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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Kommunistenschweinen haben wir ein hübsches Feuer unter dem Hintern gemacht«, pflegten die alten Männer zu sagen, wenn sie vor ihren Häusern zusammensaßen, sich den Bart kratzten und daran zurückdachten.
    Aber nur die alten Männer. Die Jüngeren und besonders die Frauen sprachen nicht gern über jene Gräueltat. Obwohl man sich darin einig war, dass es um die Kommissare nicht schade war, hatte der brutale Akt der Selbstjustiz bei den Landleuten doch ein gewisses Unbehagen hinterlassen. Vielleicht tat es ihnen auch einfach nur leid um das Jagdgut, das sie hatten niederbrennen müssen, weil niemand sich an dem roten Gesindel die Hände schmutzig machen wollte.
    Danach verharrte das Anwesen für lange Zeit im Zustand des Verfalls. Es kamen natürlich neue Herrschaften, um der waidmännischen Leidenschaft zu frönen, doch entweder hatten sie kein Jagdglück, oder die Erinnerung an das Schicksal ihrer Vorgänger war noch zu frisch, jedenfalls blieben sie nicht lang.
    Erst vor kurzem wurde der hübsche Flecken Land wiederentdeckt. An der Stelle, wo sich früher der Gutshof befand, errichtete man eine exklusive Siedlung mit acht Villen und verband sie durch eine asphaltierte Straße mit der Zivilisation. Schon bald rollten zahlreiche Nobelkarossen über die neue Trasse, und in der Siedlung wurde es lebendig.
    Und dennoch, von Zeit zu Zeit legte sich der Schatten jener verheerenden Feuersbrunst über die luxuriösen Behausungen und dann schüttelten die Alteingesessenen den Kopf und murmelten: »Ein verfluchter Ort.« Bogdan stellte seinen Lincoln etwa fünfhundert Meter vor der Schranke ab. Die Straße beschrieb hier eine Kurve, so dass die Wachmänner der Siedlung Zarenwinkel seinen Wagen an dieser Stelle nicht sehen konnten. Andernfalls hätten sie sich gewiss gefragt, was der fremde Schlitten in unmittelbarer Nähe der streng bewachten Villen verloren hat.
    Bogdan wusste genau, wo er hinmusste. Schon vor drei Wochen hatte er das entsprechende Haus ausgekundschaftet und sich vor drei Stunden nochmals davon überzeugt, dass sich an den Örtlichkeiten seither nichts Wesentliches verändert hatte. Ohne Eile hängte er am Rückspiegel ein kleines Amulett auf, das ihm als Zielmarke dienen sollte, um später wieder zu seinem Wagen zu gelangen. Danach zog er eine Schleuse aus der Tasche, ein kleines Artefakt, das dazu diente, ein flexibles Portal aufzubauen. Die Zielmarke für die Ausrichtung dieses Portals hatte er bereits vor drei Wochen an entsprechender Stelle platziert. Im Prinzip hätte er auch einfach so in die Siedlung hineinmarschieren und das Wachpersonal mit einem Trugbild täuschen können. Doch das hätte ihn Energie gekostet, und im Vorfeld des Arkans schien es ihm ratsam, mit seinen Kräften hauszuhalten. Die Schleuse hatte er ziemlich preisgünstig in einem Artefaktladen erstanden.
    Der grün fluoreszierende Sekundenzeiger der Uhr am Armaturenbrett vollendete einen Umlauf. Bogdan seufzte. Eine der lästigsten Bedingungen bei der Realisierung des Traumarkans bestand darin, dass das Opfer sich den Ring mit dem schwarzen Brillanten eigenhändig und freiwillig überstreifen musste. Aus diesem Grund war er gezwungen, ständig irgendwelche idiotischen Geschichten für die Humos zu erfinden, und machte sich ernsthaft Sorgen, dass ihm früher oder später die Ideen ausgehen könnten.
    Der Sekundenzeiger vollendete einen weiteren Umlauf. Nun war es soweit. Bogdan stieg aus, presste die Schleuse in seiner Faust zusammen, murmelte einen Zauberspruch und trat entschlossen in das Portal, das sich in Form eines Wirbels neben seinem Lincoln auftat.

KAPITEL DREI
    Moskau, Bolschaja-Tulskaja-Straße
Samstag, 16. September, 00:21 Uhr
     
    Der Land Cruiser brauste über die nächtlichen Moskauer Straßen in Richtung Zarizyno. Artjom hatte sich inzwischen daran gewöhnt, den schweren Jeep zu fahren, und ging auch in den Kurven nicht vom Gas. Der Straßenbelag ließ es zu, und die Verkehrspolizei gab sich in letzter Zeit erstaunlich liberal: Zwischen Mitternacht und drei Uhr morgens drückte sie gegenüber Rasern sämtliche Augen zu.
    Artjom genoss das Autofahren bei Nacht. Sobald die breiigen Blechlawinen des Tages versiegten, schienen die Magistralen noch breiter als sonst und luden förmlich zum Schnellfahren ein. Artjom konnte dieser Versuchung nicht widerstehen und jagte den Jeep im Höchsttempo durch die Häuserschluchten. Im schummrigen Licht der Straßenbeleuchtung wirkten vertraute Gebäude fremd und irreal. Nachts

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