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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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dieser fünfzehnjährige Faun mit den lockigen Wimpern und Nimm-mich-jetzt-Lippen die Zukunft des britischen Gesundheitswesens war, dann würden, wenn sich das herumsprach, ganz schön viele Leute Schlange stehen, auf daß ihnen Heilung zuteil wurde.
    »Und Michael und Anne. Deine Eltern. Sie wissen nichts von …«, ich suchte nach einem neutralen Ausdruck, »diesem Aspekt deines Heilens?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Es würde ihnen Sorgen machen. Daddy ist ziemlich stolz auf mich, glaube ich. Er weiß die Gabe zu schätzen. Aber Mummy hat Angst, das spüre ich.«
    Sie hätte einen ganzen Batzen mehr Angst, wenn sie wüßte, dachte ich.
    Da lag er und da saß ich. All die Kraft, die in seinem flaumigen kleinen Hodensack herumschwamm; all die Fettablagerungen, die meine Aorta verstopften und darauf warteten, fortgespült zu werden.
    Ich habe immer versucht, ehrlich mit dir zu sein, liebe Tanja. Ich habe dir von der bezaubernden Episode im Nachtclub in Finsbury Park erzählt. Ich war mannhaft und ehrlich, als es um die Bondage-Queen ging, der mir in seinem Apartment in Hyde Park Gate die Nippel abbeißen wollte. Ich habe offen bekannt, wie ich zugelassen habe, daß mir dieser Gorilla von Polizist in New York mit einem Handtuch auf die Beine geschlagen und mich seine Sklavenschlampe genannt hat. Ich kann auch hier ehrlich sein und zugeben, daß ich, selbst wenn die Diagnose nichtAngina pectoris gewesen wäre, sie da und dort, ohne einen Moment zu überlegen, vorgeschützt hätte.
    Gott, das muß mal gesagt werden, kann erstaunlich süß sein. Als ich Priester war, und ich wäre der erste zuzugeben, daß ich denen bloß beigetreten bin, weil mir die Sache mit den Glöckchen und dem Weihrauch so gefiel, die Chorhemdchen, die Thuribula und die gesungenen Versikeln, da dachte ich, Gott sei ein launischer Tugendbold. Hier stand ich, begehrte und verzehrte mich zu dienen, und da lag die schreckliche, schreckliche Bibel, ein Buch, von dem ich nie viel gehalten habe, und erzählte mir, wie verdammens- und verabscheuungswürdig ich war. Nichts machte mich damals glücklicher, als meinen Abschied einzureichen und auf Nimmerwiedersehen von der Kanzel zu stürmen.
    Aber – und du, Tanja, weißt das besser als jeder andere, du, der ich mein Herz ausschütte –, es gab da etwas, was wir nur als Leere in Mutters Leben bezeichnen können. Ich habe wirklich getan, was ich konnte, verdammt noch mal, ich habe mit meinen winzigen Fäusten für die Erniedrigten und Beleidigten dieser Welt gekämpft, ich habe mein Talent für Dinge verwendet, die wichtig sind, und ich habe mich – anders als Wallace – bemüht, ein anständiges Leben zu führen. Ich weiß, eine Menge Fieslinge finden es nicht gerade anständig, sich in New York anpissen oder hinter einem Busch auf Hampstead Heath den Anus einsaften zu lassen, aber du und ich, Tanja, wir wissen, was anständig heißt.
    Also, hier war Glenda Gott und gab mir eine Chance, auf eine Weise körperliche Ganzheit zu erlangen, die genau zu der Leidenschaft paßte, die die große Brenda Bibel immer für unrein erklärt hatte. Gott sorgt dafür, daß Dinge passen, das muß man ihr lassen.
    Ich sagte zu David:
    »Mir geht es nicht gut. Glaubst du … glaubst du, du könntest
mir
helfen?«
    Ich stammelte ein Stoßgebet, daß Angina nicht zu den Leiden gehörte, die durch Handauflegen geheilt werden konnten.
    Davey lächelte. »Natürlich kann ich dir helfen, Oliver. Dazu bin ich doch da.«
    Eine ganze Flutwelle Blut schoß mir in den Nacken. Als ich sprach, war ich heiser.
    »Hier? Jetzt?«
    David schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht. Ich komme heute abend zu dir. Das wäre besser.«
    »Ich bin im Fuseli Room, direkt neben Ted Wallace. Ich kann ihn laut und deutlich schnarchen hören, also …«
    »Na gut, dann kommst du eben in mein Zimmer. Du weißt, wo das ist?«
    Ich nickte; es gefiel mir nicht, wie diese praktischen Erwägungen dem Stelldichein eine schmutzige Note gaben.
    Wir stiegen wieder in den Wagen, tranken im Scole Inn Tee, kamen nach Swafford zurück und sangen ein Loblied auf
Erbarmungslos
, den ich gesehen hatte und über dessen Einzelheiten ich David eine ordentliche Zusammenfassung gab.
    So, Tanja. Da hast du’s. Es ist Viertel vor zwei. Gott sei Dank reise ich nie ohne mein Mundwasser oder eine Tube Männerflutschkram. Ich mach mich auf zu Daveys Bude. Wünsch mir Glück, mein Schatz.

III
     
     
    Erstaunlicherweise kam Mutter Mills am Donnerstagmorgen nach mir zum

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