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Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege

Titel: Das Obama-Syndrom - leere Versprechungen, Krisen und Kriege Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tariq Ali
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große Armut, während daneben die Shopping Malls in den Himmel wachsen. Der Osten in der Nähe Bahrains lehnte sich schon oft auf. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch, dazu kommt eine große Wohnungsknappheit. Und doch schien der arabische Frühling dem Königreich nichts anhaben zu können. Es gab lediglich höfliche Bitten, politische Gefangene freizulassen. Die Familie Saud mit ihren rund 7000 Prinzchen ist groß genug, um alle wichtigen Stellen in der Verwaltung selbst zu besetzen und überall im Land enge Seilschaften zu bilden. Unterstützt wird sie vom immens reichen wahabi tischen Klerus, dessen kultureller Konservativismus eine ideologische Verteidigung gegen »westliche« Ideen dar stellt – gleichzeitig hält sich der Klerus aber völlig aus der Politik heraus und ermöglicht so den engen Pakt zwischen USA und Saudi-Arabien.
    Die ernste Mahnung des Propheten Mohammed lässt keine Interpretationsspielräume: Ungläubige müssen von der Halbinsel ferngehalten werden. Trotzdem kämpften die Saudis mit den Briten gegen das Osmanische Reich und ließen sich später von Amerika beschützen. Die Spitze des wahabitischen Klerus rechtfertigte jede politische Verrenkung, die zum Machterhalt nötig war. Die Schmuserei mit den Machthabern glichen die Kleriker durch ultra-dogmatische Ansichten in sonstigen Bereichen aus. So verweigern sie bis heute den Frauen zahllose Rechte, außerdem schränken sie die Zahl der Besucher an den Gräbern des Propheten und seiner Frauen in Mekka stark ein, um »der Bilderverehrung keinen Vorschub zu leisten«. Mehrere Gräber wurden inzwischen aufgelassen, eines wurde sogar durch eine öffentliche Bedürfnisanstalt ersetzt. Kritik wütender Extremisten gab es daran nicht.
    Die Religion ist das ideologische Rückgrat des Regimes, und sie durchdringt alle Bereiche. Madhawi al-Raschid, ein saudischer Historiker im Exil, beschreibt es so:
    »Nichts demonstriert die völlige Fixierung der saudischen Gesellschaft auf den Islam besser als die Fernsehsendung Fatwa live . In dieser Show beantwortet ein Korankundiger Fragen des Publikums. Eine Frau will wissen, ob es noch als Menstruation gilt, wenn ihre Blutung drei Wochen lang anhält. (Hintergrund: Während der Menstruation darf sie nicht beten.) Ein Mann erkundigt sich, ob es in Ordnung sei, sich Geld zu leihen, um seiner Mutter eine Pilgerfahrt zu finanzieren. Ein Dritter fragt, ob Frauen hohe Absätze tragen dürften und Männer Diamantringe.«
    In diesen Shows werden die immer gleichen Fragen endlos wiedergekäut, eine Weltreligion wird auf einen Satz trivialer Rituale reduziert.
    Da der wahabitische Glaube das Maß aller Dinge ist, so al-Rashid, mussten die Widersprüche zwischen religiöser Lehre und staatlicher Politik natürlich irgendwann einmal aufbrechen. Eine Folge davon war al-Qaida, auch wenn es im wahabitischen Establishment massiven Widerstand gegen die Terrorgruppe gibt. In seinem Artikel »Der rasende Wolf und die eingegrabene Schlange« schrieb der Kleri ker Khalid al-Ghannami, es gäbe unter Dschihadisten zwei Lager: »Die einen morden lieber ganz offen, während die anderen es vorziehen, im Untergrund abzuwarten, bis es sicher ist, aus seinem Loch zu kommen.« Wie in China ist das Internet zu einem Ort hitziger Debatten geworden, wo das Prinzip des »unbedingten Gehorsams« gegenüber dem Herrscher jeden Tag unter Beschuss gerät. Manche wagen sogar zu schreiben: »Unser Ziel muss sein, die Wahabiten von der Halbinsel zu vertreiben.« Würde Washington das je zulassen?
    Die massive US -Militärpräsenz im Königreich seit 1990 machte die Position des Herrscherhauses unangreifbar, trotz aller Unzufriedenheit. Die Ergebnis sah man dann am 11. September 2001. Am Tag nach den Anschlägen auf New York und Washington rief eine in London lebende Frau aus Saudi-Arabien ihre Schwester in Riad an. Ihre Nichte ging ans Telefon.
    »Ist deine Mutter da?«
    »Ja doch, liebste Tante. Ich hole sie gleich. Sonst hast du mir nichts zu sagen? Keine Glückwünsche für gestern?«
    Die liebste Tante, die wohl schon zu lang im Ausland lebte, war entsetzt. Hätte sie aber nicht sein müssen. Die Begeisterung im Land durfte sich zwar nicht offen zeigen, reichte aber bis in höchste Ebenen. Bestürzt mussten US -Geheimdienste belauschen, wie Angehörige des Königshauses den jüngsten Streich bin Ladens bejubelten. Damit hatte kein amerikanischer Geheimdienst gerechnet.
    Washington hatte es als zu selbstverständlich hingenommen, dass

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