Das Nilpferd
verstand oder gar mochte, dessen erfolgreiche Tätigkeit als Chefredakteur der »New Insights« ihm aber viel Freude gemacht hatte. Statt dessen heiratete sie einen Mann namens Patrick Burrell, einen in Michaels Einschätzung einfach widerlichen Kerl, der ihn unaufhörlich und taktlos um Geld anbaggerte, schließlich aber wenigstens für das sorgte, was für Michael einer Tochter je am nächsten kommen sollte, seine Nichte Jane.
»Da du ständig behauptest, daß du ihretwegen Geld brauchst«, sagte Michael eines Tages zu Burrell, »werde ich ein für allemal Geld für sie anlegen. Eine Million Pfund gehört ihr und ihr allein. Morgen lege ich das Konto an. Das Scheckbuch bekommt sie persönlich, sobald sie 21 wird. Wenn bis dahin irgendwelche Schulgebühren für sie bezahlt oder Kleider angeschafft werden müssen, dann läßt du es mich wissen, Patrick, nicht wahr?«
Burrell hatte ihm das übel genommen und Rebecca einpaar Jahre darauf ein Telegramm aus New York geschickt, das sie darüber in Kenntnis setzte, daß er jemand anderen gefunden habe. Michael hatte das um seiner Schwester willen in der Seele weh getan, aber er war froh, die Verbindung loszusein.
Eine andere Verbindung mußte er ein gutes Jahr nach Rebeccas Eheschließung auflösen und war traurig darüber. Man hatte Michael darüber informiert, daß Edward Wallace der Zeitschrift Geld gestohlen hatte, nicht sehr viel, das stimmte, aber das Problem war auch nicht die Höhe der Unterschlagung, jedenfalls soweit es Michael anging. Es dauerte einige Zeit, bis er seinem alten Freund verzeihen konnte. Mit großem Kummer sah er zu, wie der Lyriker an Schaffenskraft und Charme nachließ, während er an Umfang und betrunkener Misanthropie zunahm.
1966 kniete Michael vor der Queen und erhob sich als Ritter. 1975 erhob er sich, um seine Jungfernrede im Oberhaus als Baron Logan of Swafford zu halten. Im Jahr darauf kam er im Alter von 46 Jahren zu dem Entschluß, er habe sich das Recht verdient, einen Teil seiner herrschaftlichen Konzentrationsfähigkeiten auf die Gründung einer Familie zu lenken. Er begann mit einem Sohn, Simon. Zwei Jahre später tat Anne ihm den Gefallen eines zweiten Jungen, David. Nach dieser Geburt überredete sie Michael, Wallace zu vergeben und ihm für seine Veruntreuungen Absolution zu erteilen.
»Ich sehe doch, daß er dir fehlt, Schatz. Fragen wir ihn doch einfach, ob er Davids Patenonkel werden möchte.«
Weitere neun Jahre danach, wenn eine Frau vernünftigerweise ihrem Uterus vergibt oder gar dankbar dafür ist, daß er unmerklich außer Gebrauch gekommen ist, entdeckte Anne, daß sie erneut schwanger war, dieses Mal mit zwei Jungen auf einmal.
IV
1991, als die Zwillinge ihrem fünften Geburtstag entgegensahen, nahmen die Probleme, die Edward, der um fünfzehn Minuten jüngere der beiden, mit seinem Asthma hatte, zunehmend ernsthafte Formen an. Lady Anne richtete daraufhin eine ständige Nachtwache ein, die seine Atmung überwachte.
In einer heißen Nacht, als die Luft voller Pollen und Sporen war, hörte man Sheila, das Kindermädchen der Zwillinge, vor Angst kreischen. Sie rannte den Flur des Kinderflügels hinab und schrie nach Lady Anne.
Edward, jammerte sie, lag blau und leblos im Bett. Tot, nicht einmal atmend. Richtig tot. Ganz schrecklich tot. Anne und Michael rannten die Treppe hoch, ihre Herzen rasten vor Panik und Furcht.
Inzwischen hatten das Geschrei und der Tumult auch die beiden älteren Jungen aufgeweckt. Genauso alarmiert, eilten sie direkt ins Schlafzimmer der Zwillinge. Simon warf einen Blick auf Edwards unbewegliche Gestalt und fing an, Arme und Beine des leblosen Kindes auf und ab zu pumpen, vielleicht in dunkler Erinnerung an die Erste-Hilfe-Kurse in der Schule oder, wahrscheinlicher noch, in Nachahmung der Tierärzte, die so mit erstickenden Ferkeln umsprangen.
»Nein!« hatte David gerufen. »Laß mich!«
Er schubste seinen älteren Bruder beiseite, der jetzt mit einiger Gewalt auf die Rippen eintrommelte. Anne und Michael kamen gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie Simon grob weggeschoben wurde.
Dann sahen sie, alle sahen sie, wie David sich neben das Bett kniete und eine Hand sanft auf Edwards Brust legte. Auf der Stelle, absolut sofort, da sind sie sich alle einig, zuckte das Kind und fing an zu keuchen und zu husten. Zunächst waren Michael und Anne zu aufgeregt, zu sehr damit beschäftigt, den Arzt zu holen und Edward ins Krankenhaus zu bringen, um groß über das nachzudenken, dessen
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