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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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morgen einen Brief von ihm bekommen. Ich dachte, vielleicht ist er seine neue Flamme schon wieder leid. Er hat sie geheiratet.«
    »Dann ist er sie eindeutig leid«, sagte ich.
    »Ach, laß den Scheiß, Ted.«
    »Ja, was soll ich denn sonst sagen? Daß er deine Tränen nicht wert ist? Daß du drüber wegkommen wirst? Daß es vor der Morgendämmerung immer am dunkelsten ist und die Zeit alle Wunden heilt?«
    »Ich brauche David, das brauche ich.«
    »Und was, glaubst du, kann er dir geben?«
    »Hoffnung«, sagte sie, »Selbstwertgefühl.«
    Da hast du den modernen Briten. Es treibt mich zum schäumenden Wahnsinn, wenn Politiker aus den Slums der Großstädte zurückkehren und sagen, »die Menschen dieser Stadt brauchen Hoffnung«, als könnten wir alle mit dem frohen Ruf »klar doch, alter Junge, wird sofort erledigt«reagieren, eine ordentliche Portion Hoffnung vom Bürgersteig kratzen, in einen Umschlag stopfen und per Expreßpost nach Liverpool 8 schicken. Eigentlich meinen diese flammenden Herzen Geld, aber sie sind zu schmierig, das zuzugeben. Wohl stellt in unsrer Brust sich Hoffnung ein, aber wir können sie nicht anderen aus den Titten saugen, sie muß schon bei uns selbst laktieren. Konnte man einem Mädchen in Patricias Verfassung schlecht sagen, nahm ich an. Was das Selbstwertgefühl anging …
    »Die beste Methode, deine Lebensgeister zu verarzten«, bot ich statt dessen an, »ist, etwas für andere zu tun.«
    »Will heißen?« fragte sie kalt.
    »Soll heißen, warum tust du mir keinen Gefallen?«
    »Zum Beispiel?«
    »Warum machst du mir zum Beispiel, wenn diese merkwürdigen kurzen Ferien vorbei und wir wieder in London sind, nicht das Vergnügen, dich zum Essen einladen zu lassen? Le Caprice ist nur einen Olivenkernwurf von meiner Wohnung entfernt. Wir könnten beim Techtelmechtel Wachteln spachteln, und hinterher könntest du dich von mir ins Heu betten und wie einen Lolli ablecken lassen.«
    Sie starrte mich an. »Ich könnte deine Tochter sein.«
    »Ich bin nicht kleinlich.«
    »Ist das für dich Unterstützung meiner Trauerarbeit, Ted? Wie ein geiler Bock auf mich loszugehen?«
    »Denk darüber nach. Meine Abende sind schnell ausgebucht, also halt dich ran.«
    »Du meinst das ernst, nicht wahr?« sagte sie und bremste mich mit einer Hand, die ich in meine nahm.
    »Ich bin ein fetter alter Mann, Patricia. Es ist schwer genug, an Frauen in meinem Alter ranzukommen, die keine Prostituierten sind, aber ein junges Ding wie du … das wäre schon ein seltener Festschmaus. Vielleicht mein allerletzter.Schenkel ohne Zellulitisnarben, Brüste, die hochstehen wie bettelnde Hunde. Wie oft, glaubst du, werden mir dieser Tage solche Wonnen zuteil?«
    »Und wie kommst du darauf, ich könnte einverstanden sein, mich von dir abschlabbern zu lassen?« fragte sie und zog ihre Hand zurück.
    »Deine angeborene Güte«, sagte ich und ging hinüber, um mir ein großes Glas Sherry einzuschenken. »Das Wissen, daß du mich ganz schwachsinnig vor Glück machen würdest.«
    »Das ist verdammt viel verlangt.«
    »Haha!« sagte ich triumphierend. »Und warum genau soll das so verdammt viel verlangt sein?«
    »Wie meinst du das?«
    »Du hast gesagt, das sei verdammt viel verlangt. Warum glaubst du das?«
    »Also, nur zu deiner Information, mein Körper ist nichts, was ich feilbiete wie eine Schnittchenplatte.«
    »Und warum nicht?«
    »Warum nicht? Warum nicht? Weil ich ihn zufälligerweise hoch einschätze.«
    »Warum«, trompetete ich, »brauchst du dann Davey, dir ein Selbstwertgefühl zu verschaffen, wenn du schon eins hast?«
    »Also, Herrgott noch mal. Von allen billigen …«
    »Du hast überdeutlich gemacht, daß mein Angebot von Liebe und Kameradschaft ein weit niedrigeres Angebot ist, als du erwarten zu dürfen glaubst. Du schätzt deinen Körper und deine Gefallen weit höher ein als die meinen.«
    »Es ist ein himmelweiter Unterschied, wie ich meinen Körper und wie ich mich selbst einschätze. Du hast mir nicht Liebe und Kameradschaft angeboten, du hast darum gebeten, daß ich mich hinlege und ablecken lasse.«
    »Daß dies des Mannes plumpes Liebeheischen ist, solltest du wirklich wissen. Hätte ich gesagt, du seist die schönste Frau, die mir seit Jahren unter die Augen gekommen ist, und ich würde verzweifeln, wenn du nicht bei mir bist, hättest du gedacht, ich bemitleidete dich. Donnerstage passen mir gut«, sagte ich, verpißte mich und ließ sie schmoren.
    Ich steuerte auf die Villa Rotonda zu, Notizbuch

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