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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Artjom zu bedenken. »Erzähl mir mehr von diesem Mann.«
    »Er heißt Bogdan …«
    Zunächst hörte Artjom nur mit einem Ohr zu. Es handelte sich um eine völlig banale Geschichte: Ein gut situierter Mann im besten Alter lernt eine junge, attraktive Frau kennen und verliebt sich in sie. So etwas kam vor. Dann fährt er geschäftlich weg und lässt sie überwachen, damit sie in seiner Abwesenheit nichts anstellt. Völlig verständlich. Früher hatte man den Damen Keuschheitsgürtel angelegt, heute umstellte man sie mit Leibwächtern und Privatdetektiven. Warum er nicht mit ihr schlief? Vielleicht war er romantisch veranlagt – oder tatsächlich ein Irrer. Unter den reichen Pinkeln gab es schließlich genug Idioten.
    Jedenfalls fand Artjom für alles, was Olga erzählte, eine logische Erklärung. Ein anderes Phänomen machte ihn jedoch stutzig: Die Tätowierung auf seiner linken Schulter prickelte immer noch, obwohl der Kopf des Wandelwesens nicht mehr im Auto lag. Folglich musste sich noch eine andere Quelle magischer Energie in unmittelbarer Nähe befinden. Zuerst dachte Artjom daran, dass Cortes vielleicht irgendein Artefakt im Kofferraum spazieren fährt. Doch wenn dem so gewesen wäre, hätte er das schon auf der Fahrt in den Lustgarten bemerken müssen. Und dann fiel endlich der Groschen: Das tätowierte Emblem des Dunklen Hofs reagierte auf die schwarze Perlenkette, die Olga um den Hals trug. Artjom betrachtete das Schmuckstück genauer und erlangte Gewissheit: Die Perlen waren echt. Aus welchem Grund trug die junge Frau eine wertvolle Perlenkette beim Sport? Noch dazu eine, die magische Energie ausstrahlte?
    »Woher hast du denn die schöne Kette?«, erkundigte sich Artjom.
    »Bogdan hat sie mir geschenkt.« Nachdenklich ließ Olga die Perlen durch die Finger gleiten. »Und er hat mich gebeten, sie nicht abzunehmen.«
    Im schummrigen Licht der Straßenbeleuchtung fiel dem Söldner auf, dass einige der Perlen wesentlich intensiver funkelten als andere.
    »Aus wie vielen Perlen ist sie gemacht?«
    »Einundzwanzig.«
    »Sind sie echt?«
    »Natürlich!«
    »Einige funkeln besonders stark, nicht wahr?«
    »Das täuscht«, erwiderte Olga. »Ich habe sie mir genau angesehen, bevor ich die Kette angelegt habe. Sie sind alle gleich.«
    Sie waren alle gleich, dachte Artjom bei sich.
    Das Emblem des Dunklen Hofs konnte sich nicht irren. Irgendjemand aus der Verborgenen Stadt hatte die junge Frau im Visier. Doch was steckte dahinter?
    Als Olga bemerkte, dass Artjom völlig abwesend und in Gedanken versunken war, hörte sie auf zu erzählen. Es verletzte sie, dass sein Interesse an ihrer Geschichte offenbar nur gespielt war und er sich in Wirklichkeit mit ihr langweilte. Im ersten Moment hatte sie sich noch gefreut, als sie in Artjom jenen heißblütigen jungen Kerl erkannte, von dem sie vor etlichen Jahren in einer romantischen Nacht verführt worden war. Doch nun musste sie feststellen, dass von seinem jugendlichen Feuer nicht viel übriggeblieben war. Der Artjom neben ihr wirkte blutleer und teilnahmslos. Beleidigt neigte Olga den Kopf zur Seite und schlief unvermittelt ein.
     
     
    Villensiedlung Zarenwinkel
Moskauer Umland
Samstag, 16. September, 00:42 Uhr
     
    Eleonora wusste nicht, warum sie aufgewacht war. Behaglich ausgestreckt auf dem kühlen Seidenlaken, hatte sie soeben noch in süßen Träumen geschwelgt: Sie sang! Besser als alle anderen! Ihre Alben eroberten die Charts, und ihre Videoclips liefen ununterbrochen in den populärsten Fernsehsendern. Die Fans lagen ihr zu Füßen und rissen sich um ihre Autogramme. Eleonora hatte vom Erfolg geträumt, von Weltruhm, prestigeträchtigen Preisen und natürlich von einem Prinzen in einem weißen Mercedes. Sie wollte einen jungen, großzügigen Mann an ihrer Seite, nicht diesen alten, kriminellen Geizhals, dem sie nun schon seit vier Monaten notgedrungen zu Willen war. Schließlich hatte Wachtang ihr versprochen, sie mit einem namhaften Produzenten zusammenzubringen und sie bis zu ihrem Durchbruch finanziell zu unterstützen. Leider vergaß er das alles wieder, sobald sie in seinem Bett lag.
    Eleonora starrte blinzelnd an die Decke und war nicht weit davon entfernt, vor Selbstmitleid in Tränen auszubrechen: Alle wollten nur ihren Körper! Immer nur ihren Körper! Gewiss, im Augenblick war sie noch jung und schön – aber wie lange noch? Früher oder später würden ihre Brüste erschlaffen und ihre Schenkel von Orangenhaut entstellt werden. Dieser fette Rioni

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