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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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selbst den Göttern zur Freude gereichen dürften. Ein Teil der Strecke führte über eine steil zum Meer abfallende Klippe, was die Damen meines Gefolges (ja, die Damen waren wieder dabei) zu Angstschreien und vorgetäuschten Ohnmachtsanfällen veranlasste. Wir Männer nahmen es mit stoischer Gelassenheit.
    Die Stadt war von Oskern gegründet worden, doch vor etwa vierzig Jahren hatte sie sich im Bundesgenossenkrieg auf die falsche Seite geschlagen und gegen Rom rebelliert, eine bekanntermaßen für jede Stadt schlechte Entscheidung, jedoch für eine so kleine Ansiedlung wie Stabiae eine geradezu tollkühne Dummheit. Folglich wurde sie durch Sulla zerstört und an Nuceria übergeben, das loyal geblieben war. Inzwischen war Stabiae wieder ein beliebter Erholungsort, dessen Zentrum sich um die Heilquellen konzentrierte.
    Als wir uns der Stadt näherten, schloss sich unserer Gruppe eine prunkvoll geschmückte Sänfte an. An den ineinander verdrehten Halsringen und der typischen Haartracht waren die Träger unschwer als Gallier zu erkennen. Als die Sänfte sich auf der Höhe meines Einstiegs befand, schob eine Hand mit golden lackierten Fingernägeln den Vorhang zur Seite. „Praetor! Du hättest mich informieren sollen, dass du unserer Stadt einen Besuch abstattest.“ Es war Sabinilla. Diesmal trug sie eine rote Perücke zu einem grünen Gewand.
    „Ich wusste, dass du darauf bestehen würdest, mich in deinem Haus zu beherbergen, aber da es in der Stadt einen bestens geeigneten offiziellen Amtssitz gibt, wollte ich dir ein Gefolge von dieser Größe ersparen.“
    „Unsinn! Aber du hast völlig Recht - ich bestehe darauf, dass du bei mir wohnst! Ich bin wirklich nicht so arm, dass ich es mir nicht leisten könnte, einem Praetor samt Gefolge eine angemessene Unterkunft zu bieten. Die Ablehnung; meiner Einladung müsste ich als Beleidigung auffassen.“
    „Wenn das so ist - wie sollte ich da nein sagen? Beschreibe meinem Freigelassenen den Weg zu deinem Haus, und ich komme nach, sobald ich meine Amtsgeschäfte für den heutigen Tag erledigt habe.“ Entweder war sie wirklich überglücklich, oder sie täuschte ihre Freude sehr gut vor. Ich hatte sie in der Tat aus genau diesem Grund nicht über meinen Abstecher nach Stabiae informiert, weil ich wusste, dass sie versuchen würde, alle anderen, die mich eingeladen hatten, an Großzügigkeit zu übertreffen. Zu jeder anderen Zeit wäre mir das mehr als recht gewesen, doch inzwischen war aus meinem angenehmen Aufenthalt in Campania bitterer Ernst geworden, weshalb ich keine weitere Zerstreuung gebrauchen konnte. Ich wies Hermes an, sich gemeinsam mit meinem Gefolge in Sabinillas Landhaus einzurichten, während ich mich mit den Amtsträgern der Stadt treffen wollte.
    „Kopf hoch!“, munterte er mich auf. „Es gibt Schlimmeres, als sich nach Strich und Faden verwöhnen zu lassen.“ Angeführt von meinen sechs Liktoren ritt ich mit einigen meiner Assistenten in die schöne Stadt ein. Wie es sich gehört, wurde ich von singenden Kindern begrüßt. Blumen streuende Mädchen in weißen Gewändern säumten unseren Weg, Iokale Dichter trugen Panegyriken vor, die sie extra zu meinen Ehren verfasst hatten. Ich glaube zumindest, dass es sich um Panegyriken handelte, denn den genauen Unterschied zwischen einem Panegyrikus und einer Ode habe ich nie so richtig verstanden. Aber was soll's, Hauptsache, ich musste mir keine Grabreden anhören.
    Die Amtsräume der Stadt befanden sich im Tempel des Poseidon, Stabiaes schönstem Tempel. Da die Stadt am Meer liegt, wird der Gott des Meeres natürlich besonders hochgeschätzt. Außerdem ist die Region stark erdbebengefährdet, und Poseidon ist bekanntermaßen auch der Gott der Erdbeben. Schließlich verehren die Einheimischen ihn noch als Schutzheiligen ihrer heißen Quellen, so dass ihm dreifache Verehrung zuteil wird.
    Natürlich musste ich die Statue des Gottes besichtigen, ein überwältigendes Bronzemonument des Bildhauers Eteocles, das Poseidon etwa in der Größe eines Mannes und in einer ungewöhnlichen Pose darstellte: stehend, den linken Arm wie ein Speerwerfer nach vorne gestreckt und den rechten nach hinten gebeugt, den Dreizack wie zum Wurf balancierend. Haar und Bart waren blau emailliert, was ich an einer Statue noch nie zuvor gesehen hatte, denn normaleweise verwendete man Farbe. Auch Augen und Zähne waren emailliert und nicht, wie üblich, aus Elfenbein und Silber gearbeitet. Alles an der Skulptur war exquisit, und ich

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