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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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Delikatessen- und Kolonialwarengeschäfts daraus zu machen.
    1947 bekam Michael ein Stipendium für Cambridge, das er nicht annahm.
    »Jetzt können wir uns richtig darauf konzentrieren«, sagte er.
    Die im Jahr darauf folgende Einberufung zum National Service mußte jedoch angenommen werden. Sein alter Beschützer aus der Prep School, Edward Wallace, der den Militärdienst bis nach Oxford aufgeschoben hatte, wo er jetzt seinen Abschluß machte, überredete ihn dazu, sich mit ihm zusammen beim Royal Norfolk Regiment zu bewerben.
    »Keine besonders tolle Uniform, was genau richtig ist, da wir Hordenväter sein werden. Genug Zeit für Pferderennen und Weiber.«
    An einem Nachmittag während seiner Offiziersausbildung in Wiltshire las Michael eine Kurzgeschichte von Somerset Maugham, die ihn auf die Idee brachte, nach der er die ganze Zeit gesucht hatte. Sie handelte von einem jungen Mann, der eines Tages in einer Stadt in den Midlands eine Schachtel Zigaretten brauchte. Er lief durch die Straßen und suchte einen Tabakladen: Er mußte anderthalb Kilometer weit laufen, bis er einen fand. Statt nun seiner Wege zu gehen und sich nichts dabei zu denken, wie jedernormale Mensch das gemacht hätte, lenkte dieser junge Mann seine Schritte zu der Stelle zurück, wo er am Anfang gestanden hatte. »Hier werde ich einen Tabakladen aufmachen«, sagte er sich, »es gibt offensichtlich ein Bedürfnis danach.« Der Laden wurde ein überwältigender Erfolg. »Wie lächerlich einfach«, dachte der junge Mann. Die nächsten zwanzig Jahre bereiste er Britannien und schritt auf der Suche nach Zigaretten die Straßen entlang. Wann immer er weit laufen mußte, eröffnete er dort einen neuen Laden. Mit fünfunddreißig Jahren war er Millionär.
    »Also, Tedward«, sagte Michael zu seinem Freund Wallace, »Gott segne Mr. Maugham.«
    »Meinst du nicht«, sagte Wallace, »daß andere das vor dir probiert haben?«
    »Versteh das doch mal, Tedward, ›andere‹ probieren nichts. Das überlassen sie Leuten wie uns.«
    »Ohne mich, mein Bester«, sagte Wallace. »Hört sich nach Arbeit an.«
    Anderthalb Jahre später lernte Michael Lady Anne Bressingham kennen, womit er ein Ziel bekam, auf das er hinarbeiten konnte. Sie war elf, als sie sich begegneten, und Michael noch keine zwanzig, aber er wußte so sicher, wie ein Mann das nur wissen kann, daß sie zu der richtigen Frau für ihn heranwachsen würde.
    Wallace beschimpfte ihn als Perversen.
    »Nein, nein, Tedward, du verstehst das nicht. Es liegt im Lächeln. Sie hat das richtige Lächeln. Im Augenblick ist sie ein dürres Mädchen, aber ich weiß, was aus ihr werden wird. Es sind nie die Augen oder die Schönheit oder die Figur, es ist immer das Lächeln. Als sie lächelte, wußte ich es sofort. So klar ist es.«
    1955 fand Wallace Anlaß zur Bemerkung, Logans Zeitungs- und Tabakläden seien in jeder englischen Hauptstraßeein so geläufiger Anblick wie Hundekot und Zebrastreifen.
    »Die Kleiderrationierung hat bald ein Ende«, sagte Michael. »Die Leute werden ordentliche und gut geschnittene Kleidung haben wollen, bunt und billig. Diese neuen Teenager werden Jeans aus Amerika haben wollen. Es ist Zeit, daß wir uns damit mal beschäftigen.«
    Auf einer Party im Jahre 1959 zur Feier der Veröffentlichung von Edward Lennox Wallaces
Oden des Zorns
nahm Logan den aufstrebenden Lyriker beiseite.
    »Ich steige ins Verlagsgeschäft ein, Tedward. Wir haben APC Magazines Ltd. gekauft. Was hältst du davon?«
    »Frauenmagazine und Kindercomics.«
    »Hauptsächlich. Aber wir haben auch andere Titel. ›New Insights‹ zum Beispiel.«
    »›New Insights‹ ist älter als Gott und genauso tot.«
    »Dann erzähl mir, wen ich einstellen sollte, der’s wieder ins Leben päppelt. Ich hab gehört, Mark Onions wäre ein Talent im Kommen.«
    »Stanley Matthews weiß mehr über Lyrik und Literatur als Mark Onions. Mark Onions könnte keine kranke Wühlmaus aufpäppeln.«
    »Vielleicht sollt ich mal meinen Brautführer fragen.«
    »Deinen
was

    »Anne und ich heiraten. Ich dachte, die Ringe würden vielleicht in deine Weste passen.«
    Im Lauf der nächsten sechzehn Jahre verwandelte sich Logans Firmensammlung in ein Königreich und dann in etwas, das die Welt nur noch ein Imperium nennen konnte. Seine Genialität, darin war man sich einig, lag im Sinn fürs Detail, in der Flexibilität der Strategie und in der unbarmherzigen Anhäufung umfassender und bedrückend pragmatischer Intelligenz. In den Fünfzigern

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