Das Niebelungenlied
verloben, und wenn er auch solchen Brautlohn will, wird er ihn bekommen.« Ein anständiger Hunne hatte ihm mitgeteilt, was die Königin gegen sie vorhatte.
Bloedels Männer sahen ihren Herrn erschlagen. Das wollten sie den Gästen keinen Augenblick länger hingehen lassen. Mit erhobenen Schwertern sprangen sie auf die Knappen zu. Laut rief nun Dancwart seinem Gesinde zu: »Ihr seht, wie es steht. Wehrt euch. Kriemhilts freundliche Botschaft hat uns in Bedrängnis gebracht.« Wer kein Schwert hatte, griff vor sich unter die Bank und hob seine lange Fußbank empor; die Burgunden wollten sich nichts gefallen lassen. Mit schweren Stühlen schlugen sie viel Beulen in die Helme. Wie hartnäckig sie sich wehrten! Und sie trieben die Bewaffneten aus dem Haus, aber fünfhundert oder mehr Hunnen blieben tot darin zurück. Das Gesinde der Burgunden war naß und rot vom Blut.
Die schlimme Nachricht vom Tod Bloedels und seiner Männer drang zu den hunnischen Rittern. Bevor noch der König davon hörte, rüsteten sich zweitausend oder mehr Hunnen in heller Empörung, sie begaben sich zum burgundischen Gesinde und ließen nicht einen am Leben. Die Verräter brachten ein großes Heer vor das Haus, was konnte da den heimatlosen Knechten ihre tapfere Gegenwehr helfen? Sie starben. Es dauerte nicht mehr lange, bis überallEntsetzen herrschte. Aber schon das war ungeheuerlich – neuntausend Knechte waren tot, überdies noch zwölf Ritter Dancwarts. Ihn ganz allein sah man noch den Feinden gegenüberstehen. Der Lärm hatte sich gelegt. Dancwart blickte sich über die Schulter um und sagte: »Wehe, Ihr Freunde, die ich verloren habe. Ganz verlassen stehe ich den Feinden nun gegenüber.« Wieder trafen ihn die Schläge dicht an dicht. Er stellte den Schildgriff niedriger, so daß er den Schild höher halten konnte, und ließ das Blut aus vielen Harnischen strömen.
»Geht zurück, ihr Hunnen«, sagte der Sohn Aldriâns. »Laßt mich an die Luft, damit ich mich abkühlen kann, ich bin erschöpft vom Kampf.« Als er aus dem Haus drang, fielen neue Schwertschläge auf seinen Helm. Die noch nicht gesehen hatten, wie er um sich schlug, sprangen ihm hier entgegen. »Wollte Gott, daß ich einen Boten hätte, der meinem Bruder Hagen sagt, in welcher Bedrängnis ich bin! Er würde mir hier heraushelfen oder mit mir sterben.« Die Hunnen antworteten: »Du wirst der Bote sein! Wenn wir dich tot vor deinen Bruder tragen, dann wird er etwas sehen, was ihn schmerzt. Du hast König Etzel hier zu viel Schaden getan.« Dancwart sagte: »Nun laßt das Drohen und geht weiter zurück. Ich mache noch manchem den Harnisch naß. Aber dies alles werde ich am Hof berichten, und auch meinen Herren will ich die Schreckensbotschaft bringen.« Er machte sich bei den Hunnen so gefürchtet, daß sie nicht mehr wagten, die Schwerter gegen ihn zu gebrauchen. Statt dessen schossen sie so viele Speere gegen seinen Schild, daß er ihm zu schwer wurde und er ihn aus der Hand legen mußte. Nun hofften sie ihn zu überwinden, da er sich nicht mehr schützen konnte. Aber er schlug tiefe Wunden durch die Helme, und mancher kühne Mann sank verwundet vor ihm zu Boden. So erwarb er sich großenRuhm. Von allen Seiten sprangen sie auf ihn zu, und viele kamen schneller, als ihnen gut war. Er hielt sich vor den Feinden, wie ein Wildeber im Wald sich der Hunde erwehrt; er hätte nicht tapferer sein können. Immer neues Blut floß auf seinen Weg. Kein Ritter konnte besser kämpfen, als er es tat. So bahnte sich Hagens Bruder seinen Weg zum Hof.
Die Speisenträger und die Schenken hörten den Klang der Schwerter. Viele warfen Getränk und Speise, die sie hatten zu Hof tragen sollen, aus den Händen, und so traten Dancwart an der Treppe neue Feinde entgegen. »Was soll das, ihr Schenken?« fragte der müde Ritter. »Ihr sollt ordentlich für die Gäste sorgen und den Herren gute Speisen auftragen, und mich laßt meinen Herren Bericht erstatten.« Denen, die ihm unerschrocken den Weg vertraten, versetzte er so schwere Schläge, daß die anderen furchtsam beiseite traten.
33 . WIE DIE BURGUNDEN MIT DEN HUNNEN KÄMPFTEN
Dancwart trat in die Tür und bat Etzels Gesinde, zurückzutreten. Seine Kleidung war ganz und gar mit Blut bespritzt. Er trug sein bloßes Schwert in der Hand. Mit lauter Stimme rief er Hagen zu: »Ihr sitzt allzu lange, Bruder. Euch und Gott im Himmel klage ich meine Not: Die Ritter und die Knechte in den Unterkünften sind tot.« Hagen rief zurück: »Wer hat das
Weitere Kostenlose Bücher