Das Nostradamus-Testament: Thriller (German Edition)
Francesco«, sagte der Papst. »Ich habe mich bei der Wahl zwar gegen diese widerspenstigen Franzosen durchgesetzt, aber deshalb bin ich doch noch immer dein demütiger Freund. So steh also auf!«
Mit einiger Mühe kam Francesco Franciotto wieder auf die Beine und sah seinem alten Freund in die Augen.
»Hast du dir schon einen Namen ausgesucht?«
»Ich behalte den meinen.«
»Marcello?«
»Marcellus.«
»Natürlich.«
»Der Zweite.«
»Marcellus II . Ein guter Name.«
»Also! Schluss mit den Formalitäten! Glaubst du etwa, ich weiß nicht, warum du gekommen bist?«
»Die Bibliotheca Diaboli «, flüsterte Francesco Franciotto.
»Die Bibliothek des Teufels«, erwiderte der Papst mit einem Nicken.
»Wir kommen nicht weiter.«
»Sag das nicht. Ich habe gute Neuigkeiten. Großherzog Cosimo hat voller Demut darum gebeten, dass ich ihm behilflich bin, die Sammlung vor Außenstehenden zu schützen.«
Francesco Franciotto konnte sein ungläubiges Lachen nicht zurückhalten. »Ist das wahr? Er hat dich …?«
»Ohne Zweifel haben wir das der Vorsehung unseres Herrn zu verdanken.«
Francesco Franciotto bekreuzigte sich.
»Der Herzog hat den anderen Wächter gebeten, mir einen Besuch abzustatten und mich in alles einzuweisen«, sagte der Papst. »Ein seltsamer Kauz. Franzose. Mediziner und Astrologe. Angeblich jemand, der in die Zukunft blicken kann.« Letzteres sagte er mit einem Lachen.
»Ein Ketzer?«
»Ein bekehrter Jude, wenn ich richtig informiert bin.«
»Ja, ja …«
»Er ist gerade auf dem Weg nach Florenz. Und wird dann zu mir geschickt werden.«
»Wir nähern uns unserem Ziel«, sagte Francesco Franciotto andächtig.
Papst Marcellus II. legte die Hand fest um das Kreuz, das er auf der Brust trug.
22 Tage später
Was für ein seltsamer Mann!
Papst Marcellus II. hatte sich gerade von dem Franzosen verabschiedet, der den Namen Nostradamus trug. Warum Großherzog Cosimo ihm den Auftrag gegeben hatte, sich um die Bibliotheca Diaboli zu kümmern, war nicht zu fassen. Wobei er ihm tatsächlich nichts verraten hatte. Verärgert sah Marcellus ein, dass er einen widerwilligen Großherzog Cosimo aus Florenz zu sich zitieren musste, um die notwendigen Informationen zu bekommen. Dann würde er die Kriegermönche der Vicarius Filii Dei aussenden, um die Sammlung zu holen. Sollten sich die Truhen allerdings in einem der Paläste in Florenz befinden, käme das einer Kriegserklärung gleich. Sie mussten also vorsichtig vorgehen. Irgendwie musste er den Herzog überzeugen, die Sammlung an einen anderen, sichereren Ort zu bringen. Erst auf dem Transport konnten die Kriegermönche es wagen, gegen das Medici-Heer vorzugehen. Er hustete. Seine Gesundheit war in der letzten Zeit wirklich nicht gut. Glücklicherweise hatte sich dieser Nostradamus als guter Arzt und Apotheker herausgestellt und ihm persönlich eine lindernde Mixtur gebraut. Sie hatte nach Anis und fremdartigen Kräutern geschmeckt. Schon als er den Flacon geleert hatte, war es ihm besser gegangen. Aber jetzt – er hustete wieder, und in seiner Lunge gurgelte es. Er räusperte sich und versuchte, den Schleim zu lösen, aber der Husten wollte nicht nachlassen. Als füllte sich seine Lunge langsam mit glühendem Sand. Das blasse Gesicht mit dem gepflegten Bart nahm eine bläuliche Farbe an. Er fasste sich an die Kehle und rang nach Luft. Aber seine Lunge war leer. Hustend und keuchend wedelte er mit den Armen. Als er fiel, ging die Tür auf. Ein Kammerdiener und mehrere Kardinäle und Berater eilten ihm zu Hilfe. Jemand klopfte ihm auf den Rücken. Halb bewusstlos wurde er hochgehoben und zum Fenster getragen. Als einer der Kardinäle es öffnete, damit er frische Luft bekam, fiel der Flakon von Nostradamus zu Boden und zerbrach in tausend Stücke.
*
Am 1. Mai 1555, zweiundzwanzig Tage nach seiner Ernennung, starb Papst Marcellus II .
Florenz
1555
»Ein Orden vertrauter Hüter«, sagte Nostradamus.
»Hm?« Großherzog Cosimo musterte ihn skeptisch. »Vertraute Hüter?«
»Bibliothekare. Männer der Worte. Ehrenmänner. Ich habe mir sogar schon Gedanken über einen Namen gemacht: Heiliger Hüterorden von Cäsars Schriften. «
»Und wie soll ein Bibliothekar eine derart wertvolle Sammlung bewachen?«
»Nicht einer. Viele. Sind die Truhen alle an einem Ort, sind sie viel zu leicht zu finden. Warum verteilen wir sie nicht über ganz Europa?«
Cosimo schwieg und dachte nach. »Über ganz Europa?«, sagte er schließlich.
»Ein aufgeteilter
Weitere Kostenlose Bücher