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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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Jede Menge Holz vor der Hütte, Ausschnitt bis zum Bauchnabel, blonde Löwenmähne.«
    »Wie ich sehe, hast du sie dir genauestens eingeprägt«, stichelte Kornilow. »Du fertigst mir ein Phantombild von der Dame an.«
    »Wozu das denn?« Sergej und Wladik sahen den Major ungläubig an. »Sie ist überhaupt nicht in den Gastraum gekommen und hat die ganze Zeit nur telefoniert. «
    »Ich will ein Phantombild von ihr«, beharrte Kornilow. »Und Sergej: Du überprüfst, ob die Luxusbraut im Umfeld von Edik aufgetaucht ist.«
     
     
    Buchhandlung von Genbek Hamzi
Moskau, Alter Arbat
Samstag, 16. September, 10:51 Uhr
     
    In der Verborgenen Stadt ging man sehr sorgsam mit dem Wissen um, das sich in Jahrtausenden angesammelt hatte. Die umfangreichen Bibliotheken und Archive der Herrscherhäuser wurden regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht, waren jedoch für gewöhnliche Nutzer nur sehr eingeschränkt zugänglich. Umso größere Bedeutung kam der Büchersammlung des Schatyren Genbek Hamzi zu, die unter den frei verfügbaren Bibliotheken als die beste galt. Genbek besaß eine Buchhandlung am Alten Arbat und fügte seiner Kollektion zeit seines Lebens Band um Band hinzu. Dabei setzte er das Werk seines Vaters und seiner übrigen Vorfahren fort.
    Selbst die Bücherauswahl in dem kleinen Verkaufsraum beeindruckte die Kunden, obwohl es sich dabei lediglich um einen Blickfang handelte, den er mit alten Humo-Büchern über Zauberei und Magie bestückt hatte: Dort lagen die Werke von Carlos Castaneda, Nostradamus, natürlich der Hexenhammer und vieles andere, was die Fantasie der Esoterikfans beflügelte, jedoch nicht das Geringste mit tatsächlicher Magie zu tun hatte.
    Die eigentlichen Schätze von Genbeks Bibliothek lagerten in den Hinterzimmern und in vier weiteren Etagen des Gebäudes, davon zwei im Keller. Zur Diebstahlsicherung dienten nicht nur massive Fenstergitter, unknackbare Tresorschlösser und eine moderne Alarmanlage, sondern auch ein ganzes Arsenal magischer Fallstricke, das potenziellen Einbrechern ein unvergessliches Erlebnis bereitet hätte. Andererseits, wer wäre schon so verrückt gewesen, bei Genbek einzubrechen, einem der Oberhäupter der Familie Hamzi aus dem Geschlecht Schatyr, das zum mächtigen Dunklen Hof gehörte?
    Jana kam des Öfteren in Genbeks kleinen Laden. Natürlich nicht als Käuferin, denn der alte Mann verlangte astronomische Summen für seine Raritäten. Wie die meisten anderen Kunden aus der Verborgenen Stadt nutzte Jana Genbeks Bibliothek gegen eine vergleichsweise moderate Gebühr. Das persönliche Erscheinen in der Buchhandlung war dabei unverzichtbar, denn die Digitalisierung seiner Schätze erschien dem knausrigen Schatyren als zu kostspielig.
    »Sie kommen zurecht, Jana?«
    Die junge Frau schaute von ihrer Lektüre auf und lächelte. Genbek, ein kleiner Greis mit einem gutmütigen Gesicht, stand im engen Gang zwischen den bis zur Decke reichenden Regalen und spähte mit gerecktem Kopf zu ihr hinauf.
    »Ja, vielen Dank.«
    »Ist es Ihnen nicht zu unbequem dort oben?«
    Jana wurde ein wenig verlegen: Sie saß auf der oberen Plattform der Leiter und hatte das geöffnete Buch auf dem Schoß abgelegt.
    »Ähm … das Buch ist so fesselnd, wissen Sie …«
    »Einige der Werke sind schon sehr alt, der Zahn der Zeit nagt an Papier und Pergament.« Liebevoll strich Genbek mit der Hand über die Ledereinbände. »Es wäre besser, Sie würden am Tisch lesen. Ich habe eigens einige Tische mit Leselampen aufgestellt. Dieser Komfort für die Kunden hat mich übrigens ein Vermögen gekostet. Sie glauben gar nicht, welche Unsummen diese Humos für ein paar mit Kunststoff beschichtete Bretter verlangen! Das ist blanker Wucher! Ihre Zivilisation wird an der Habgier zugrunde gehen, glauben Sie mir, Jana, ich weiß, wovon ich rede.«
    Das wusste der Greis allerdings – nicht wenige Bewohner der Verborgenen Stadt hielten die Schatyren für noch geiziger als die Nawen.
    Genbek half der jungen Frau von der Leiter herunter und nickte zustimmend mit dem Kopf, als er einen Blick auf den Buchtitel warf.
    »Keine schlechte Ausgabe, die Sie da gefunden haben. Ich habe übrigens noch zwei weitere Bände über Morjanen für Sie herausgesucht. Sie liegen auf dem Tisch dort drüben bereit.«
    »Vielen Dank, Genbek.«
    »Von Herzen gern, junge Frau, von Herzen gern.« Der alte Mann mümmelte mit den Lippen. »Sie sind allerdings auf Latein geschrieben. Ich habe Ihnen einen Dolmetscher auf den Tisch gelegt.

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