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Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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hatte Michael indem Moment zum Telefon gegriffen, um seine florierende Radioröhrenfabrik zu verkaufen, als er von einem Freund gehört hatte, daß sie in den amerikanischen Labors an etwas arbeiteten, das sie Transistor nannten.
    »Aber es wird noch lange dauern, bis die auf den Markt kommen«, hatte der Freund ihn gewarnt. »Vakuumröhren haben noch Jahre vor sich.«
    »Also bekomme ich für die Fabrik jetzt eine anständige Summe. Glaubst du denn, ich bekäme im nächsten Jahr noch so einen guten Preis, wenn die ganze Welt von deinem Transistor da weiß?«
    Logan erwarb in den frühen Sechzigern Kapitalbeteiligungen an Vinyl und Kunstfasern und stieß sie fünf Jahre später wieder ab, kurz bevor Wolle, Baumwolle und Leder wieder in Mode kamen. Die Teenagertochter eines leitenden Angestellten hatte ihm erzählt, daß Nylon endgültig out sei, nur was für Spießer und Nieten.
    Die Verkaufsstellen in den Hauptstraßen wurden unter großen Kosten umgebaut und erhielten Gänge und Einkaufswagen, so daß Kunden sich bei den Waren selbst bedienen konnten und an einer Kasse zahlten. Ein unangenehmes Verfahren, in dem aber nach Logans Überzeugung die Zukunft lag. Der alte Name, Logan’s, wurde bei den neuen Supermärkten durch Lomark Stores abgelöst. Genaugenommen betrieben alle Firmen, die Michael erwarb, ihre Geschäfte entweder unter ihren ursprünglichen Namen weiter oder unter neuen, die mit ihrem Besitzer nichts zu tun hatten. Das Wort »Logan’s« wurde einzig und allein vom Stammhaus für die Börsenzulassung benutzt. »Niemand mag einen Klugscheißer«, sagte Michael. »Wenn meine Kunden merkten, daß der Mann, der ihnen Marshmallows und Zigaretten verkauft, derselbe ist, der ihre Zeitschriften verlegt und ihre Fernsehsendungen produziert,dann würden sie sich von mir abwenden. Schließlich haben sie ihren Stolz.«
    Die Finanzwelt wußte es natürlich und lächelte über das, was damals noch ein seltenes Vergnügen war, eine Firmengruppe verschiedenster Branchen, die von einer Dachgesellschaft kontrolliert wurde. Eine Gesellschaft, die keine Angst vor Kreditaufnahme und Expansion hatte; hier etwas zu veräußern, dort wieder zu investieren. Jede Haut, aus der Logan sich schälte, hinterließ Brauchbares auf dem Börsenparkett, jede Firmenheirat oder -vergewaltigung war mit profitablen Wertpapieremissionen gesegnet.
    Michaels Verwandtschaft zweiten und dritten Grades stellte ihn allerdings auf eine harte Probe. Nur der alternde Richard hatte etwas Talent für Geschäfte: Er starb 1962, kurz danach sein Bruder Herbert. Ihre Kinder interessierten sich nicht für das Imperium. Michael wollte ihnen nur zu gern helfen, wie sein Vater ihnen geholfen hatte, aber sie halfen sich lieber selbst, zogen nach London, heirateten in angesehene jüdische Familien ein und bewegten sich stiller durchs Leben.
    »Du bist nicht unser Vater«, hatte Danny gesagt und Michaels Geldangebot abgelehnt. »Du meinst es gut, aber du wirst immer versuchen, dir alles und jeden einzuverleiben.«
    Michael traf das tief. Er hatte eine große Gabe, Arbeit für Tausende zu schaffen und Geld für Tausende zu scheffeln. Es war doch wohl seine Pflicht, diese Gabe zu nutzen. Sie mit Güte und Umsicht zu nutzen, gewiß. Niemand behandelte seine Arbeiter besser. Kein Magnat mit vergleichbarer Macht und Bonität konnte behaupten, die Vornamen und Familiengeschichten von so vielen seiner Angestellten zu kennen. Kein Magnat vergleichbarer Macht hieß die Ankunft einer Labour-Regierung so enthusiastisch willkommen. Beherzt zahlte er seine Riesensteuern, beklagtesich nie in der Öffentlichkeit, egal, wie entsetzt er insgeheim auch sein mochte. Nach den Katastrophen der Währungsabwertung und der steigenden Inflation in den Siebzigern vermochte er nie wieder großen Respekt für Parteipolitiker oder Interesse für ihre kurzatmigen Balgereien aufzubringen. Seine politische Energie sparte er sich für globale Angelegenheiten auf und zog handfeste Staatsmänner aus der Dritten Welt mit ihren Federfächern und Djellabahs den stumpfsinnigen Lokalpolitikern Westminsters vor. Sein Stil wohlwollenden Paternalismus’ wurde von inländischen Parteien scheel angesehen, aber sein gleichmäßig verteiltes Geld war ihnen allen willkommen.
    Von seiner Schwester Rebecca erwartete Michael nie, daß sie sich am Geschäft beteiligte. Er hatte große Hoffnungen, daß sie die perfekte zweite Frau für seinen Freund Wallace werden möge, dessen Lyrik Michael zwar keineswegs

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