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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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etwas lauerte, das dieses geordnete Lebensgefüge bedrohen könnte. Sie hatte keine Ahnung, dass Ashley kurz zuvor derselbe Gedanke gekommen war.
    Als sie den Kopf umwandte, sah sie Sally hinter sich im Türrahmen stehen.
    »Bist du spät dran?«, fragte Sally. »Wann fängt das Spiel an?«
    »Ist noch ein bisschen Zeit«, antwortete sie.
    »Ist das Spiel heute wichtig?«
    »Sie sind alle wichtig, aber ein paar davon mehr als die anderen. Wir machen uns nicht schlecht.« Sie zögerte, bevor sie hinzufügte: »Sie müssten jeden Moment da sein. Hat Scott nicht gesagt, dass er früh losfahren will?«
    Auch Sally brauchte einen Moment, bevor sie antwortete: »Ich glaube, wir sollten Scott hereinbitten, er wird dabei sein wollen, wenn wir Entscheidungen treffen.«
    »Gute Idee«, stimmte Hope zu, wenn auch nicht wirklich überzeugt.
    Alles, was Scott betraf, versetzte sie in eine Situation, die man oberflächlich betrachtet als peinlich hätte bezeichnen können, aber ihre Schwierigkeiten gingen viel tiefer und waren komplizierter. Sie glaubte, dass Scott sie hasste, auch wenn er sich nie explizit geäußert hatte.
    Zumindest hasste er es, sie zu sehen. Oder hasste das, wofür sie stand. Oder das, was sie getan hatte, damit Sally sich für sie entschied, oder einfach das, was zwischen ihnen geschehen war. Wie auch immer, er brachte ihr innerlich geballte Wut entgegen, und sie hatte es aufgegeben, daran je etwas ändern zu wollen.
    »Ich überlege nur«, sagte Sally, »ob es so klug wäre, wenn du bei seiner Ankunft da bist, und ich ihn bitte, reinzukommen.«
    Da war es also, dachte Hope.
    Sie war auf der Stelle wütend und zugleich enttäuscht von Sally. Es erschien ihr ganz und gar unfair; schließlich waren genügend Jahre verstrichen, um einen zivilisierten Umgang zwischen ihnen zu ermöglichen, selbst wenn die unterschwelligen Gefühle stets stark waren. Es versetzte sie in Rage, dass Sally auf Scotts Gefühle Rücksicht nehmen wollte, indem sie ihre mit Füßen trat. Auch sie hatte Jahre in Ashleys Erziehung investiert, und obwohl sie nicht ihr Fleisch und Blut war, lagihr das Glück des Mädchens genauso am Herzen wie Scott und Sally.
    Sie biss sich auf die Lippen. Überleg dir genau, was du sagst. »Ich denke, das wäre nicht fair. Aber wenn du es für wichtig hältst, dann beuge ich mich deiner höheren Weisheit in diesen Dingen.«
    Den letzten Teil des Satzes konnte man sarkastisch verstehen, und Sally war sich nicht sicher, wie er gemeint war.
    Sie trat einen Schritt zurück und war über sich selbst erschrocken, dass sie überhaupt erwogen hatte, Hope aus dem Haus zu schicken, nur weil sie Scott erwartete. Was mache ich nur?
    »Nein …«, fing sie an, wurde jedoch vom Geräusch des Wagens unterbrochen, der die leichte Anhöhe zu ihrem Haus hochfuhr. »Da sind sie«, sagte sie.
    »Nun ja«, stellte Hope steif fest, »dann bin ich wohl da.«
    Nameless erkannte das Geräusch des Autos und sprang mit einem Satz auf. Sie gingen zusammen zur Haustür, und der Hund zwängte sich zwischen ihren Beinen hindurch, während der Porsche in die Einfahrt rollte. Als Ashley aus dem Wagen stieg, war Nameless schon bei ihr. Sie bückte sich und streckte ihr Gesicht seiner Schnauze entgegen, um die nasse Hundebegrüßung in Empfang zu nehmen. Auch Scott verließ, ein wenig unsicher, wie es jetzt weitergehen sollte, den Porsche. Er hob zögernd die Hand, um Sally zuzuwinken, und nickte in Hopes Richtung.
    »Wohlbehalten angekommen«, sagte er.
    Sally ging über den Rasen zur Einfahrt und blieb kurz stehen, um Ashley zu umarmen. »Willst du nicht reinkommen, damit wir zusammen planen können, wie wir weiter vorgehen?«, fragte sie Scott.
    Ashley hob den Kopf und sah ihren Vater und ihre Mutter an. Sie wurde sich in diesem Moment bewusst, wie selten sich diebeiden jemals auch nur auf Armeslänge nahe kamen. Ihre Begegnungen waren stets von einem gewissen Abstand charakterisiert.
    »Das liegt bei Ashley«, erklärte Scott. »Vielleicht hat sie keine Lust, sich direkt in die Sache zu stürzen. Vielleicht braucht sie erst ein Mittagessen und muss sich ein bisschen erholen.«
    Beide sahen Ashley erwartungsvoll an, und sie nickte, auch wenn sie dabei das Gefühl hatte, etwas Feiges zu tun.
    »In Ordnung«, entschied Sally in ihrem kompetenten Anwaltston. »Dann heute Nachmittag. Sagen wir, zwischen vier und halb fünf?«
    Scott nickte. Dann deutete er aufs Haus. »Hier?«
    »Wieso nicht?«, fragte Sally.
    Scott fielen ein Dutzend

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