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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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    »Aus finanziellen Gründen.« Der Rothaarige zuckte mit den Achseln. »Was haben die mir schon zu bieten? Eine Wohnung, ein Auto mit Fahrer und eine mickrige Rente. Das ist mir zu wenig.«
    »Du bist gierig, nicht wahr?«
    »Ich habe meine ganze Jugend in geheimen Forschungslabors verbracht. Dafür erwarte ich eine Gegenleistung. «
    »Verstehe.« Rioni hatte sich endlich gefangen und griff mechanisch nach seinen Zigaretten.
    »Ich würde dich bitten, nicht zu rauchen«, sagte Bogdan mit Nachdruck. »Ich kann Zigarettenrauch nicht ausstehen.«
    »Seit wann sind Geheimdienstler so empfindlich?«
    Wachtangs Griff nach den Zigaretten ging ins Leere. Dabei war er sich absolut sicher, dass er am Abend eine Packung Marlboro aufs Nachtkästchen gelegt hatte. Er sah in der Schublade nach und suchte dann am Boden. Die Zigaretten waren verschwunden.
    »Du hast sie weggenommen, nicht wahr?«
    »Wachtang«, seufzte Bogdan. »Die Packung liegt auf dem Nachtkästchen. Du kannst sie nur nicht sehen.«
    Rioni machte ein misstrauisches Gesicht und tastete hektisch das Nachtkästchen ab.
    »Das glaube ich nicht.«
    »Jetzt liegt die Packung neben deinem rechten Fuß«, teilte der Rothaarige geschäftsmäßig mit. »Überzeuge dich selbst.«
    Wachtang sah zu Boden und tatsächlich: Die Packung Marlboro lag neben seinem rechten Fuß. Sekundenlang starrte er konsterniert auf die rote Schachtel, dann streckte er die Hand danach aus. Doch die Zigaretten verschwanden abermals, und seine Hand griff in den weichen Teppichflor.
    »Wo ist sie?«
    »Du kannst sie weder sehen noch spüren. Eine perfekte Sinnestäuschung.«
    Wachtang richtete sich auf und sah dem Rothaarigen in seine undurchdringlichen braunen Augen.
    »Wie machst du das?«
    Bogdan zog ein flaches Gerät mit einigen Tasten aus der Tasche.
    »Ein Signalverstärker. Damit manipuliere ich deine Wahrnehmung nach Belieben.« Das Gerät hing an einem dünnen Kabel, das irgendwo unter dem Hemd des Rothaarigen verschwand. »Meine persönliche Erfindung. «
    »Dann bist du womöglich gar nicht hier?«
    »Wer weiß.«
    »Wahnsinn!« Wachtangs Augen begannen zu leuchten. »Keine Sorge, Mann, du wirst dein Stück Brot bekommen. «
    Die Möglichkeiten, die das Gerät eröffnete, schienen geradezu fantastisch. Als Erstes würde er Chamberlain den Gedanken einimpfen, dass es an der Zeit sei, sich zur Ruhe zu setzen und die Kontrolle über Moskau seinem alten, treuen Freund Wachtang Rioni zu überlassen. So wie es aussah, war der rothaarige Trottel bereit, für Geld alles zu tun. Später würde er ihn dann diskret beseitigen …
    Bogdan steckte das Gerät in seine Tasche zurück und hielt plötzlich einen goldenen Ring mit einem schwarzen Brillanten in der Hand.
    »Stecke ihn an deinem linken kleinen Finger an.«
    »Wozu?«
    »Das ist ein Signalhemmer. Sobald der Ring an deinem Finger sitzt, kannst du deine Schachtel Marlboro wieder sehen. Wie im Märchen.« Der Rothaarige warf Wachtang den Ring zu. »Probier’s aus.«
    Rioni drehte das Kleinod skeptisch in der Hand hin und her. »Ein gewöhnlicher Ring.«
    »Und wie sollte deiner Meinung nach so ein Psychogerät aussehen? Knallrot und mit der Aufschrift ›Vorsicht, psychophysische Waffe‹?«
    »Auch wieder wahr«, gab Wachtang zu und streifte sich den Ring über den Finger.
    Zunächst geschah gar nichts, und die Zigaretten blieben verschwunden, doch dann verlor Rioni plötzlich den Boden unter den Füßen. Eine unsichtbare Hand packte ihn am Kragen und zog ihn heftig nach oben. Er legte die Hände über den Kopf und kniff die Augen zusammen, da er erwartete, im nächsten Moment gegen die Zimmerdecke zu prallen. Doch nichts dergleichen geschah. Nach wenigen Sekunden ging der Spuk vorüber, und Wachtang fand sich auf allen vieren wieder. Allerdings nicht auf seinem weichen Schlafzimmerteppich, sondern auf einem harten Steinboden.
    »Was ist denn jetzt los?«
    »Ich habe noch mehr Tricks auf Lager«, teilte Bogdan mit, dessen Stimme von irgendwo weiter unten kam.
    Rioni sprang auf und sah sich um: meine Fresse! Das gibt’s doch nicht: die Sperlingsberge! In der Dunkelheit erkannte Wachtang das in den Himmel ragende Universitätsgebäude, die hell erleuchtete Brücke und die Schüssel des Lushniki-Stadions. Zu seinen Füßen funkelte das Lichtermeer der Metropole.
    »Ist das auch eine Sinnestäuschung?«, fragte Rioni kopfschüttelnd.
    Bogdan antwortete nicht.
    »In Wirklichkeit bin ich in meinem Schlafzimmer, nicht wahr? Voll krass. Du

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