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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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Freunde, folglich auch keinen Spitznamen. Weißt du was, Mikeyboy, ich lass mir selbst was einfallen, während wir hochgehen. Denn, glaub mir, du wirst dir wünschen, mich zum Freund zu haben, und zwar mehr, als du dir jemals irgendetwas auf der Welt gewünscht hast. Im Moment, Mikeyboy, gibt es absolut nichts Wichtigeres für dich, als dafür zu sorgen, dass ich dein Freund bleibe. Geht das in deinen Schädel?«
    O’Connell stöhnte vor Schmerz, als er versuchte, sich weit genug umzudrehen, um Murphy ins Blickfeld zu bekommen, doch der ehemalige Bulle hielt sich genau hinter ihm und flüsterte ihm ins Ohr, ohne den Druck auf seinen Arm und in denunteren Rücken auch nur einen Moment zu lockern, während er ihn vorwärtsschob.
    »Rein mit dir. Die Treppe hoch. Ab in deine Wohnung, Mikeyboy. Damit wir in aller Ruhe reden können.«
    Und so stolperte O’Connell im unnachgiebigen Griff von Matthew Murphy durch die Haustür und zum zweiten Stock hinauf, ohne dass der beißende Spott an seinem Ohr auch nur einen Moment verstummte.
    Als sie O’Connells Tür erreichten, packte Murphy noch fester zu, und der alte Hase spürte, wie sein Opfer vor Schmerz zusammenzuckte.
    »Und noch was, Mikeyboy. Wenn wir Freunde sein sollen, dann darfst du mich nicht wütend machen. Dann solltest du alles daransetzen, dass ich nicht die Beherrschung verliere. Sonst zwingst du mich vielleicht, etwas zu tun, das du hinterher bereust, wenn du noch Gelegenheit hast, etwas zu bereuen, was ich sehr bezweifeln möchte. Verstehst du? Und jetzt hübsch langsam die Tür auf, wenn ich bitten darf.«
    Als O’Connell es geschafft hatte, den Schlüssel aus seiner Tasche zu holen und ins Schloss zu stecken, warf Murphy einen Blick in den Flur und sah die nachbarliche Katzenmenagerie in die Ecken flitzen. Eine buckelte sogar und fauchte in O’Connells Richtung.
    »Nicht allzu beliebt hier in der Gegend, was, Mikeyboy?«, stellte Murphy fest und verdrehte dem jungen Mann erneut den Arm. »Hast du was gegen Katzen? Haben die was gegen dich?«
    »Wir verstehen uns nicht besonders«, stöhnte O’Connell.
    »Ich bin nicht überrascht«, sagte Murphy und schubste den Jüngeren hinterhältig, so dass er in die Wohnung taumelte. O’Connell stolperte über einen fadenscheinigen Teppich am Boden. Stürzte nach vorn und schlug unsanft gegen eine Wand.Er wollte sich umdrehen und endlich den ersten Blick auf Murphy werfen.
    Doch der Detektiv war für einen Mann im mittleren Alter erstaunlich agil; er beugte sich wie ein spöttisch grinsendes mittelalterliches Fabelwesen an einer Kirche über ihn und durchbohrte ihn mit seinem bösen Blick. O’Connell strampelte, um sich wenigstens in eine halb sitzende Position aufzurichten, und starrte den ehemaligen Kripobeamten an.
    »Das gefällt dir nicht besonders, wie, Mikeyboy? Bist es nicht gewöhnt, dich rumschubsen zu lassen, was?«
    O’Connell sagte nichts. Er versuchte immer noch, die Situation richtig einzuschätzen, und er wusste genug, um den Mund zu halten.
    Murphy nutzte diesen Moment, um langsam das Jackett zurückzuziehen, so dass die .380er im Schulterhalfter zum Vorschein kam. »Ich hab einen Freund mitgebracht, Mikeyboy. Wie du siehst.«
    Der junge Mann stöhnte wieder auf und blickte abwechselnd von der Waffe zu ihrem Besitzer. Murphy griff rasch in seine Jacke und zog die Automatik. Das war zwar nicht geplant, doch etwas in O’Connells trotzigem Blick sagte ihm, dass er die Sache beschleunigen sollte. Mit einer raschen Bewegung schob er eine Ladung in die Kammer und legte den Daumen an den Sicherungshebel. Langsam senkte er die Pistole, bis sich die Mündung in O’Connells Stirn zwischen den Augen drückte.
    »Leck mich«, schnaubte der Jüngere.
    Murphy presste ihm das Eisen an die Nasenwurzel, fest genug, dass es weh tat, aber nicht so fest, dass sie brach. »Falsche Wortwahl«, erklärte er. Dann beugte er sich hinunter, packte mit der Linken O’Connells Wangen und drückte sie fest zwischen den Fingern. »Und ich dachte, wir würden Freunde werden.«
    O’Connell starrte den ehemaligen Kripomann weiter unverwandt an, und Murphy schlug seinen Kopf mit einer abrupten Bewegung gegen die Wand. »Ein bisschen mehr Höflichkeit, wenn ich bitten darf«, sagte er kalt. »Ein wenig kultiviertes Benehmen. Macht alles entschieden leichter.« Dann packte er O’Connell an der Jacke und zog ihn hoch, ohne die Handfeuerwaffe von ihrem Platz zu nehmen. Murphy manövrierte den Jüngeren rückwärts und stieß

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