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Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5

Titel: Das Notizbuch von Sherlock Holmes, Bd. 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Conan Doyle
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aus der Reserve, bevor ich fertig bin«, sagte ich und mußte lächeln. »Jetzt aber, Inspektor, hat ein jeder von uns seine eigene Arbeit zu erledigen. Wenn Sie mich vielleicht gegen Mittag hier treffen wollen…«
      So weit waren wir gekommen, als sich etwas Furchtbares ereignete, das das Ende einleitete.
      Die Haustür wurde aufgerissen, wir hörten irrende Schritte im Flur, und dann taumelte Ian Murdoch ins Zimmer, bleich, aufgelöst, die Kleidung in wilder Unordnung. Die knochigen Hände krallten sich an den Möbeln fest, so hielt sich der Mann aufrecht.
      »Kognak! Kognak!« stieß er hervor und fiel dann stöhnend aufs Sofa.
      Er war nicht allein. Hinter ihm kam, keuchend und ohne Hut, Stackhurst, fast genauso distrait wie sein Gefährte.
      »Ja, ja, Kognak!« schrie er. »Der Mann tut bald seinen letzten Schnaufer. Ich konnte ihn eben noch hierher bringen. Unterwegs hat er zweimal das Bewußtsein verloren.«
      Ein halbes Wasserglas von dem starken Weinbrand vollbrachte eine wundersame Wandlung. Mit einem Arm stützte Murdoch sich hoch und warf den Rock von den Schultern.
      »Um Himmels willen! Öl, Opium, Morphium!« schrie er. »Egal was, daß es nur den höllischen Schmerz lindert.«
      Der Inspektor und ich schrien auf bei dem gebotenen Anblick. Kreuz und quer über die nackten Schultern des Mannes zogen sich netzartig die roten entzündeten Striemen, die bei Fitzroy McPherson die Zeichen des Todes gewesen waren.
      Es schmerzte offensichtlich schrecklich, und der Schmerz war nicht lokal begrenzt; denn der Leidende hörte für eine Zeit auf zu atmen, und sein Gesicht lief schwarz an, dann wieder griff er sich schweratmend ans Herz, und Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Jeden Augenblick konnte der Tod eintreten. Immer mehr Kognak schütteten wir in ihn hinein, und jedes neue Glas brachte ihn für kurze Zeit wieder zum Leben zurück. In Salatöl getunkte Wattebäusche schienen den Todesschmerz, der von den seltsamen Wunden ausging, zu lindern. Schließlich fiel sein Kopf schwer aufs Kissen. Die erschöpfte Natur hatte Zuflucht in der letzten Bastion der Lebenskraft gefunden. Er sank in einen Zustand zwischen Schlaf und Bewußtlosigkeit, aber jedenfalls schien der Schmerz gemildert.
      Ihn zu befragen, war jetzt unmöglich, aber in dem Moment, da wir hinsichtlich seiner Verfassung Gewißheit besaßen, wandte sich Stackhurst mir zu.
      »Mein Gott!« rief er, »was ist das, Holmes? Was ist das?«
      »Wo haben Sie ihn gefunden?«
      »Unten am Strand. Genau dort, wo der arme McPherson sein Ende fand. Wenn sein Herz so schwach wäre wie das von McPherson, läge er jetzt nicht hier. Mehr als einmal auf dem Weg hierher dachte ich, er sei schon tot. Bis zum Haus ›Zu den Giebeln‹ war es zu weit, deshalb brachte ich ihn zu Ihnen.«
      »Sahen Sie ihn am Strand?«
      »Ich spazierte oben auf dem Klippenweg, da hörte ich ihn schreien. Er stand direkt am Wasser, taumelte wie ein Betrunkener. Ich lief hinunter, warf ihm ein paar Kleidungsstücke über und zog ihn mit mir. Um Himmels willen, Holmes, nutzen Sie all Ihre Fähigkeiten und scheuen Sie keine Mühe, um diesen Ort vom Fluch zu befreien. Das Leben hier ist allen unerträglich geworden. Können Sie, der weltbekannte Detektiv, denn nichts für uns tun?«
      »Ich glaube, ich kann, Stackhurst. Kommen Sie sofort mit mir. Auch Sie, Inspektor. Wir wollen doch sehen, ob wir Ihnen diesen Mörder nicht liefern können.«
      Wir überließen den Bewußtlosen der Pflege meiner Haushälterin und begaben uns zu der tödlichen Lagune. Auf einem Stein lag das Häuflein Handtücher und Kleider, das der angefallene Mann zurückgelassen hatte. Langsam schritt ich neben dem Wasser hin, meine Begleiter folgten mir im Gänsemarsch. Es war ziemlich seicht, aber unter der Klippe, wo die Gezeiten den Sand weggespült hatten, erreichte es eine Tiefe von vier oder fünf Fuß. Dorthin würde jeder Schwimmer streben, und das Wasser war kristallklar und wunderbar durchsichtig. Eine Reihe Felsblöcke lag am Fuß der Klippe, und darüber setzte ich meinen Weg fort, unverwandt scharf in die Tiefe spähend. Als ich die stillste und tiefste Stelle erreicht hatte, erblickte ich, wonach ich gesucht hatte, und konnte einen Triumphschrei nicht zurückhalten.
      »Cyanea!« schrie ich. »Cyanea! Da sehen Sie die Löwenmähne!«
      Das fremdartige Objekt, auf das ich deutete, war eine wirre Masse, die wirklich so aussah, als sei sie von der

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