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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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die falsche Antwort, und Sally hätte ihn dafür erwürgen können.
    »Nein, das Lokalblatt.«
    »Nein. Wieso?«
    »Es gibt eine Meldung auf der Titelseite, über den Mord an einem ehemaligen Kripobeamten in Springfield.«
    »Ja. Bestimmt ein tragischer Fall. Und?«
    »Es ist der Privatdetektiv, den ich zu Michael O’Connell geschickt habe, während du Ashley aus Boston geschleust hast. Er hat sein Ding durchgezogen, kurz nachdem du ihr Verschwinden arrangiert hast.«
    »Sein
Ding …?
«
    »Ich hab nicht allzu viele Fragen gestellt. Und er war auch nicht sonderlich gesprächig. Aus offensichtlichen Gründen.«
    Scott zögerte. »Und was genau hat das mit uns und Ashley zu tun?«
    Sallys Antwort kam prompt. »Wahrscheinlich nichts, vermutlich reiner Zufall. Wohl nur ein unglückliches Zusammentreffen von Ereignissen. Der Detektiv hat mir berichtet, er hätte sich mit O’Connell getroffen, und wir hätten nichts mehr von ihm zu befürchten. Und dann wird er plötzlich ermordet. Das beunruhigt mich, ein bisschen. Ich kann nicht sagen, ob es einen Zusammenhang gibt, aber ich dachte, du solltest es zumindest wissen. Ich meine, es verändert möglicherweise die Situation, irgendwie.«
    »Willst du demnach«, fragte Scott im wohlmodulierten Vorlesungston, »willst du damit sagen, wir hätten ein Problem?Verdammt, ich dachte, wir hätten unter die ganze Sache einen Schlussstrich gezogen. Ich dachte, wir hätten den Mistkerl ein für alle Male hinter uns gelassen.«
    »Ich weiß nicht. Haben wir ein Problem? Ich glaube eigentlich nicht. Ich wollte dich nur über etwas in Kenntnis setzen, das möglicherweise von Bedeutung ist.«
    »Hör mal, Ashley ist noch oben in Vermont, gesund und wohlbehalten bei Hopes Mutter. Mir scheint, unser nächster Schritt besteht darin, sie für ein neues Graduiertenstudium einzuschreiben, vielleicht unten in New York oder auch an der Westküste in San Francisco, wo sie noch nie war. Ich weiß, dass sie an Boston hängt, aber wir waren uns darin einig, dass sie einen neuen Anfang machen muss. Also verbringt sie ein bisschen Zeit in Vermont, sieht zu, wie sich die Blätter verfärben und zugeschneit werden, und fängt im Frühjahrssemester wieder an. Ende der Geschichte. Wir sollten in diese Richtung weiterarbeiten und uns nicht ständig irgendeinen Schrecken einjagen lassen.«
    Sally biss die Zähne zusammen. Sie hasste solche Belehrun gen.
    »Chimäre«, sagte sie.
    »Wie bitte?«
    »Ein mythologisches Untier von entsetzlichen Ausmaßen, das es in Wahrheit gar nie gab.«
    »Ja. Und?«
    »So kann man die Sache auch sehen. Unter dem akademischen Blickwinkel«, erklärte Sally, um Scott zu irritieren. Das hätte sie eigentlich unterlassen sollen, tat es aber doch. Gescheiterte Beziehungen bringen Verhaltenszwänge mit sich, und darum handelte es sich hier.
    »Nun ja, vielleicht. Wie auch immer, wir sollten an die Zukunft denken. Wir müssen Ashleys Universitätszeugnisse abholen, damit sie sich erneut an Graduiertenschulen bewerbenkann, selbst wenn es zunächst nur eine Gasthörerschaft wäre. Am besten erledigt das einer von uns und nicht sie. Und wir lassen die Zeugnisse an uns schicken und nicht nach Vermont.«
    »Das übernehme ich. Mit der Büroadresse.« Sally legte auf und war wie immer betroffen, wie gut sie ihren Exmann kannte. Er hatte sich über die Jahre nicht geändert, nicht seit ihrer ersten Begegnung und nicht durch irgendetwas, das seitdem geschehen war. Er war so vorhersehbar wie eh und je.
    Sie saß immer noch an ihrem Schreibtisch. Sie blickte aus dem Fenster und sah, dass die Dunkelheit das letzte Licht des Tages geschluckt hatte und sogar die Schatten schwarz geworden waren.
     
    Michael O’Connell beobachtete von seinem Posten unter einer ausladenden Eiche keinen halben Häuserblock von Sallys und Hopes Haus entfernt, wie dieselben Schatten länger wurden.
    Er fühlte sich innerlich beschwingt, als wäre mit den Händen zu greifen, wie viel näher er Ashley war. Er sah, wie in beiden Straßenrichtungen die Lichter angingen. Alle paar Minuten schwang sich ein Wagen herauf, dessen Scheinwerfer über die Rasenflächen strich. Er sah, wie in den Küchen gearbeitet, wie das Abendessen gerichtet wurde und wie der metallische Schimmer der Fernseher durch die Fenster drang.
    Mir bleibt nur wenig Zeit. Er glaubte allerdings auch nicht, dass er viel brauchte.
    Sally und Hope wohnten an einer älteren, kurvenreichen Straße. Hier herrschte eine seltsame architektonische Mischung aus

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