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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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einigen neueren Ranchhäusern, die sich unter die stattlichen viktorianischen Villen aus der Jahrhundertwende mischten. Es war ein eigenartiges Viertel, mit seinen Alleen und demsoliden Mittelstandsflair ziemlich begehrt. Dort lebten vornehmlich Ärzte, Anwälte, Professoren. Eine Menge Rasen und Hecken und kleine Gärten und Halloween-Partys. Nicht eins der Viertel, in denen die Leute viel in die Sicherheitstechnik und die neuesten Schutzsysteme investierten.
    O’Connell huschte schnell die Straße entlang. Er wusste, dass Sally gewöhnlich erst spät aus der Kanzlei kam und Hope Fußballtraining hatte, bis es zu dunkel war, um den Ball zu erkennen. Somit brauchten sie beide noch eine Weile.
    Er tastete sich von einem Baumstamm zum anderen weiter und schlüpfte, ohne zu zögern, in die dunklen Schatten neben ihrem Gebäude. Hinter der Einfahrt befand sich ein alter Holzzaun mit einem Zugang zum rückwärtigen Garten. Als im Nachbarhaus die Lichter in der Küche angingen, wartete er einen Moment eng an die Außenwand geschmiegt.
    Das Haus war auf einer kleinen Anhebung errichtet, so dass sich der Hauptwohntrakt oberhalb seines Kopfes befand. Doch wie viele ältere Häuser verfügte es über einen großen, so gut wie nie genutzten Keller, zu dem eine alte Tür mit angefaultem Holzrahmen führte. Er brauchte keine zehn Sekunden, um sie aufzustemmen.
    Er ließ die Tür hinter sich angelehnt und holte seine rotverklebte Taschenlampe heraus. Bei dem Gedanken, dass er nur wenige Meter von diesem feuchtkalten Raum, in dem er stand, etwas finden würde, das ihm sagte, wo genau Ashley sich jetzt befand, holte er tief Luft. Ein Brief mit Absender. Eine Telefonrechnung. Kreditkartenauszüge. Ein Zettel mit ihrem Namen an der Kühlschranktür. Aufgeregt leckte er sich die Lippen, während seine Hände vor Spannung fast zitterten. Der Einbruch in Murphys Büro war nichts Besonderes gewesen, ein Etappensieg auf dem Weg zu Ashley. Er fand, dass er umsichtig und professionell vorgegangen war.
    Dieser Einbruch hier war etwas anderes. Dies war ein Liebesdienst.
    Er blieb einen Moment stehen, um die abgestandene Kellerluft einzuatmen. Wenn sie nur wüsste, was ich alles auf mich nehmen musste, um sie zu finden und uns zusammenzubringen, dachte er, dann würde sie begreifen, wieso wir füreinander bestimmt sind. Irgendwann einmal, malte er sich aus, würde er ihr sagen können, dass er Prügel bezogen, Gesetze gebrochen, seine Sicherheit und Freiheit aufs Spiel gesetzt hatte, alles nur für sie.
    Wenn sie mich danach nicht lieben kann, war sein nächster Gedanke, dann hat sie nicht verdient, irgendjemanden zu lieben. Er fühlte ein Zucken, einen Muskelkrampf quer durch seinen Körper, und er musste sich anstrengen, um ihn unter Kontrolle zu bekommen. Er merkte, wie sein Atem flach und stockend wurde. Eine Sekunde lang mahnte er sich, die Ruhe zu bewahren. Er malte sich Sally aus. Hope. Scott, und dabei stieg die blanke Wut in ihm auf. Die eng verflochtenen Gefühle von Liebe und Hass waren nicht mehr auseinanderzuhalten. Als er wieder einigermaßen ruhig geworden war, machte er sich vorsichtig auf den Weg durch den Keller, bis er an eine wackelige Treppe kam, die ihn nach oben in den Wohnbereich führte. Er war nicht sicher, wonach genau er zu suchen hatte, er wusste nur, dass es, was immer es war, in greifbarer Nähe sein musste.
    Er schob die Tür auf dem oberen Treppenabsatz auf und nahm augenblicklich an, dass er sich in einer Art Speisekammer im Anschluss an die Küche befand. Er wollte die Taschenlampe so schnell wie möglich ausschalten – selbst mit der dämpfenden roten Verklebung war ihr Schimmer viel eher dazu angetan, einen neugierigen Nachbarn auf den Plan zu rufen, als die Deckenlampe. Er sah eine Reihe Schalter an der Wand und erwischtemit dem ersten das Licht in der Küche. Mit einem Lächeln knipste Michael O’Connell die Taschenlampe aus.
    Bleib von den Fenstern weg, schärfte er sich ein, und fang an zu suchen. Es ist hier. Irgendwo. Alles, was du wissen musst. Ich merke es ganz deutlich. Ich komme, Ashley.
    Er machte noch einen Schritt, als ein tiefes, bissiges Knurren aus dem Dunkel der Eingangsdiele kam.
     

     
    Ich denke, wie bei den meisten Menschen, ist das, was mir Angst macht, entscheidend von Hollywood geprägt, das uns mit Außerirdischen, Vampiren, Monstern und Serienmördern überfüttert; dazu kommen diese brenzligen, unvorhersehbaren Momente im Leben, wenn der andere Wagen bei Rot über die Ampel

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