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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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ihn so heftig auf einen Stuhl, dass er damit beinahe umgekippt wäre und sich nur knapp halten konnte. »Dabei bin ich noch nicht mal richtig ungemütlich geworden, Mikeyboy. Keineswegs. Wir sind gerade erst dabei, uns ein bisschen kennenzulernen.«
    »Sie sind kein Cop, oder?«, fragte O’Connell.
    »Du hast mit Cops Bekanntschaft gemacht, nicht wahr, Mikeyboy? Du hast nicht nur einmal einem Cop gegenübergesessen, hab ich recht?«
    O’Connell nickte.
    »Also, da sagst du hundertprozentig die Scheißwahrheit«, sagte Murphy lächelnd. Er hatte mit der Frage gerechnet. »Du solltest dir wünschen, ich wäre ein Cop. Ich meine, du solltest zu dem Gott, von dem du vielleicht annimmst, er würde dich hören, in diesem Moment ein Stoßgebet schicken, ›Bitte, mach, dass er ein Cop ist …‹, denn Cops, na ja, die haben Vorschriften, Mikeyboy. Vorschriften und Regeln. Aber ich nicht. Ich mach dir entschieden mehr Ärger. Ganz entschieden mehr. Ich bin Privatdetektiv.«
    O’Connell schnaubte verächtlich, und Murphy schlug ihm ins Gesicht. Das Geräusch seiner flachen Hand auf O’Connells Wange hallte in der Wohnung wider.
    Murphy lächelte. »Dir müsste ich das doch eigentlich nicht erklären, dir doch nicht, jemandem mit deinem Durchblick, Mikeyboy. Aber okay, ein kleiner Diskussionsbeitrag, lass dir einpaar Sachen erklären. Erstens, ich war mal Cop. Hab mehr als zwanzig Jahre damit zugebracht, Leute zusammenzuscheißen, die um einiges taffer waren als du. Die meisten von den taffen Jungs sitzen jetzt im Knast und verfluchen mich. Oder aber sie sind tot und verschwenden nicht mehr allzu viele Gedanken an meine Wenigkeit, weil sie im Jenseits mit größeren Problemen zu kämpfen haben. Zweitens habe ich eine ordentliche, uneingeschränkte Befugnis vom Bundesstaat Massachusetts wie auch der Regierung der Vereinigten Staaten, diese Waffe zu tragen. Und weißt du, worauf diese beiden Kleinigkeiten hinauslaufen?«
    O’Connell antwortete nicht, und Murphy schlug ihm wieder ins Gesicht.
    »Scheiße!«, rutschte es O’Connell heraus.
    »Wenn ich dir eine Frage stelle, Mikeyboy, dann hab doch bitte die Güte, mir zu antworten.«
    Er zog die Hand zurück, und O’Connell sagte: »Ich weiß nicht. Worauf laufen sie hinaus?«
    Murphy grinste. »Ich meine, ich habe Freunde – richtig gute Freunde, nicht so wie unser kleines Freundschaftsspielchen hier, sondern echte Kumpel, die mir mehr als einen Gefallen schulden, weil ich ihnen in all den Jahren mehr als einmal den Arsch gerettet habe. Die sind jederzeit bereit, ihn sich für mich aufzureißen, und die glauben mir alles, was ich ihnen über unser kleines Treffen heute Abend erzähle. Egal was passiert, geben die keinen Pfifferling für einen Dreckskerl wie dich. Und wenn ich denen erzähle, dass du mit einem Messer oder mit sonst einer Waffe auf mich losgegangen bist, die ich dir in die leblose Hand stecke, und wenn ich denen sage, es sei einfach dein verdammtes Pech gewesen, dass ich dir deinen armen kleinen Hintern wegpusten musste, dann glauben die mir aufs Wort. Die werden mich sogar dazu beglückwünschen, dass ichein bisschen aufgeräumt habe, bevor du noch mehr Ärger machen konntest. Die werden das unter
Verbrechensvorbeugung
abbuchen. Also, das ist so ungefähr die Situation, in der du dich im Moment befindest, Mikeyboy. Mit anderen Worten: Ich kann so ziemlich alles tun, was ich verdammt noch mal will, und du bist absolut machtlos dagegen. Ist das klar?«
    O’Connell zögerte, nickte aber, als er sah, wie Murphy zum nächsten Schlag ausholte.
    »Gut. Selbsterkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung, wie es so schön heißt.«
    O’Connell schmeckte etwas Blut auf seinen Lippen.
    »Ich will es besser noch mal wiederholen, damit es keine Missverständnisse gibt: Mir steht es frei zu tun, was ich für richtig halte, einschließlich der Möglichkeit, dich auf dem direktesten Weg ins Jenseits zu befördern, oder genauer gesagt, in die Hölle. Hast du das kapiert, Mikeyboy?«
    »Ich denke schon«, erwiderte O’Connell.
    Murphy fing an, um den Stuhl herumzuwandern. Dabei berührte der Lauf seiner Waffe die ganze Zeit O’Connell an irgendeiner Stelle, klopfte ihm schmerzhaft auf den Kopf oder drückte in die Höhlung zwischen seinem Hals und der Schulter.
    »Ziemlich schäbige Bleibe, muss ich sagen, Mikeyboy. Ziemlich runtergekommen. Drecksloch …« Murphy starrte quer durch den Raum und sah einen Laptop auf dem Tisch. Er nahm sich vor, ein paar von

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