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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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ruhigen Augen sprach keinerlei Anspannung oder Nervosität. Die Leibwächter vor der Tür schienen ihn überhaupt nicht zu kümmern. Oder schlief das nichtsnutzige Pack?
    »Wer hat dich geschickt?«, erkundigte sich Wachtang heiser und griff nach dem Wasserglas auf dem Nachtkästchen. »Ich mache mal das Licht an, wenn du nichts dagegen hast.«
    »Niemand hat mich geschickt, ich bin aus eigenem Antrieb gekommen«, antwortete der ungebetene Gast. »Das Licht kannst du ruhig anmachen. Es stört mich nicht.«
    Es stört ihn nicht! Spinnt der, oder was?
    Rioni trank einen Schluck Wasser, stellte das Glas zurück und betätigte den Schalter. Das weiche Licht eines Wandleuchters erhellte den Raum.
    »Was willst du?«
    »Ein Stück Brot.«
    »Was?« Wachtang traute seinen Ohren nicht. »Bist du behindert? Ein Irrer?«
    Nun konnte er seinen Gast deutlich sehen: Ein Mann von schätzungsweise fünfunddreißig Jahren, groß, breitschultrig, mit einem albernen Kinnbart, ziemlich langen, roten Haaren und harten Gesichtszügen.
    »Nein, Wachtang. Ich bin kein Irrer.« Bogdan erhob sich vom Stuhl und schlenderte lässig durchs Zimmer. Dabei warf er einen desinteressierten Seitenblick auf die kaum verhüllte Eleonora. »Ich bin gekommen, weil ich Arbeit suche.«
    »Was redest du da für einen Müll?!«
    »Müll?«, echote der Rothaarige gedehnt und angewidert, so als sei dieses Wort unter seiner Würde. »Ich habe fünfzehn Jahre für den Geheimdienst gearbeitet. Achte Abteilung, wir waren direkt der Direktion unterstellt.« Bogdan machte eine Pause. »Schon mal was von psychophysischen Waffen gehört?«
    »Versteht sich«, erwiderte Wachtang mechanisch und hob unschlüssig die Schultern.
    Der Begriff »psychophysische Waffen« sagte ihm wenig bis nichts. Er erinnerte sich dunkel an einen Artikel über Psychokampfstoffe, den ihm Sofotschka – oder war es Swetotschka? – einmal vorgelesen hatte. Irgendetwas in der Richtung war wohl gemeint. Uninteressant. Er musste diesem Trottel irgendwie klarmachen, dass er seine Zeit nicht mit leerem Blabla über die Umtriebe des KGB verschwenden konnte.
    Bogdan schaute ihn erwartungsvoll an, und Rioni hüstelte.
    »Was gehen mich psychophysische Waffen an. Ich mache Geld, kapiert, dafür brauche ich keine Bücher zu lesen. Wie viel verdienst du?«
    »Gut, dass du selbst darauf zu sprechen kommst, Wachtang«, erwiderte der Rothaarige grinsend. »Aber bevor wir über die Bezahlung reden, erkläre ich dir, was ich zu bieten habe.« Bogdan atmete durch und starrte sinnierend an die Decke. »Weißt du, Wachtang, die Gehirnfunktion eines Hum… ähm … eines Menschen spielt sich auf einer ganz bestimmten Wellenlänge ab. Allen Gefühlen, Empfindungen und vor allem Gedanken liegen – vereinfacht gesagt – ganz gewöhnliche physiologische Prozesse zugrunde, die nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten ablaufen. Diese Prozesse lassen sich beeinflussen und kontrollieren.«
    »Du sprichst von Gedankenlesen?«
    Der Rothaarige schüttelte herablassend den Kopf.
    »Gedankenlesen – das ist Kinderkram. Viel interessanter ist es, das Denken und Fühlen zu manipulieren. Auf diese Weise kannst du jemanden dazu bringen, etwas wahrzunehmen, was nicht existiert, oder an etwas zu glauben, das es in Wirklichkeit nicht gibt. Du kannst eine Zielperson so beeinflussen, dass sie sich vor jedem harmlosen Schatten fürchtet oder, umgekehrt, völlig furchtlos in den sicheren Tod geht. Deine Leibwächter schlafen nicht, Wachtang. Ich habe ihren primitiven Gehirnen lediglich den Gedanken eingeimpft, dass es im Schlafzimmer völlig still ist. Sie hören uns nicht. Wir könnten den Fernseher einschalten, herumschreien oder die Möbel zertrümmern – sie würden trotzdem glauben, dass hier alles ruhig sei.«
    »Und deswegen bist du nachts gekommen, um mir das zu zeigen?«
    »Genau«, bestätigte Bogdan. »Ein guter Trick, oder nicht?«
    »Durchaus.« Rioni setzte sich bequemer aufs Bett. »Für einen Killer eine sehr praktische Fähigkeit.«
    »Das auch.«
    »Hast du schon mal jemanden umgebracht?«
    »Ja.«
    »Belastet dich das nicht?«
    »Nein.«
    »Was willst du?«
    »Mit dir zusammenarbeiten.« Bogdan legte die Stirn in Falten. »Vom Geheimdienst kann man sich nicht einfach so absetzen. Die werden mich suchen. Mit deiner Hilfe könnte ich diesen Nachstellungen entgehen und mir eine neue Identität zulegen. Du kannst mir glauben, dass sich das für dich lohnen wird.«
    »Warum hast du den Job beim Geheimdienst hingeschmissen?

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