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Das Orakel der Seherin

Das Orakel der Seherin

Titel: Das Orakel der Seherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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der gegenüberliegenden Straßenseite und suchen uns ein leeres Büro, von dem aus man den Parkplatz und die Einfahrt zur Garage überblicken kann. Wenn sie wegfährt, breche ich in ihre Wohnung ein und durchsuche sie.«
    Er schluckt. »Müssen wir das alles wirklich tun?«
    »Du brauchst gar nichts zu tun. Ich mache es allein.«
    »Aber dann hältst du mich für einen Feigling.«
    »Ich weiß ohnehin, daß du ein Feigling bist«, lüge ich.
    Er wirkt beleidigt. »Willst du deswegen nicht mit mir schlafen?«
    »Nein. Du bist mir einfach zu reaktionär«, erkläre ich lächelnd. »Laß uns raus- und über die Straße gehen!«
    Draußen überqueren wir den Olympic Boulevard und betreten ein im Querschnitt dreieckiges hohes Bürogebäude, von dem aus man auf die Apartments in den gegenüberliegenden Hochhäusern sehen kann. Dieses Bürogebäude hat vierzig Etagen und ist damit doppelt so hoch wie die Wohnhäuser. Ein Blick auf die Messingschilder mit den Firmennamen in der Lobby sagt mir, daß Nummer 3450, 3670, 3810 und 2520 leerstehen. Ich schiebe Seymour in Richtung Fahrstuhl. Als einzige Passagiere fahren wir ins sechsunddreißigste Stockwerk.
    »Vielleicht verläßt sie die Wohnung nie«, sagt er. »Möglicherweise warten wir den ganzen Tag vergeblich.«
    »Wenn du möchtest, kannst du gern statt dessen ins Kino gehen.«
    »Dein Verhalten ist einfach nicht fair. Du bist eine Vampirin, deswegen brauchst du sie nicht sosehr zu fürchten wie ich.«
    »Du wirst dich gewiß daran erinnern, daß sie viel schneller war als ich, als ich sie damals auf dem Santa-Monica-Pier anzugreifen versucht habe. Sie hatte meinen Knöchel schon geschnappt und ihn gebrochen, bevor ich wußte, wie mir geschah. Wenn sie will, kann sie mich ebenso töten wie dich.«
    »Glaubst du, daß eine Kugel in den Kopf oder ins Herz sie töten kann?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    Das Büro mit der Nummer 3670 scheint tatsächlich leerzustehen. Ich lausche an der Tür, bevor ich das Schloß aufbreche. Dann treten wir ein und schließen hinter uns die Tür. Von diesem Büro aus hat man einen ausgezeichneten Blick auf die gegenüberliegenden Wohnhäuser und den Parkbereich. Wenn Kalika herunterkommt und den Parkwächter bittet, ihren Wagen herauszufahren oder ihn selbst holt, werden wir es sehen. Zudem kann ich von hier aus einige Wohnungen im achtzehnten Stockwerk sehen, aber ohne Lageplan ist es mir natürlich unmöglich zu entscheiden, welche die Wohnung mit der Nummer 1821 ist. Abgesehen davon haben alle Wohnungen dieses Stockwerks Lamel-lenjalousien vor den Fenstern, so daß ich ohnehin nicht in die Räume blicken kann.
    Seymour und ich lassen uns auf dem Boden nieder und beginnen unsere Wache. Natürlich sind nur meine Augen hier von Nutzen. Seymour würde aus dieser Entfernung nicht mal seine eigene Mutter erkennen, wenn sie dort unten über die Straße ginge.
    Eine Stunde verstreicht. Seymour bekommt Hunger und zieht los, um sich ein Sandwich zu holen. Nachdem er gegangen ist, sehe ich eine wunderschöne junge Frau mit langem dunklem Haar aus einem der Wohnhäuser gegenüber treten. Sie gibt dem Parkwächter einen Dollar, als er ihr den blinkenden weißen Mercedes aus der Garage holt. Ich sehe auf die Dunkle Mutter, das Wesen, auf das sich Suzamas Prophezeiungen beziehen – meine eigene Tochter.
    »Kalika«, flüstere ich gegen das Glas. »Was willst du nur?«
    Sie steigt in ihren Wagen und fährt davon. In der nächsten Sekunde bin ich auf dem Flur. Ich pralle gegen Seymour, der gerade mit seinem Sandwich zurückkommt. Ein Blick in mein Gesicht, und seine Nerven liegen bloß. Ich hebe die Hand.
    »Ich möchte, daß du hierbleibst«, erkläre ich. »Ich werde jetzt in ihre Wohnung gehen, und dabei wärst du mir nur im Weg.«
    »Aber jemand muß für dich Wache stehen!« protestiert er.
    »Nein.«
    »Aber ich kann nicht zurückbleiben und zusehen, wie du das ganze Risiko allein auf dich nimmst.«
    Ich sehe ein, daß ich mich nicht länger sträuben sollte. Im Moment steht mir der Kopf ohnehin nicht nach Diskussionen.
    »In Ordnung«, sage ich. »Aber gib nicht mir die Schuld, wenn sie dir den Kopf abreißt.«
    Er wirft sein Sandwich in den Abfalleimer, und wir nehmen den Fahrstuhl.
    Im gegenüberliegenden Wohngebäude kann ich diesmal nicht umhin, mich an die Rezeptionistin zu wenden, aber ich halte das Gespräch kurz. Durch die Glasscheibe, die sie von der Halle trennt, fange ich ihren Blick und zwinge ihr meinen Willen auf. »Öffne die

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