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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Verkaufsstand an und inzwischen bot er den Fremden die ganze Palette russischer Folklore feil: Keramik aus Gschel, Chochloma-Malerei, »echte« militärische Ehrenabzeichen, Armeemützen, bemalte Matrjoschkas und Ansichtskarten von Moskau. Dieses Geschäft machte einen nicht reich, doch man konnte anständig davon leben, ohne sich um die Zukunft sorgen zu müssen, denn der Strom der Touristen riss niemals ab. Im Gegenteil, an manchen Tagen gab es eine regelrechte Invasion von Fremden. Zum Beispiel heute.
    Ein so gutes Geschäft hatten die Souvenirhändler an einem Samstag schon lange nicht mehr gemacht. Bereits am Vormittag waren über zwei Dutzend Reisebusse zur Aussichtsplattform der Sperlingsberge gerollt. Das Ende des Altweibersommers rückte näher, und so bemühten sich die Reisebüros, vor dem Wintereinbruch noch einmal möglichst viele Kunden durch die Moskauer Sehenswürdigkeiten zu schleusen. Die Touristen ihrerseits rissen sich förmlich um Kusmas geschmacklose Souvenirs. Gleb hatte fast seine gesamten Vorräte verkauft. Nun lehnte er träge an der Umzäunung und rauchte.
    »Ein bombiger Tag, nicht wahr?«, rief Wowtschik, ein junger Bursche, der am Nachbarstand als Aushilfe arbeitete.
    Kusma grinste gönnerhaft und spuckte über den Zaun: »Es geht, ja.«
    Kusma galt als alter Hase auf den Sperlingsbergen, genoss hohes Ansehen unter den Kollegen und wollte sein souveränes Auftreten nicht dadurch beschädigen, dass er sich ausgelassen über einen erfolgreichen Tag freute.
    »Was meinst du, ob bis zum Abend noch ein paar Busse kommen?«
    »Einer oder zwei. Eher einer.«
    Gleb irrte sich nur selten.
    »Zwei wären besser«, erwiderte Wowtschik munter. »Ich brauch die Kohle.«
    »Wozu denn?«, spöttelte Kusma. »Mama und Papa füttern dich doch durch.«
    »Ich möchte mir ein Auto kaufen«, verkündete Wowtschik stolz. »Aber ein ordentliches.«
    »So eins?«, fragte Kusma und wies mit einer lässigen Kopfbewegung in Richtung Straße.
    Wowtschik folgte seinem Blick und erblasste vor Neid: An der Ampel stand ein blitzblankpolierter bordeauxroter Lincoln der neuesten Baureihe, in dessen Innenraum ein gepflegter Mann in Begleitung zweier hübscher junger Damen saß.
    »Wow!«, rief Wowtschik voller Bewunderung. »Um mir so einen Schlitten leisten zu können, müsste ich mein ganzes Leben lang hier jobben.«
    »So ist es«, bestätigte Kusma trocken, warf seine Zigarettenkippe weg und sah der anfahrenden Luxuslimousine hinterher.
     
    »Warum bist du hier abgebogen?«, erkundigte sich Tapira, als der bordeauxrote Lincoln die Kosygin-Straße verließ und über einen schmalen Schotterweg holperte.
    »Überraschung«, grinste Bogdan triumphierend. »Ich habe ein stationäres Lastenportal zum Thron der Kraft eingerichtet.«
    Als der Wagen unter dichtem Strauchwerk zum Stehen kam, murmelte der Ritter eine kurze Zauberformel, und vor der Windschutzscheibe entstand ein roter Wirbel. Eine unsichtbare Kraft erfasste den Lincoln und hob ihn sanft vom Boden ab. Im Fahrgastraum wurde es plötzlich stockfinster, doch schon wenige Augenblicke später drang wieder Licht durch die Fenster, und Bogdan trat hart auf die Bremse. Tapira blickte sich um. Der Wagen stand direkt unter dem Thron der Kraft.
    »Cool ausgedacht.«
    »Danke für das Kompliment, Liebste.« Bogdan stieg aus, begab sich zu dem Artefakt, das auf einer Geländerstange befestigt war und die Form einer kleinen roten Echse hatte, hielt die Hand darüber und murmelte abermals einen Zauberspruch. »Jetzt sind wir hier sicher.«
    Der Salamanderring , ein klassisches Schutzartefakt, erzeugte um den Thron der Kraft ein kreisrundes Energiefeld. Jedes Objekt, das in dieses Feld eindrang, wurde augenblicklich zu Asche verbrannt. Ein zweites Artefakt – eine schwarze Glaskugel, die auf einer kleinen Bank lag – hüllte den Thron der Kraft in ein Trugbild, damit Unbeteiligte ihn nicht sehen konnten.
    »Wir haben nicht viel Zeit. Bereite Olga vor, während ich mich umziehe.«
    »Okay.« Die Morjane beugte sich zu der jungen Frau, die wie versteinert auf dem Rücksitz saß, und zog an der Leine . »Steig aus.«
    »Was soll das denn, Galja, bitte!«, flehte Olga, während sie gehorsam aus der Limousine kletterte.
    Die junge Frau hatte keine Chance, sich physisch gegen das Ruhigstellungsartefakt zu wehren, doch sie bekam alles mit, was um sie herum vor sich ging. Tapira seufzte und sah verstohlen zu Bogdan hinüber, der sein klassisches Gewand anlegte.
    »Es ist zu

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