogen und versteckt. Es machte den Nibelungen große Sorgen, wie sie hinüberkommen sollten; der Fluß war ihnen zu breit. Sie stiegen von den Pferden. »Hier kann dir übel geschehen, Gunther«, sagte Hagen. »Da, sieh selbst: Das Wasser ist über die Ufer getreten, die Strömung ist stark. Sicherlich verlieren wir heute manchen guten Ritter.« – »Was werft Ihr mir das vor, Hagen?« fragte Gunther. »Nehmt uns nicht noch mehr die Hoffnung. Sucht uns eine Furt, damit wir die Pferde und den Troß ans andere Ufer bringen können.« – »Mein Leben ist mir wirklich nicht so leid, daß ich mich in diesen Fluten ertränken wollte. Vorher soll noch mancher Mann bei Etzel durch meine Hände sterben, ich habe die besten Vorsätze. Wartet hier am Wasser, ihr Ritter. Ich will die Fährleute suchen, die uns in Gelpfrâts Land hinüberbringen werden.« Hagen nahm seinen Schild. Er war gut bewaffnet, er trug Schild, Helm und Harnisch und hatte eine breite scharfe Waffe bei sich. Er suchte die Fährleute stromauf und stromab. Da hörte er Wasser rauschen in einer lieblichen Quelle. Er lauschte. Es waren Feenfrauen, die dort badeten. Hagen bemerkte sie und schlich ihnen verstohlen nach. Als sie das gewahr wurden, wollten sie eilig davon. Sie waren froh, als sie ihm entronnen waren. Er nahm ihnen ihre Kleider weg, ohne ihnen sonst etwas

Weitere Kostenlose Bücher