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Das Opfer

Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vadim Panov
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beugte sich gespannt über den Tisch des Majors.
    »Ja, wegen Pawlow. Ich bin fertig mit ihm.« Stepanytsch machte eine Pause, und dem Geräusch nach zog er an einer Zigarette. »Ich verstehe nur nicht, warum das so schnell gehen musste. Sergej hat getobt und eine halbe Staatsaffäre daraus gemacht!«
    »Pawlow ist direkt vor seinen Augen gestorben«, erklärte Kornilow. »Das ist Sergej an die Nieren gegangen. Er ist eben kein abgekochter SEKler, sondern ein empfindsamer Denker.«
    Schustow schnaubte empört.
    »Dann verstehe ich das natürlich.« Stepanytsch zog wieder an seiner Zigarette. »Die Obduktion hat jedenfalls ergeben, dass Pawlow an einer schweren Herzinsuffizienz gestorben ist.«
    »Und das ist alles?«
    »Das ist das, was ich in den Obduktionsbericht reinschreiben werde.«
    »Es ist also nicht alles?«
    Diesmal schwieg Stepanytsch etwas länger.
    »Weißt du, Andrej, ich arbeite jetzt schon seit zwanzig Jahren in der Pathologie, aber so ein Herz wie bei Pawlow habe ich noch nie gesehen. Es war förmlich zerquetscht.«
    »Was? Wieso zerquetscht?«
    »Na ja, so, als hätte jemand Pawlows Herz mit aller Gewalt zusammengedrückt. Jedenfalls hatte man den Eindruck, als wäre diese Deformation durch rohe Gewalt hervorgerufen worden.«
    »Vielleicht haben die Ärzte eine offene Herzmassage versucht und es dabei ein wenig zu gut gemeint?«
    »Nein. Als ich Pawlow bekam, war sein Thorax noch nicht geöffnet. Und mit einer normalen Druckmassage kannst du ein Herz nicht so zurichten.«
    Kornilow zog eine Zigarette aus der Schachtel.
    »Gibt es dafür eine wissenschaftliche Erklärung?«
    »Eine wissenschaftliche Erklärung kann man sich für alles ausdenken, Andrej«, antwortete der Pathologe. »Aber eine normale Erklärung gibt es für dieses Phänomen nicht. Deshalb werde ich mir jetzt erst mal ein paar Tropfen reinen medizinischen Alkohols genehmigen, noch eine Zigarette rauchen und mir ganz genau überlegen, ob ich diesen Befund in den Obduktionsbericht aufnehme oder nicht. Ich bin nicht gerade scharf darauf, dass man mich auf meine alten Tage für verrückt erklärt. «
    »Mach dir nicht zu viele Gedanken«, brummte Kornilow und legte auf.
    »Was hat er gesagt?«, fragte Waskin ungeduldig. »War es das Herz?«
    »Wofür gibt es keine Erklärung?« Schustow hatte das Gespräch aufmerksam verfolgt. »Stimmt irgendetwas nicht mit der Leiche?«
    »Nur die Ruhe.« Der Major zündete endlich seine Zigarette an. »Erzählt mir erst mal, ob ihr im Verona etwas Ungewöhnliches beobachtet habt.«
    »Ungewöhnlich in welcher Hinsicht?«
    »In jeder Hinsicht.« Kornilow blies eine Rauchwolke in den Raum und schwang die Beine auf seinen Schreibtisch. »Seltsame Gesten, seltsame Leute, meinetwegen seltsame Gerichte, alles, was euch einfällt.«
    Seine Untergebenen tauschten verwunderte Blicke.
    »Kurz vor seinem Tod hat sich Pawlow ziemlich merkwürdig benommen«, berichtete Waskin nach einigem Nachdenken. »Ich hatte sogar den Eindruck, als hätte er jemanden gesehen. Er starrte ins Leere, hob den Kopf, und sein Mund klappte auf.«
    »Stimmt«, pflichtete Schustow bei und nickte. »Mir kam es auch so vor, als hätte er plötzlich jemanden gesehen. «
    Kornilow schüttelte den Kopf.
    »Ist denn jemand an den Tisch gekommen?«
    »In diesem Moment – nein.«
    »Und davor?«
    »Nur die Bedienung.«
    »Waren die Nachbartische besetzt?«
    »Am Nachbartisch saß niemand«, erinnerte sich der Kapitän. »Einen Tisch weiter haben einige junge Leute zu Mittag gegessen. Sie arbeiten in der Nähe des Verona . Ich habe ihre Ausweise kontrolliert und mir ihre Adressen und Telefonnummern aufgeschrieben.«
    »Keine auffälligen Gäste?«, bohrte Kornilow weiter.
    »Ach wo, ganz normale Leute«, nölte Schustow. »Der Typ und die zwei jungen Frauen, zwei Männer am Eingang, am Fenster las eine Frau in einem Buch. Die meisten Gäste saßen ohnehin draußen, es war ja herrliches Wetter.«
    »Und draußen ist euch auch niemand aufgefallen?«
    »Nein.«
    »Doch«, widersprach Waskin. »Da war so eine schrille Tussi.«
    »Ach ja, richtig!«, pflichtete Schustow bei, blies die Backen auf und wedelte vielsagend mit der Hand. »Die konnte man wirklich nicht übersehen.«
    »Was war mit ihr?«
    »Sie kam in einem weißen Mercedes mit einem schwarzen Chauffeur und setzte sich an einen der Tische im Freien.« Schustow schnalzte genießerisch mit der Zunge. »Ein richtiges Vollweib, so an die vierzig, aber verdammt gut in Schuss, ich sag’s dir!

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